Vinyl 2.0 – Revolution via Bio Schallplatten

Wer an Schallplatten denkt, setzt sie mit Vinyl gleich. Seit siebzig Jahren werden die Scheiben aus  PVC hergestellt, dessen Grundlage Erdöl ist, und das bei Produktion und Entsorgung nachweislich schädigend wirkt. Architekten und Designer machen deshalb schon seit Jahrzehnten zunehmend einen Bogen um dieses Material. Vor allem, weil längst umweltfreundliche, organisch basierte Kunststoffe zur Verfügung stehen. Können Schallplatten nicht auch aus anderen Stoffen hergestellt werden?

Trial and Error: Versuch macht klug

Alexander Rex sucht die Antwort auf diese Frage damals in seiner Küche, stellt eine Form, ähnlich einer Backform her, um die Rillen der Schallplatten abbilden zu können. In die Form gießt der Student, was er in der Wohnung und der Umgebung findet. Er versucht es mit tiefgekühlter Schokolade, mit Bienenwachs, Zuckerwasser und mit Beton. Die Platte aus Bienenwachs lässt sich gut herstellen, allerdings zerkratzt das weiche Material nach einmaligem Einsatz. Auch die Schokolade funktioniert nur kurzzeitig. Am besten läuft es mit dem Beton. „Damals ging es mir einfach darum, auszuprobieren, was generell möglich ist“, erinnert sich der 30-Jährige an diese ersten Versuche.

Dass der Student des Spiel- und Lerndesigns an der Burg Giebichenstein überhaupt anfängt, aus nachhaltiger, kreativer Perspektive auf den Plattenteller zu schauen, hat mit dem Projekt „Kling und Klang“ der Hochschule zu tun, bei dem er und seine Design-Kommilitonen sich mit dem Thema Musikwiedergabe auseinandersetzen. Alexander Rex widmet sich dabei zunächst der Geschichte der Tonaufzeichnung, taucht dann tiefer in die Materie ein, baut eine Apparatur, „um das Prinzip der Herstellung zu verstehen“. Der 30-Jährige ist es gewohnt, Theorie und Praxis zu verbinden. Bevor er ins Designfach wechselt, erlernt der gebürtige Cottbusser in Bad Liebenwerda das seltene Handwerk des Orgel- und Harmoniumbauers. Als angehender Gestalter setzt er sich auch immer wieder damit auseinander, was verändert und verbessert werden kann.

Die Renaissance der Schallplatte

Mit seinem Projekt „Vinyl 2.0“ möchte er jetzt eine „kleine Revolution auslösen“. Denn: Mit dem Beweis, dass Schallplatten auch aus Polylactiden, kurz PLA, hergestellt werden können, ist es nicht getan. „Für den Einsatz solcher Kunststoffe müssten Maschinen umgerüstet, Abläufe verändert werden“, sagt Rex. „Seit 70 Jahren läuft die Produktion gleich ab.“ Und derzeit kurbelt der steigende Bedarf sie wieder mächtig an und hebt sie aus dem Nischendasein. Die Schallplatte erlebt eine Renaissance. Die Absatzzahlen, die nach Einführung der CD auf ein Minimum geschrumpft waren, erhöhen sich seit zehn Jahren stetig. Die industrielle Serienproduktion zu modifizieren, brauche jedoch Mut und Bereitschaft, meint Alexander Rex. Beides hat der Student in der kleinen Hamburger Schallplattenpresserei „Ameise“ gefunden. Gemeinsam mit deren Inhaber, Martin Sukale, führt er zwei Testreihen durch, die erfolgreich laufen. Einen weiteren Partner findet Rex in der Schallplattenfabrik „R.A.N.D. Muzik“. Die Leipziger unterstützen sein Schallplattenprojekt mit technischem Know-how und Maschinen. Es dreht sich was: Der Verein BioEconomy Cluster Halle sichert wissenschaftliche Materialberatung zu, beim diesjährigen Landeswettbewerb „BESTFORM“ schafft das Projekt bei mehr als 40 Einreichungen den Sprung auf die Nominierten-Liste. Das Stadtmuseum Halle (Saale) präsentiert es noch bis Jahresende in seiner ständigen Ausstellung.

Die Bio-Schallplatte

Jetzt sucht der Hobby-Klavierspieler nach weiterer Unterstützung. Sein Ziel ist klar definiert: Schallplatten aus Bio-Kunststoffen sollen als Alternative zur Vinyl-Variante den Markt erobern. Damit das keine Zukunftsmusik bleibt und die Ausschussrate der ersten Testreihen gesenkt wird, möchte Rex weitere Kunststoffe ausprobieren und mehr Material-Möglichkeiten offerieren. Für weitere Tests muss allerdings der Kunststoff-Extruder umgerüstet und für die Herstellung neuer Platten die Maschinen technisch überholt werden. Dafür sucht der Student noch finanzielle Unterstützung. „Allein mit Engagement kann man das Projekt nicht bis zur Serienreife bringen“, weiß Alexander Rex. Aber es hilft schon mal, die Bio-Schallplatte bekannt zu machen. In Berlin zeigt Rex bei Workshops gerade, wie man umweltfreundliche Platten selbst herstellen kann. Die Musik spielt dabei immer noch eine Nebenrolle. „Wenn das Projekt erfolgreich wird, könnte man einen Künstler auswählen, der sein erstes Album auf neuartiger Platte auf den Markt bringt“, überlegt er. Bei seinen ersten Versuchen in der Plattenfabrik musste Alexander Rex das hören, was eben gerade in der Presse war, als er die Vorlage herausnahm: französischen Elektropop. Aber noch ist ja wichtig, was in der Platte ist und nicht darauf. 

Autor: Manuela Bock
Foto: privat

www.alexrex.de


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