„ReModul“: Weltweit erstes Solarmodul aus 100 Prozent recyceltem Silizium

Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) haben erfolgreich eine Prozesskette entwickelt, um zum ersten Mal aus gebrauchten PV-Modulen solartaugliches Silizium zurückzugewinnen. Das Verfahren ist ein wichtiges Projekt der Energiewende und der Kreislaufwirtschaft.

Am Gebäude des Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt produziert ein kleines Solarmodul auf einem eingezäunten Freifeld Strom. Das ist nicht ungewöhnlich, aber die Anlage ist etwas Besonderes und dient der Wissenschaft: Das „ReModul“ ist das weltweit erste Solarmodul, das aus 100 Prozent recyceltem Silizium besteht. Den Forscherinnen und Forschern des Instituts ist es gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem erstmals das Silizium aus Altmodulen zurückgewonnen und so im Wertstoffkreislauf gehalten werden kann.

 

Vom Solarschrott zum Sekundärrohstoff

Die Rückführung der Wertstoffe von Photovoltaik-Modulen nach Ablauf ihrer Lebensdauer ist ein wichtiger Faktor der Energiewende und der Ressourcenplanung. „Die meisten PV-Anlagen wurden in Deutschland in der ersten Ausbauwelle zwischen 2009 und 2011 installiert. Spätestens nach dem Ende der zwanzig Jahre dauernden Einspeisevergütung ab 2029 wird absehbar eine erste Entsorgungswelle folgen. In diesem Jahr erwarten wir bereits 10.000 Tonnen Altmodule, die nach dem Kreislaufgesetz recycelt werden müssen. Im nächsten Jahr sind es bereits 50.000. Gegen Ende des Jahrzehnts werden es mehrere Hunderttausend Tonnen pro Jahr sein“, erläutert Prof. Dr. Peter Dold, Leiter des Fraunhofer CSP. Aktuell werden jedoch von den PV-Altmodulen nur das Aluminium, Glas und Kupfer neu aufbereitet, der Hauptbestandteil – Silizium-Solarzellen – leider bisher nicht. Diese wandern geschreddert in die Verbrennungsanlagen. Zusammen übrigens mit dem ebenfalls in den Solarmodulen verwendeten Silber. Aktuell sind in Deutschland ungefähr 3.000 Tonnen Silber in den Solarmodulen verbaut, schätzt Prof. Dr. Peter Dold.

 

Silber und Silizium gewonnen

Seit rund zehn Jahren werden am Fraunhofer CSP nun schon neue Verfahren erprobt, um den Wafer- und Zellschrott aufzureinigen, Trennprozesse aufzubauen und insbesondere das Solarsilizium wieder dem Stoffkreislauf zuzuführen. Hierzu stehen spezielle Aufschmelzanlagen zur Verfügung, welche über Induktionsheizung schnelle Aufheiz- und Abkühlprozesse erlauben. Den Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer CSP und des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg ist es gemeinsam mit dem größten deutschen Recyclingunternehmen für PVModule, der Reiling GmbH & Co. KG, gelungen, in ihrem Projekt „ReModul“ das Silizium der Altmodule aufzubereiten. In der Prozesskette werden aus Nebenprodukten des bereits etablierten mechanischen Aufbereitungsprozesses die Silizium-Solarzellenbruchstücke abgetrennt und gesammelt. Durch verschiedene Sortierverfahren werden Kunststoff und Silber der Altmodule-Zellen abgeschieden. Das gelöste und geschmolzene Silber hat eine Reinheit von 99,6 Grad. Mittels elektrostatischer Trennung werden schließlich Modulglas und das Silizium voneinander getrennt. Nach vielen mechanischen, physikalischen, thermischen und chemischen Schritten kann am Fraunhofer CSP das zurückgewonnene Silizium geschmolzen, verarbeitet und anschließend zu Wafern neuer Module weiterprozessiert werden.

 

Prozess soll wirtschaftlich werden

„Das ist natürlich schon ein Pilotprojekt: Es geht darum zu analysieren, was das Ganze kostet, denn Wirtschaftlichkeit ist entscheidend. Im Labor lässt sich alles machen. Das aufwändige Verfahren am Ende auch wirtschaftlich abbilden können, das ist derzeit die große Herausforderung“, sagt Prof. Dr. Peter Dold. „Unsere Aufgabe und Vision ist, diesen Prozess so zu entwickeln, dass er auch industriell ausgeführt werden kann. Dass er einfach zu skalieren und beherrschbar ist.“ Für ihn sei dabei ein wichtiger Punkt, dass Deutschland mit seinen geringen Rohstoffressourcen zunächst alles importieren müsse, Silizium und Silber zum Beispiel. „Wir müssen schauen, dass wir diese Stoffe im Wertstoffkreislauf behalten und sie nicht in die Verbrennungsanlage gehen.“ 2022 seien weltweit allein 700 000 Tonnen Silizium in der PV-Industrie verarbeitet, spätestens ab 2024 würden es bereits eine Million Tonnen sein. „Ich bin optimistisch, dass wir in Deutschland auf die künftige Menge an Altmodulen vorbereitet sein werden. Mit dem von uns entwickelten Ansätzen werden wir sicher nicht von PVMüllbergen überschwemmt.“

 

Autor: Michael Falgowski

vorheriger Beitrag nächster Beitrag