Sachsen-Anhalt nimmt Fahrt auf für die Mobilität der Zukunft
Seit den Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ist die Schadstoffbelastung weltweit gesunken und viele Menschen berichten, dass sie von geringeren Emissionen profitiert hätten. Mit dem Rückgang der Restriktionen werden die politischen Entscheidungsträger darüber nachdenken, wie das zukünftige Wirtschaftswachstum nachhaltiger gestaltet werden kann. Führende Kräfte in Sachsen-Anhalt sehen der Zukunft ihres New Mobility Sektors optimistisch entgegen. Mit seiner langen Tradition der Innovationen für die Automobilindustrie positioniert sich das Bundesland als Region des grünen Wasserstoffs. „Etwa 270 Automobilzulieferer beschäftigen derzeit 26.000 Menschen und stellen damit einen beträchtlichen Anteil an der Wirtschaftskraft unseres Bundeslandes“, erklärt Dr. Jürgen Ude, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt. „Die Unternehmen und Forschungsinstitute in Sachsen-Anhalt leisten einen Beitrag in wichtigen Bereichen, indem sie die Konzepte und Anforderungen für das Auto der Zukunft voranbringen, sei es in der Leichtbauweise, in innovativen Antriebstechnologien oder in der Batterie- und Brennstoffzellentechnologie.“
Forschungszentrum
Laut Thomas Einsfelder, Geschäftsführer der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt (IMG), etabliert sich die Region zunehmend als Zentrum für Forschung und Produktion in Sachen Antriebstechnologie.
„Komponenten, Systeme und Technologien werden hier entwickelt, um die Anforderungen der Erstausrüster (Original Equipment Manufacturers; OEM) zu erfüllen und nationale sowie internationale Trends zu bedienen. Die entsprechenden Werke liegen im Umkreis von weniger als 150 km“, erklärt er.
„Unsere Unternehmen sind auf die Fertigung von Produkten in Spitzenqualität spezialisiert, insbesondere in den Bereichen Achsen, Radsätze, Steuerungs- und Motorkomponenten, Metallgussteile, Blechformtechnik und Verarbeitung.“
Einsfelder zählt Sachsen-Anhalts Vorteile für Investoren auf. „Das deutsche Rechtssystem schützt Privateigentum und Individualrechte. Wettbewerbsfähige Steuergesetze und eine breite Palette von Finanzierungsoptionen, insbesondere für F&E, bilden einen soliden Rahmen für Investitionen. Die ausgezeichnete Infrastruktur, Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen vor Ort und hochqualifizierte Arbeitskräfte sind weitere Faktoren, die zu einem nachhaltigen Geschäftserfolg beitragen.“
Attraktiver Standort
Auch die geografischen Voraussetzungen in Sachsen-Anhalt sind attraktiv, erklärt Dr. J. Ude. „Unser Standort bietet enormes Potenzial für erneuerbare Energien, da viele Unternehmen mit Fokus auf der Produktion und dem industriellen Einsatz von Wasserstoff vor Ort angesiedelt sind. Außerdem ist hier eine weitreichende Produktionsinfrastruktur für dieses Gas vorhanden, die sich ebenfalls zur Erzeugung von grünem Wasserstoff nutzen lässt“, fügt er hinzu. „So verfügt Mitteldeutschland zum Beispiel nicht nur über das zweitgrößte Leitungsnetz für Wasserstoff – die Salzkavernen des Landes bieten außerdem riesige Speicherkapazitäten.“
Sachsen-Anhalt kann mehrere große Investitionsprojekte im Mobilitätssektor vorweisen. „Farasis, einer der weltweit führenden Batteriehersteller, baut in den kommenden Jahren eine Produktionseinheit für Batteriezellen, -module und -systeme in Bitterfeld-Wolfen“, so Dr. J. Ude.
„Dieses Projekt beinhaltet Investitionen in Höhe von 600 Mio. € und die Schaffung von mindestens 600 neuen hochwertigen Arbeitsplätzen. Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen als eines der 12 Zukunftsorte in Sachsen-Anhalt bietet ideale Voraussetzungen für das US-Unternehmen, das sein Wachstum auf dem europäischen Markt auf diese Weise beschleunigen und lokale OEM wie etwa Daimler beliefern kann“, führt er aus. „Eine weitere Investition wurde von dem niederländischen Unternehmen AMG angekündigt, das die Errichtung von Deutschlands erster Raffinerie zur Produktion von Lithiumhydroxid für Batterien im Chemie- und Industriepark Zeitz plant.“
Zu erwähnen sind außerdem die Erweiterung des Entwicklungs- und Testzentrums für Hochvoltbatterien von FEV in Sandersdorf-Brehna, die Erweiterung der Werke des Batterie- und Brennstoffzellenspezialisten HORIBA FuelCon bei Magdeburg, Tesvolts Bau einer neuen Produktionseinheit für Lithium-Akkus in der Lutherstadt Wittenberg sowie die gemeinsamen Pläne von Porsche und Schuler zur Fertigung von Karosserieteilen in Halle ab 2021.
