Von Kleber bis Katheter – für jedes Kunststoffprodukt die passende Technik
Von Kleber bis Katheter – für jedes Kunststoffprodukt die passende Technik
Um wegweisende Innovationen und visionäre Entwicklungen geht es ab heute in Düsseldorf. Über 30 Aussteller aus Sachsen-Anhalt präsentieren sich auf der K, der weltweit bedeutendsten Messe der Kunststoff-und Kautschukindustrie. Für jede Herausforderung die richtige technische Lösung – denn in Sachsen-Anhalt trifft die Kunststoffindustrie auf 150 Jahre Maschinenbau-Erfahrung und auf innovative Ideen für individuelle Einzel- und Komplettlösungen vom Laborgerät bis zur schlüsselfertigen Produktionslinie. In Düsseldorf sind neben Unternehmen der Kunststoffbranche deshalb auch Maschinenbauer aus der Region präsent.
Maschinen und Anlagen aus Sachsen-Anhalt sind weltweit gefragt, etwa vierzig Prozent aller Verkäufe gehen in den Export. Mit einer Quote von achtzig Prozent gehört die rubicon Gummitechnik und Maschinenbau GmbH in Halle zu den besonders exportstarken Unternehmen. Maßgeschneiderte Lösungen für Hersteller von Gummiprofilen für Fahrzeugbau und Baugewerbe oder für die Reifen- und Kabelindustrie sowie schlüsselfertige Linien zur Produktion von Kühlwasser-, Kraftstoff-, Turbolader- und Aircondition-Schläuchen für Automobilhersteller gehören zu den Stärken von rubicon. Auf der K 2016 wird das Herzstück einer Coextruderanlage ausgestellt. Die Anlage ermöglicht es, in einem Schritt unterschiedliche Lagen zu extrudieren, um mehrschichtige Schläuche herzustellen oder Streifen in die Schlauchdecke einzubringen.
Neben der Technik und Technologie, die die Produktion hochanspruchsvoller Kautschukmaterialien ermöglichen, Präzision garantieren und in großen Temperaturbereichen einsetzbar sind, legt das Unternehmen Wert auf guten Service vom ersten Kontakt über die Inbetriebnahme bis zur Wartung. „Wir haben in aller Welt Vertretungen und sind dadurch schnell erreichbar“, sagt Geschäftsführer Dr. Christian Köhler, „außerdem können wir unsere Kunden per Fernwartung via Internet unterstützen und bei Bedarf Korrekturen an der Steuerung vornehmen.“ Diesen Service will rubicon in Zukunft mit einer kamerabestückten Datenbrille weiter verbessern, so Köhlers Vision. „Damit können wir sehen, was der Anlagenfahrer sieht, können schneller und direkter beispielsweise auf technologische oder Materialprobleme reagieren, Konstruktionszeichnungen und Daten an die Brille übertragen und unsere Kunden deutlich effektiver unterstützen.“ Acht Prozent der 60 Mitarbeiter starken Belegschaft am Standort Halle arbeiten in Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus geben Bachelor- und Masterarbeiten von Studierenden der Hochschule Merseburg sowie gemeinsame Projekte mit Universitäten Impulse für innovative Entwicklungen.
Know-how für anspruchsvolle Sonderthemen
Einschneckenextruder für unterschiedlichste Kunststoff-Anwendungen sind ein Geschäftsbereich und Spezialität des Magdeburger Automatisierungs- und Elektrotechnikunternehmens Ematik GmbH. Das Spektrum der unter dem Markennamen SKETmatik vertriebenen Maschinen reicht vom Kleinstextruder mit 16 Millimetern Schneckendurchmesser, der auf einen Schreibtisch passt bis zum Schwergewicht mit mehr als sechs Tonnen und 200 Millimetern Schneckendurchmesser. „Mit den Kleinstextrudern für Labore haben wir einen Nischenmarkt erschlossen und beliefern Universitäten, Hochschulen und Institute“, sagt Geschäftsführer Henner Dörnenburg. Auf der Kunststoffmesse präsentiert Ematik einen Laborextruder mit mobilem Endgerät: Damit kann der Geschäftsführer oder Schichtleiter auf seinem Tablet oder Smartphone jederzeit und überall nachvollziehen, wie die Maschine läuft. „Zudem können alle Daten und Datenschnittstellen für eine vernetzte Umgebungswelt zur Verfügung gestellt werden“, sagt Dörnenburg. Je nach Kundenwunsch werden einzelne Extruder, aber auch komplette Produktionslinien mit Kühlstrecke, Abzug und Wickler geliefert. Knapp dreißig Prozent ihres Umsatzes erzielt Ematik im Export.
