Algen lockten eine Kölnerin nach Sachsen-Anhalt
Unternehmen mit veganen Lebensmitteln auf Wachstumskurs
Ein Slogan wie „Iss dich gesund“ kommt Kirstin Knufmann nicht über die Lippen. Auch wenn sie an sich selbst gespürt hat, wie sehr ihre Nahrung ihr Wohlbefinden beeinflusst. Diese Erfahrung möchte sie vielen anderen Menschen vermitteln und bietet mit ihrem Unternehmen vegane Lebensmittel an, die möglichst wenig verarbeitet sind. Mit „PureRaw“ ist sie aus dem Umland von Köln in den Norden Sachsen-Anhalts gezogen – weil da Platz ist, um Ihren Traum zu verwirklichen
Dass sie einmal einen erfolgreichen Unternehmen mit Onlineshop betreiben würde, hatte Kirstin Knufmann nicht geplant. So richtig planvoll war sie ohnehin nicht ins Berufsleben gestartet. Was Solides sollte es sein - eine kaufmännische Ausbildung in der Wohnungswirtschaft mit sicherer Anstellung. „Mir war aber ganz schnell klar, dass das nicht wirklich etwas für mich ist“, erzählt die heute 36-Jährige. Sie gab Sportunterricht in Fitness-Studios, studierte Fotografie und fand darin ihre Erfüllung. Barcelona, München, New York, Los Angeles zählt sie Stationen auf, an denen sie als selbstständige Fotografin in den Bereichen Mode, Beauty und Celebrity tätig war.
„In Amerika habe ich die Rohkost entdeckt und mich damit viel wohler gefühlt.“ Nicht, dass sie sich nicht zuvor schon sehr bewusst ernährt hätte: „Mit 15 Jahren habe ich angefangen vegetarisch zu leben, mit Anfang zwanzig vegan.“ Sie weiß genau, was der Körper benötigt und wie sie ihm die Nährstoffe und Mineralien gibt. Ohne künstliche Nahrungsergänzungsstoffe. Das fiel ihr mit Rohkost besonders leicht.
Einkaufen für Neugierige
Doch als sie ins heimatliche Bergheim bei Köln zurückkommt, wird es schwierig mit der Rohkost. Natürlich nicht mit den Klassikern, Möhrensalat, Grüner Salat, Gurkensalat… Rohkost bedeutet viel mehr, dass Produkte möglichst wenig verarbeitet sind. Und vegan müssen sie natürlich auch sein. Kirstin Knufmann suchte und fand, was sie brauchte. Und da ihre Koch- und Essgewohnheiten ihrem Umfeld nicht verborgen blieben, beantwortete sie viele Fragen, ließ andere kosten, erklärte die physiologischen Zusammenhänge und besorgte für immer mehr Menschen mit, was sie für sich selbst einkaufte: „PureRaw", die Knufmann GmbH war geboren, mit Homepage und Internet-Shop. Das ist jetzt sieben Jahre her.
„Es wurde bald so viel, dass ich gar nicht mehr zum Fotografieren kam“, bedauert sie einen bis heute andauernden Verlust. Denn außer der Food-Fotografie im eigenen Auftrag hat sie kaum noch Kontakt zu ihrer Kamera.
Dafür wuchs „PureRaw“ weiter. Kirstin Knufmann kaufte Koch-Zutaten, mischt sie und füllt sie für ihre Kunden ab. Das Haus der Eltern verwandelte sich zum Lager Regal um Regal wurde aufgestellt. „Schließlich ging nichts mehr. Ich wollte den alten Bauernhof meines Großvaters ausbauen, doch die Bedenken meiner Eltern ließen mich zögern“, erzählt sie die Vorgeschichte ihres Umzugs von Köln nach Sachsen-Anhalt.
Dort kannte sie Jörg Ullmann, seines Zeichens Geschäftsführer der damals größten Algenfarm Europas. Algen sind ein wichtiger Bestandteil der Produkte, die Kirstin Knufmann selbst verwertet und vertreibt. Ullmann hatte einmal erwähnt, bei ihm stünde ein Gebäude leer… „Wir haben innerhalb von vier Tagen alles nach Klötze gebracht, dann ging der Verkauf weiter. Die Familie hat viel geholfen und ich habe in der ersten Zeit nur gearbeitet“, erinnert sich die zierliche, energiegeladene Frau an die letzten Monate des Jahres 2012. Anfang 2013 stellte sie die ersten Mitarbeiter ein, denn auch bei bewusster Ernährung, Enthusiasmus und Erfolg war klar, dass sie allein das Pensum nicht bewältigen kann. Zumal es weiter wuchs. 2015 verließ sie die Algenfarm – die Knufmann GmbH war zu groß geworden. Jetzt hat Kirstin Knufmann ein Gebäude gemietet und ist überzeugt, dass sie ihren Platz gefunden hat.
Mit Geschmack überzeugen
Derzeit beschäftigt sie in Klötze sechs Mitarbeiterinnen. Bis zu 18 freie Mitarbeiter sind es, wenn das Personal in anderen Städten, wie z.B. Messe-Personal und Mitarbeiter aus ganz Deutschland dazugezählt werden. Denn, auch wenn Kirstin Knufmann missionarischer Eifer fern liegt, möchte sie immer mehr Menschen für die Besinnung auf möglichst „rohe“ und vor allem hochwertige Lebensmittel sensibilisieren. Kochshows und Workshops sind da ein guter Weg. „Neulich kam ein Mann zu mir und sagte, dass ich ihn als überzeugten Fleisch-Esser für das Vegane gewonnen hätte – das schmecke ja so gut“, strahlt sie bei der Erinnerung. Und warnt: „Vegan heißt nicht automatisch gesund. Egal ob Veganer, Vegetarier oder Fleischesser – es kommt darauf an, sich ausgewogen zu ernähren und die Zutaten bewusst zu wählen.“
Mit ihren Büchern will sie ebenfalls dazu beitragen. Gemeinsam mit Jörg Ullmann, der inzwischen ihr Lebenspartner und Vater der gemeinsamen dreijährigen Tochter ist, hat sie ein Rezeptbuch über Algen geschrieben. „RAW! – Meine raffinierte Rohkost-Küche“ war ihr Erstling. Nächstes Jahr möchte sie wieder ein Buch herausbringen – der Bedarf sei da.
So abgelegen Klötze auch ist – der Rand-Kölnerin fehlt durchaus das breite Angebot an Fitness-Studios, die leichte Erreichbarkeit der Großstadt – so unabhängig ist sie mit ihrem Unternehmen und Onlineshop von der Lage. Endverbraucher, Gastronomen, Weiterverarbeiter, Großhändler vor allem in ganz Europa, den USA, Kanada, Neuseeland und demnächst vielleicht sogar aus Japan kaufen bei ihr ein.
„Die Altmark ist so schön, das wissen die Altmärker nur nicht und machen einfach zu wenig daraus“, findet sie. Dank moderner Technik und zuverlässiger Paketzustellung hat sich Kirstin Knufmann mit ihren Marken PureRaw, Einhorn-Zauber, RawKao und BOBEI – das steht für „Backen ohne Butter und Ei“ im nördlichen Sachsen-Anhalt etabliert.. Die Produktpalette von PureRaw steht säuberlich im Schauraum. Wer die daraus entstandenen Kuchen, Puddings oder Naschereien probieren will, hat hier die Möglichkeit.
Autorin/Foto: Renate Wähnelt