Der weltweit erste Wasserstoffspeicher unter Tage entsteht in Sachsen-Anhalt

Grüne Energie im Untergrund

Im „Energiepark Bad Lauchstädt“ in Sachsen-Anhalt wird in einem weltweit einzigartigen Großversuch eine Salzkaverne zum Großspeicher umgerüstet: Der künftige Inhalt: klimaneutraler Wasserstoff, der in einem „Power to Gas“-Verfahren aus Windstrom umgewandelt wird. Sachsen-Anhalt baut in diesem Modellprojekt seine Stärken in der Wasserstoffinfrastruktur weiter aus.

Eine riesige Kaverne für großtechnische Speicherung

700 bis 900 Meter tief unter der Goethestadt Bad Lauchstädt im südlichen Sachsen-Anhalt wurde mit Sole ein Hohlraum in das unterirdische Salzgebirge gespült. Die entstandene Kaverne, die die VNG Gasspeicher GmbH (VGS) als kombinierte Kavernen- und Lagerstättenspeicher nutzt, fasst rund 50 Mio. Kubikmeter; das Leipziger Völkerschlachtdenkmal würde zweimal hineinpassen. Hier soll nicht Erdgas gespeichert werden, sondern Wasserstoff, grüner Wasserstoff. „Hier im Energiepark Bad Lauchstädt soll weltweit die erste großtechnische Speicherung von grünem Wasserstoff umgesetzt werden. Es ist auch der erste Versuch, Wasserstoff in dieser Größenordnung aus Windstrom herzustellen, diesen zu speichern und dann weiter zu verarbeiten“, erläutert Cornelia Müller-Pagel, Leiterin des Bereichs „Grüne Gase“ beim mitteldeutschen Gasversorgungsunternehmen VNG AG. Bis 4.500 Tonnen klimaneutralen Wasserstoff soll der Speicher bei Bad Lauchstädt fassen. Dies würde ausreichen, um 64.000 2-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen. Und: „Ein per Brennstoffzelle betriebener LKW könnte damit 1.100 Mal um den Äquator fahren“, ordnet Müller-Pagel die gespeicherte Menge ein.

Volatilen Windstrom speichern und verteilen – Knackpunkte der Energiewende

Der Wasserstoffspeicher untertage ist das Kernstück des innovativen Zukunftsprojekts „Energiepark Bad Lauchstädt“. Dieses Verbundprojekt soll aus einer Großelektrolyse-Anlage mit einer Leistung von bis zu 30 MW bestehen, in der im großen Stil Wasser zu Sauerstoff und grünem Wasserstoff aufgespalten wird. Dafür wird eigens ein Windpark errichtet, der den klimafreundlichen Strom für die Herstellung des grünen Wasserstoffs liefert. Im einzigartigen Vorhaben „Energiepark Bad Lauchstädt“ haben sich für diesen Großversuch sechs Akteure zusammengeschlossen, um unter realen Bedingungen Herstellung, Transport und Speicherung sowie den wirtschaftlichen Einsatz von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab zu untersuchen. In der Praxis ist der Wasserstoff vor allem zur Nutzung in den Chemieparks der Region gedacht.

In Bad Lauchstädt, einer Kleinstadt in der Nähe von Halle (Saale), sind die notwendigen Voraussetzungen für den Großversuch gegeben um eine Elektrolyse-Anlage und volatilen Windstrom im großen Stil direkt zu koppeln und den Wasserstoff zu speichern sowie zu transportieren. Ideale Standortbedingungen sind: viel Wind für die Stromerzeugung, der Untergrundgasspeicher der VGS für die Speicherung und die bereits vorhandene Infrastruktur, darunter Gasleitungen und Abnehmer wie das nahe gelegene Mitteldeutsche Chemiedreieck mit seinen großen Standorten Leuna und Schkopau.