Know-how aus Magdeburg ist bei der Bewältigung anspruchsvoller Sonderthemen gefragt. Für technische Kunststoffe transparent oder farbig, weich und elastisch oder mit besonderer Festigkeit und Steife, für Kunststoffe mit sehr hohem Flammpunkt zum Beispiel für die Luftfahrt oder zum Auftragen von Heißkleber auf Folie entwickeln sie die passenden Schneckengeometrien und Verfahren, die ein kontinuierliches Aufschmelzen der Granulate, homogene Temperaturverläufe, eine bestmögliche Durchmischung und eine minimale Belastung der Polymere gewährleisten. So wurden im Hause Ematik für die Medizintechnik Anlagen zur Herstellung gewendelter Schläuche, wie Atemschläuche, Produktionslinien für mehrschichtige Schläuche mit wenigen Millimetern Außendurchmesser und für Mehrlumen-Schläuche konzipiert. Außerdem beteiligte sich das Unternehmen an einer Stiftungsprofessur an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg im Rahmen des INKA-Transfer-Projekts zur Entwicklung intelligenter Katheter, die bei der Erweiterung der Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten minimal-invasiver Therapien helfen sollen.
Moderne Technologien zur Veredelung bahnförmiger Waren werden in der KKA Kleinewefers Kunststoffanlagen GmbH Weißandt-Gölzau entwickelt, die SMBK Sondermaschinenbau Köthen GmbH setzt, neben einem eigenen Wickeltechnikprogramm, die Entwicklungen am Standort Weißandt-Gölzau in entsprechende Produktionsanlagen um. Auf der K 2016 zeigt die Unternehmensfamilie innovative Technologien, die aus diesem starken Verbund hervorgehen. Vater und Sohn, Günter Uber (SMBK) und Ingolf Uber (KKA), agieren als Eigentümer und Geschäftsführer autonom und nutzen gleichzeitig die Synergien einer engen Kooperation mit zentraler Projektabwicklung und einem gemeinsamen, serverbasierten Konstruktionssystem.
„Wir beliefern Kunden in mehr als zwanzig Ländern“, sagt KKA-Vertriebsingenieur Steffen Friedrich. Der Schwerpunkt liegt in Nordamerika und den westeuropäischen Industrieländern. So wurden in diesem Jahr unter anderem drei Anlagen zur Produktion von Kunstleder in die USA verkauft. Eine weitere Anlage, die textile Gewebe mit Polyvinylchlorid (PVC) oder Polyurethan (PU) für die Weiterverarbeitung in der Polsterindustrie, zu Autositzbezügen oder Täschnerwaren beschichtet, lackiert, bedruckt und prägt, ist für ein deutsches Unternehmen bestimmt.
Auf der K-Messe geben beide Unternehmen Einblicke in das breite Spektrum ihrer Kompetenzen und Leistungen wie die Entwicklung und Fertigung kompletter, schlüsselfertiger Produktionslinien zur Herstellung von Fußbodenbelägen oder Klebeband, zur Produktion von technischen Textilien zum Beispiel für Lkw-Planen, von Folien für Hygieneartikel wie Babywindeln oder von Mehrfachlaminaten für das Interieur von Automobilen.
In der Fördergemeinschaft für Polymerentwicklung und Kunststofftechnik in Mitteldeutschland POLYKUM e.V. mit Sitz in Merseburg sind Maschinenbauer und Kunststoffhersteller untereinander sowie mit Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Dienstleistern vernetzt. Die Kooperation beflügelt den Wissens-, Innovations- und Technologietransfer entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Einen kurzen Draht zum Know-how eines Branchenriesen haben Kunststoffproduzenten im mitteldeutschen Chemiedreieck. Seit 2008 betreibt die KraussMaffei Gruppe mit Hauptsitz in München ein Vertriebs- und Servicecenter am Standort Schkopau, um von dort aus Kunden in Ostdeutschland zu betreuen, Tagungen zu Kunststoff-Themen sowie Schulungen an Spritzgießmaschinen anzubieten und über neueste technische und technologische Entwicklungen zu informieren. Umgekehrt profitiere das Unternehmen auch vom Austausch mit den Spezialisten an verschiedenen Lehrstühlen für Kunststofftechnik in Mitteldeutschland – Nachwuchskräfte werden so bereits während des Studiums für das Unternehmen begeistert, sagte ein Unternehmenssprecher
Leichtbau und Vernetzung
Plastics 4.0 ist die Antwort des Maschinenbaukonzerns auf die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution. Unter diesem Dach bündelt die KraussMaffei Gruppe ihre Entwicklungen in den Bereichen Intelligent Machines, Integrated Production und Interactive Services.
So erkennt die neue erweiterte Funktion APC plus (Adaptive Process Control) Prozessschwankungen und ergreift selbständig Gegenmaßnahmen. Die intelligente Anlagensteuerung kann bei der Verarbeitung von Thermoplasten oder Silikon oder auch beim Mehrkomponentenspritzgießen angewendet werden. Am Beispiel eines im FiberForm-Verfahren hergestellten Bauteils demonstriert KraussMaffei auf der K 2016 die lückenlose Rückverfolgung und Dokumentation sämtlicher qualitätsorientierter Produkt- und Prozessdaten: Über einen QR-Code, der für jedes Bauteil ausgedruckt und aufgeklebt wird, sind die Daten weltweit online abrufbar, am PC oder mit mobilen Endgeräten.
Bildungerschrift:
Ematik-Geschäftsführer Henner Dörnenburg steht in der neu errichteten Montagehalle in Magdeburg an einem Laborextruder.
Autor und Foto: Bettina Koch