„All diese Ansiedelungs- und Erweiterungsprojekte führen zur Entstehung von neuen hochwertigen Arbeitsplätzen, die die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region nachhaltig positiv beeinflussen werden“, erklärt Dr. J. Ude. „Ganz zu schweigen von dem Dominoeffekt im Hinblick auf weitere Unternehmensprojekte.“ Dies kommt Sachsen-Anhalt als Industriestandort ebenso zugute wie dem Wissenschaftssektor des Bundeslandes.“
Verfügbarkeit von Talenten
Eine wichtige Rolle für den New Mobility Sektor spielen die Universitäten und Forschungsinstitute der Region, darunter das Fraunhofer-Institut. Dr. J. Ude berichtet, dass das Bundesland außerdem die Schaffung eines neuen automotiven Entwicklungszentrums (Centre for Method Development; CMD) an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg fördert.
„Hauptziel des CMD ist die Erarbeitung von Lösungen zur Verkürzung von ingenieurwissenschaftlichen Entwicklungsprozessen im Automotive-Bereich, der einem strukturellen Wandel unterliegt. Die Entwicklung hin zu Elektromobilität, Leichtbau und klimafreundlichen Kraftstoffen stellt auch die Zulieferer in Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen. Um unsere Unternehmen zu unterstützen, möchten wir zur Stärkung des gesamten Sektors beitragen und die Region Magdeburg-Barleben zum E-Mobility-Campus machen“, erklärt er.
In der Region befinden sich mehrere Zukunftsorte, von denen einige den New Mobility Sektor unterstützen.
„Die hochspezialisierten Forschungsinstitute haben sich an den Produktionsprozessen ausgerichtet“, so T. Einsfelder. „In dieser Region herrscht ein ganz besonderer Forschungsgeist, der schon zu vielen historisch bedeutsamen Errungenschaften der Ingenieurskunst geführt hat.
„Die innovative Zusammenarbeit zwischen den Clustern des Bundeslandes und das gute Forschungsnetzwerk lokaler Unternehmen haben Sachsen-Anhalt zur treibenden Kraft für das Auto der Zukunft gemacht. In den Bereichen Leichtbau und Elektromobilität spielt das Bundesland eine immer größere Rolle als Zulieferer für die Automobilindustrie.“
Bewährte Infrastruktur
Joachim Wicke ist Vorstandsvorsitzender von Hypos, einem Netzwerk für Interessenvertreter der Wasserstoffwirtschaft, darunter kleine und mittelständische Unternehmen, Vertreter der Industrie, Universitäten und Forschungsinstitute. Ihm zufolge hebt sich Sachsen-Anhalt
durch die bereits bestehende Infrastruktur für eine grüne Wasserstoffwirtschaft von anderen Regionen ab, wobei Industrie, Wissenschaft und Politik durch Hypos auf beispielhafte Weise vernetzt sind.
„Über 100 Mitglieder von Hypos verfolgen das gemeinsame Ziel der Errichtung einer sektorübergreifenden grünen Wasserstoffwirtschaft“, erklärt er. „Derzeit gibt es 32 Projekt-Konsortien zur Erforschung des Innovationspotenzials der Elektrizitätsbereitstellung, von der Erzeugung und Speicherung bis
zur Verteilung und Nutzung von grünem Wasserstoff in der chemischen Industrie, der Raffinerie, Mobilität und Energieversorgung. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt im Rahmen seines Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ 45 Mio. € bereit.“
J. Wicke ist davon überzeugt, dass die Wasserstoffindustrie Arbeitsplätze schaffen und zum Meistern wirtschaftlicher Herausforderungen beitragen wird. „Wir sehen das Potenzial für den Einsatz von grünem Wasserstoff in den Bereichen Energieversorgung, Chemie, Raffinerie und Mobilität. Neben dem beträchtlichen Potenzial zur Dekarbonisierung der erstgenannten drei Sektoren stellt insbesondere die Mobilität einen sehr vielversprechenden Einsatzbereich für grünen Wasserstoff dar“, erklärt er.
„Brennstoffzellenfahrzeuge sind die ideale Ergänzung zur batteriebetriebenen Elektromobilität für den Schwerlastbereich sowie für weite Entfernungen. Grüner Wasserstoff könnte auch für Mobilitätslösungen im Schienenverkehr, Schwerlastverkehr, Busverkehr und in der Logistik eingesetzt werden, ebenso wie für die kommunalen Fahrzeuge, wie Müllfahrzeuge oder Straßenkehrmaschinen.“
In Zusammenarbeit mit der Investitions- und Marketinggesellschaft (IMG) Sachsen-Anhalt. Von fDi Magazine unabhängig verfasst und redigiert.