Das fliegende (Infrarot-)Auge aus Blankenburg

Auf der Messe INTERSOLAR 2015 war Markus Köhler, Geschäftsführer von FLYING INSPECTION SERVICE den Aufträgen noch ein wenig hinterhergelaufen. Das dürfte in diesem Jahr anders sein. Denn das Know How des Unternehmers aus dem sachsen-anhaltischen Blankenburg ist in der Branche neu und heiß begehrt.

Testflug bestanden

Angefangen hat Markus Köhler im Januar 2014. Die Idee stammt aus seinem eigentlichen Berufsfeld, der Immobilienbranche. Dort galt es Gebäude auch aus der Luft ins rechte Licht zu setzen. Zuerst mit einem 15 Meter hohen Stativ – daraus entwickelten sich dann die ersten Drohneneinsätze

Und, wenn schon Drohnentechnik, dann ergab sich zwangsläufig die Frage, in welchem industriellen Umfeld diese Technik weiterhin sinnvoll einsetzbar ist. Die Überprüfung und Detektion von Photovoltaik-Anlagen mittels Infrarottechnik lautete die Antwort. Es wurde viel probiert, die Drohnen speziell für die präzise Erfüllung der Dienstleistung weiter entwickelt, Flugtests der verschiedensten Art unternommen, ein effektives Berichtswesen in Kooperation mit Kunden kreiert und selbstverständlich mussten auch Rückschläge verdaut werden. Aber das wirft einen passionierten Hobbypiloten nicht gleich aus der (Flug-)Bahn.

„Allein in Europa wird das Marktpotential aktuell auf rund 180 Gigawatt Peak geschätzt. Das Geschäftsfeld ist noch wenig erschlossen. Eigentlich ist nichts von dem, was ich mache, Hexenwerk. Es sind eher die vielen technischen Detailverbesserungen, unser hochgelobtes Berichtswesen, die Sorgfalt, die Präzision und Spezialisierung auf großes Volumengeschäft, die unsere Dienstleistung ´besonders´ machen“, erzählt Köhler.

Wenn er oder einer seiner Piloten zu Einsätzen in ganz Europa ausrücken, dann wartet am Ende des Fluges und der Auswertung meist eine Überraschung auf den Kunden. Denn das Infrarot-Auge der Drohne sieht alles. Geringste Temperaturabweichungen werden so im langsamen Überflug an den Solarpaneelen detektiert und lassen Rückschlüsse auf Defekte in den Modulen zu. Jeder Defekt bedeutet Ertragsverlust – der Verlust selbst richtet sich nach Fehlerart und Häufigkeit. Wenn auf einem Bild sichtbar wird, dass eine komplette Reihe an Solarpaneelen gar nicht läuft, ist das Entsetzen des Kunden groß, weil er sich auf sein Monitoring System verlassen hat. „Mal sind es Wechselrichterprobleme, mal defekte Sicherungen und an anderer Stelle Kabelbrüche.“ Dazu gesellen sich Zellbrüche, mittlerweile werden häufig Einzelmodule im Leerlauf oder sogenannte Substring-Diodenprobleme detektiert. Nicht selten lassen Betreiber ihre Anlagen von Markus Köhler abfliegen, wenn es um Fragen der Garantie der Solaranlagen geht. Auch dem großen Thema PID-Effekt, „Potential Induced Degradation“, dem fortschreitenden Spannungsabfall bei Modulen, der sich wie ein Virus ausbreitet, begegnet Markus Köhler bei seiner Arbeit immer wieder. Viele der Defekte werden durch die eingebauten Monitoring-Systeme gar nicht erfasst. Ganz bewusst spricht Markus Köhler nicht von Fehlern, sondern von Auffälligkeiten. Jeder Kunde bekommt am Ende des Auftrages eine detaillierte Aufstellung, an welchem Modul welche Auffälligkeit registriert wurde. Dazu gibt es die entsprechenden Bilder, die wohl nur Experten wie Markus Köhler etwas sagen. Auch wenn er sich mit den fachlichen Bewertungen zurückhält. „An manchen Bildern kann ich sofort sehen, um welche Ursache oder Störung es sich handeln muss. Alles Dinge, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen wären, vom Glasbruch mal abgesehen,“ erzählt Markus Köhler.