Prämiertes Innovationsprojekt erhält Bundes-Fördermittel

Als eines von zehn Innovationsprojekten war der „Energiepark Bad Lauchstädt“ Sieger im Ideenwettbewerb „Reallabore der Energiewende“, den das Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Jahr 2019 ausgeschrieben hat. Mit der Aussicht auf Förderung werden die wissenschaftlichen Vorbereitungen und Planungen für das Großprojekt „Energiepark Bad Lauchstädt“ derzeit abgeschlossen. „Die Projektpartner rechnen mit einer Förderzusage durch das Bundesforschungsministerium im Spätsommer. Dann beginnt die zweite Phase mitzwei Abschnitten. Während der kommenden fünf Jahre wird die Errichtung und Inbetriebnahme des Windparks, des Elektrolyseurs und der Leitung realisiert. Zudem werden wichtige Bestandteile der Obertageanlage des Speichers erforscht. Danach schließt sich ein zweiter Bauabschnitt an, in dem die untertägige und die restliche obertägige Anlage für den Speicher errichtet wird,“ erläutert VNG-Bereichsleiterin Cornelia Müller-Pagel. Insgesamt würde ein dreistelliger Millionenbetrag investiert. Der Probebetrieb der gesamten Wertschöpfungskette werde voraussichtlich bis 2030 andauern.

Die VGS hat für die Realisierung schon Grundlagen geschaffen: Die vorgesehene Kaverne des Untergrundgasspeichers ist bereits fertig mit Sole gefüllt. Bei der Gaserstbefüllung wird der Wasserstoff in die Kaverne geleitet und verdrängt die Sole. Allein die Erstbefüllung der Kaverne wird circa zwei Jahre dauern. „Wasserstoff ist diffusionsfreudiger als Erdgas. Für das Salzgestein ist das kein Problem, es ist dicht. Aber sämtliche Leitungen und Armaturen sowohl über- als auch untertage müssen für die Wasserstoffnutzung ertüchtigt werden“, erläutert Cornelia Müller-Pagel. So werde auch eine 20 Kilometer lange Anschlussleitung der ebenfalls zum VNG-Konzern gehörenden Transporttochter ONTRAS Gastransport GmbH umgestellt.

Modellregion mit langer Tradition und starken Abnehmerindustrien

Hinter dem Energiepark Bad Lauchstädt stehen die VNG-Töchter VGS und ONTRAS sowie die DBI - Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg, die Terrawatt Planungsgesellschaft mbH und Uniper Hydrogen GmbH. Das großtechnische Power-to-Gas-Projekt „Energiepark Bad Lauchstädt“ baut zudem auf die Vorarbeiten mehrerer Forschungsvorhaben im Rahmen der Aktivitäten des Vereins HYPOS – „Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany“ auf. Dieses bereits 2013 gegründete Konsortium aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen entwickelt und fördert vor allem in Mitteldeutschland und in Sachsen-Anhalt die Bildung einer flächendeckenden, grünen Wasserstoffwirtschaft.

Sachsen-Anhalt ist dafür die ideale Modellregion. Im Bundesland haben Unternehmen gerade im mitteldeutschen Chemiedreieck eine lange Tradition im Umgang mit Wasserstoff. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft gibt es im bundesweiten Vergleich keine andere Region, in der die Wasserstoffinfrastruktur bereits so gut ausgebaut ist: Die Chemiestandorte in Mitteldeutschland sind bereits jetzt mit einer 150 Kilometer langen Wasserstoffleitung verbunden. Der „Energiepark Bad Lauchstädt“ gehört daher zu den Leuchtturmprojekten in Sachsen-Anhalt, mit denen grüner Wasserstoff im industriellen Maßstab zum Erfolg geführt werden soll.

Autor: Michael Falgowski/ IMG Sachsen-Anhalt


Sachsen-Anhalt ist Vorreiter, wenn es um den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft geht. Zahlreiche innovative Ideen sind hier schon zu Leuchttürmen gewachsen. Beispielsweise, wie grüner Wasserstoff im industriellen Maßstab wirtschaftlich erzeugt und genutzt,oder wie Wasserstoff sicher gespeichert werden könnte.

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