Erfolgsrezept Montanwachs
Die Unternehmensgruppe ROMONTA aus Sachsen-Anhalt ist Weltmarktführer bei der Herstellung und Verarbeitung eines Rohstoffes, der aus Kohle gewonnen wird.
Die Unternehmensgruppe ROMONTA ist eine Erfolgsgeschichte aus Sachsen-Anhalt. Seit 95 Jahren bereits produziert sie Rohmontanwachs. Die Kohle, die für den Produktionsprozess gebraucht wird, baut sie in ihrem eigenen Tagebau ab.
1922 errichtete der Industrielle Carl Anton Riebeck in Amsdorf - gelegen zwischen der Lutherstadt Eisleben und der Universitätsstadt Halle im heutigen Sachsen-Anhalt - seine Montanwerke AG zur Produktion von Rohmontanwachs. Er baute dabei auf ein Patent noch älteren Datums, von 1897, für das technische Verfahren zur Herauslösung des sogenannten Montanwachses aus Kohle. Die Gegend um Amsdorf bot dabei gute Voraussetzungen: große Vorkommen bitumenreicher Braunkohle. Die entstand vor Millionen Jahren im Zeitalter des Tertiärs aus Palmen. Deren Blätter waren bedeckt mit Wachs, das sie vor Austrocknung und UV-Strahlung schützte. Dieses Wachs nun findet sich in der Kohle wieder.
Seit 95 Jahren weltweit erfolgreich
Heute, 95 Jahre später, gibt es das großindustrielle Verfahren am gleichen Standort immer noch, unter dem Namen ROMONTA. Es ist der weltgrößte Erzeuger von Rohmontanwachs, europaweit sogar der einzige. Bis zu 20 000 Tonnen können hier pro Jahr produziert werden, der Umsatz der gesamten Unternehmensgruppe liegt derzeit bei 60 Millionen Euro im Jahr. Exportiert wird das Produkt Montanwachs - neben dem bedeutsamen inländischen Absatz- weltweit, unter anderem nach Japan, USA, China, Russland, und in die EU-Staaten. Das Unternehmen pflegt langjährige Kundenbeziehungen, die zum Teil seit 95 Jahren bestehen.
Zwar wurde die Produktionstechnologie immer wieder verbessert, heute wird das Montanwachs in einem modernen High-Tech-Verfahren produziert, das Prinzip der Herstellung aber ist das gleiche. „Wir fördern die Braunkohle aus unserem eigenen Tagebau“, erläutert Vorstandsmitglied Rena Eichhardt. „Sie wird aufbereitet, getrocknet und mit einem Lösungsmitteln benetzt. Dadurch waschen wir das Montanwachs aus der Kohle heraus.“ Das flüssige Wachs, so Rena Eichhardt, würde anschließend in verschiedenen Formen konfektioniert - in Würfelchen oder Granulat oder auch bereits am Standort weiterveredelt - je nach den Wünschen des Kunden.
Der entscheidende Erfolgsfaktor: Bio
Der entscheidende Unterschied zu synthetischen Wachsen ist der rein pflanzliche Ursprung. Die besonderen Eigenschaften machen den Einsatz als Grundstoff in vielen Industrieanwendungen möglich. Es ist Bio-Wachs, wenn man so will. Die rohe Masse ist von schwarzbrauner Farbe. Der langkettige Kohlenwasserstoff hat einen Schmelzpunkt, an dem sich der Stoff sofort von der flüssigen in die feste Form umwandelt. Das Wachs ist kratzfest und spröde. Die natürlichen Eigenschaften machen das Rohmontanwachs zu einem Multitalent. Schuhcremes, Polituren, Schmierstoffe können, nur als Beispiel, daraus hergestellt werden; es kommt in der Baustoffhydrophobierung, der Asphaltindustrie und dem Gießereiwesen zum Einsatz.
Mehr als 60 Prozent der Gesamtproduktion an Montanwachs werden gebleicht. Durch diese Veredelung wird aus der dunklen Rohmasse heller, nahezu weißer Hartwachs. Dadurch erweitern sich die Einsatzmöglichkeiten beträchtlich. Kosmetika, Lederpflege, Farben oder Korrosionsschutzmittel sind nur einige Beispiele dafür.
Nachhaltigkeit durch F&E und Energieeffizienz
ROMONTA bietet aber auch maßgeschneiderte Produkte an, immerhin fordern spezielle Anwendungen Wachs mit ebenso speziellen Eigenschaften. Je nach Einsatzzweck werden die Wachse optimiert. Dafür verfügt ROMONTA über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die sich ausschließlich der Produktentwicklung und -anwendung widmet. Das sei absolut notwendig, erklärt Rena Eichhardt, um am Markt breit aufgestellt zu sein - denn der verändere sich. „Noch vor 20, 30 Jahren wurde Montanwachs zum Beispiel zur Herstellung von Kohlepapier verwendet. Das ist heute natürlich nicht mehr gefragt. Hinzugekommen ist dafür der Einsatz bei wasserabweisenden Dämmstoffen.“
Die beim Herstellungsprozess verbleibende Restkohle wird übrigens, von Lösungsmittel befreit, im firmeneigenen Grubenheizwerk verheizt. Damit werden Dampf und Strom produziert und verwendet im gesamten Herstellungsprozess; die überschüssige Energie wird in das öffentliche Netz eingespeist. „Wir haben uns dem Strukturwandel in Deutschland von Anfang an angepasst. Wir betreiben einen Solarpark und eine Verbrennungsanlage für Ersatzbrennstoffe“, erklärt Uwe Stieberitz, ebenfalls Vorstandsmitglied, „parallel nutzen wir unsere bereits fertigen Bergbaufolgelandschaften industriell; unter anderem sind bereits eine Biogasanlage und ein Windpark im Betrieb.“
Mit Spezialprodukten zum weltweiten Erfolg
ROMONTA ist eine Erfolgsgeschichte, weltweiter Marktführer bei der Herstellung des Montanwachses. „Es ist ein Spezialprodukt. Wir sind Marktführer beim Herstellungsprozess, in dem Preissegment und weil wir es kontinuierlich das ganze Jahr über herstellen können.“ Zwar gäbe es u.a., sagt Uwe Stieberitz, die Möglichkeit, das Wachs aus den Rinden einer in Südamerika vorkommenden Palme zu gewinnen. Das aber sei teuer, der Ertrag abhängig vom Ernteerfolg. „Wir produzieren dafür verlässliche Mengen an 365 Tagen im Jahr!“
Dabei hat das Unternehmen einige Tiefpunkte erfolgreich überstanden. Der Umbruch nach dem Fall der Mauer war einer - 100 Millionen Euro wurden danach bis 1996 investiert. Die Erstprivatisierung scheiterte wegen betrügerischer Machenschaften durch die damaligen Gesellschafter. Die Zweitprivatisierung erfolgte 2001 durch ein Management-Buy-Out. Die Unternehmensgruppe ROMONTA, wie sie seither heißt, ist fest verwurzelt in der Region. 400 Menschen bietet sie derzeit Arbeit, die Eigentümer und die Führungsspitze leben und arbeiten ebenfalls dort. Damit ist das Unternehmen von Beginn der Produktionskette - dem Kohleabbau - an bis zum Ende des Verkaufsprozesses - dem Zahlen der Steuern - eine wahre Erfolgsstory aus Sachsen-Anhalt.
Autor: Anja Falgowski