Ein Start up mit 56

Obwohl der smarte Herr mit Anzug und Krawatte auf den ersten Blick nichts mit den Mate trinkenden Business-Neulingen gemein hat, hat der Unternehmer sich auf Neuland begeben. Sein Geschäftsmodell ist auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten. „Mit 56 habe ich kaufmännische Erfahrungen, die ein Neu-Einsteiger kaum haben kann. Ich habe durch meine Immobilien-Firma einen stabilen wirtschaftlichen Background, der mir dieses Wagnis überhaupt ermöglicht hat und bisher auch alle Investitionen bezahlt hat“, so Köhler. Noch hat die Infrarot-Fliegerei keine Gewinne erwirtschaftet, aber das soll sich ändern. Mit nur eine Drohne im Hinterhof lässt sich das Geschäft nicht bewerkstelligen. Derzeit gehören zum Unternehmen zehn Drohnen mit Infrarotkameras, 15 Piloten und 16 Auswerterinnen. „Nur das Wetter, das bleibt ein unkalkulierbares Risiko. Die Drohnen müssen bei Sonne (mind. 700 W/m²) fliegen, um die Kollektoren richtig prüfen zu können. Wind bis Stärke 7 schafft die neueste Generation meiner Drohnen. Alles in allem gibt es in Zentraleuropa nur circa 60 bis 80 flug- und prüffähige Tage. Darin liegt auch ein erhebliches unternehmerisches Risiko dieser Dienstleistung begründet.“

Der feine Unterschied

„Weder die Drohnen- noch die Kameratechnik sind das Besondere. Es ist die Kombination aus vielen kleinen und sinnvollen Details, die uns von unseren Wettbewerbern unterscheiden,“ sagt Köhler nicht ganz ohne Stolz. Die Drohnen sind für speziell für diese Einsätze konzipiert. Dazu kommt ein eigens entworfenes Auswertungssystem, das die gesammelten Daten in einer Datei erfasst und  es dem Kunden erlaubt, jede Auffälligkeit sofort mit dem richtigen Standort des Moduls zu verbinden. Wie  genau das funktioniert, will Koehler nicht verraten. Seine Kundenliste hat sich gut entwickelt. Er fliegt sogar für den TÜV, der Flying Inspection Service und die Infrarot-Drohnen für die Erstellung von Gutachten nutzt. Andere Kunden kommen aus Großbritannien, Spanien und Italien. Beflogen werden überwiegend Freiflächen - 20 Megawatt war die bisher größte Fläche, aber auch größere Dachflächen.

Und auch über die Zukunft seines Start-Ups hat sich Markus Köhler Gedanken gemacht. Zur Intersolar 2016 soll das neueste „Kind“ von Köhler vorgestellt werden. Die Prüfung von Photovoltaik-Anlagen von Mann tragenden Flugzeugen. „Die Mehrkosten des Systems werden durch die erheblich höhere Effizienz aufgehoben! Man kann nicht stehen bleiben, wenn man den stetig steigenden Ansprüchen der Kunden gerecht werden will,“ sagt Markus Köhler.

Zurzeit arbeitet Koehlers Flying Inspection Service auch  mit dem Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle/Saale, Sachsen-Anhalt, zusammen und trägt statistische Daten zu Fehlern und Ausfällen bei Solaranlagen zusammen. Mit dem Fraunhofer Institut in Braunschweig wird ein Projektkonzipiert, die Drohnentechnik auf ihre Tauglichkeit zur Überprüfung der Rotorblätter von Windkraftanlagen zu testen.

Autor: Alexander Greiner

 

>HIER gehts zum Landes-Gemeinschaftsstand von Sachsen-Anhalt auf der Intersolar Europe 2016  in Halle A3 Stand 470.

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