Speicherlösungen für Strom aus der Natur

Wegweisende Ideen kommen aus Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt stehen rund 23000 Photovoltaik-Anlagen; etwa 2700 Windräder drehen sich in 97 Windkraftanlagen zwischen Altmark und Harz. Die Branche der Erneuerbaren Energien boomt – und verlangt drängend nach Speicherlösungen für den aus der Natur gewonnenen Strom. Unternehmen wie die Tesvolt GmbH in Wittenberg und Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer IFF Magdeburg und das Fraunhofer IMWS Halle entwickeln  zukunftsweisende Ideen und Produkte.

Wer durch die Region Anhalt Richtung Wittenberg fährt, begegnet auch hier großen Solarfeldern und Windparks. Wir sind mittendrin in der Energiewende. In Sachsen-Anhalt betrug 2015 der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung 48 Prozent. Zur „perfekten“ Wende braucht’s allerdings effiziente wie auch intelligente Speichersysteme, damit die Netzstabilität gewahrt bleibt. Eine Lösung kommt aus Wittenberg: Die Tesvolt GmbH präsentiert auf der Intersolar in München ihren Batterie-Container. „Der ist quasi unser Messestand. Wir erklären nicht nur, sondern können auch gleich demonstrieren, wie unsere Batterien funktionieren“, sagt Mathias Zdzieblowski. Er ist Kundenbetreuer in dem 2014 gegründeten Unternehmen, das Batteriespeicher für den Niederspannungsbereich produziert. In seinem Büro hängt eine riesige Weltkarte. Kunden hat Tesvolt mittlerweile auch in Russland und Großbritannien, Spanien und Afrika. Insgesamt 30 Fachkräfte arbeiten in der Batterie-Produktion wie auch im eigenen Forschungs- und Entwicklungsbereich. „Wir verwenden Batterien auf Lithium-Eisen-Phosphat-Basis. Diese sind schnell ladend, haben eine lange Lebensdauer und besitzen eine hohe Zyklenfestigkeit. Das Mangan ermöglicht eine hohe Strombelastung in kurzer Zeit“, erklärt Mathias Zdzieblowski.

„Solch ein Speichercontainer wie dieser hier besitzt eine Bruttokapazität von einer halben Megawattstunde“, Zdzieblowski schließt die Tür auf. Drinnen ein schmaler Gang, gesäumt von Spinden links und rechts. Darin stehen die Batterien, die bis zu einer unbegrenzten Kapazität aufgestockt werden können. Es lässt sich ahnen: Dieser Megaspeicher ist für gewerbliche und industrielle Zwecke gedacht. Für viele Gewerbetreibende würden Batterieschränke ausreichen. Deren Kapazität beginne bei zehn Kilowattstunden, sagt der Vertriebschef.

Etwa 150 Fachpartner hat sein Unternehmen im vergangenen Jahr geschult. Das sind die Installationsbetriebe, die dem Endkunden den Speichercontainer oder Batterieschrank schlüsselfertig aufstellen. Trotzdem, betont der Gebietsleiter, kenne Tesvolt den Großteil seiner Kunden in Deutschland persönlich. Insbesondere das sachsen-anhaltische Unternehmen „Eis & Friends“, ein Gastronomie- und Großhandel für tiefgefrorene Lebensmittel in Morxdorf bei Jessen. Auf dem Dach des Kühlhauses sorgt eine große Photovoltaikanlage für Strom. Damit die überschüssige Solarenergie gespeichert und das Lager auch nachts mit dem selbsterzeugten Strom versorgt werden kann, steht auf dem Firmenhof ein Speichercontainer – der erste, den Tesvolt installiert hatte.

„Wir sind ein Startup-Unternehmen. Uns liegt viel daran, die Bedingungen und Wünsche der Kunden vor Ort zu kennen, den Einsatz unseres Produktes zu verfolgen, um es auch weiterentwickeln zu können“, sagt Zdzieblowski und zeigt ein Tablet, wie es jeder Kunde bekommt. Er wählt sich in das Speichersystem eines Milchviehbetriebes ein. Deutlich zu sehen sind die weit nach oben ausschlagenden Zacken des Stromverbrauchs morgens und abends von sechs bis sieben Uhr. Die hohen Verbräuche durch das Melken, Erhitzen und Kühlen der Milch liegen in der meisten Zeit des Jahres außerhalb der Sonnenstunden. Auch Windenergie wäre nicht immer und rund um die Uhr verfügbar – außer man hat einen Tesvolt-Speicher wie dieser Agrarbetrieb. „Das Speichersystem ist so programmiert, dass immer genügend Strom für den Notbetrieb zurückbehalten wird. Über den Tag wird geladen, so dass Strom für das abendliche Melken, für die Nacht und für das Melken am nächsten Morgen vorhanden ist“, sagt Mathias Zdzieblowski.

In enger Zusammenarbeit mit dem weltweit führenden Spezialisten für Photovoltaik-Systemtechnik SMA nutzt Tesvolt dessen Ladetechnik, um die Batteriesysteme exakt auf die Anforderungen des Kunden auszurichten. Sie sollen dessen Eigenverbrauch optimieren und die Lastspitzen kappen.

Auf eben diesem Gebiet hat auch das Magdeburger Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Kompetenzen. „Ein Forscherteam entwickelt eine dynamische Energie-Management-Software, die für die Optimierung industrieller Energieprozesse geeignet ist“, sagt Przemyslaw Komarnicki und erklärt: „Die Software wertet regelmäßig Wetterprognosen für die regenerative Energieerzeugung aus. Hinzu kommen die viertelstündlichen Lastprognosen, die aus dem Produktionsplan und dem dafür erforderlichen Einsatz von Anlagen und Maschinen ermittelt werden. Diese Informationen nutzend kann das System die Energieleitzentrale eines großen Unternehmens befähigen, die Flexibilität des Strombetriebes sowohl technisch als auch wirtschaftlich voll auszuschöpfen und die Anlagen automatisch so zu steuern, dass beispielsweise Lastspitzen vermieden werden.“

Der Spezialist für Energietechnik ergänzt, dass das Fraunhofer IFF derzeit einen der größten mobilen Stromspeicher Deutschlands erprobt. Die 1-Megawatt-Batterie steckt in einem Container von der Größe eines Eisenbahnwaggons und könnte etwa 100 normale Haushalte vierundzwanzig Stunden lang autark mit Strom versorgen.

Revolutionäre Speicherlösungen kommen aus Sachsen-Anhalt. Auch das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS Halle präsentiert sich auf der Intersolar. Das Institut ist einer von mehr als 100 Partnern aus der Energiebranche sowie aus Wissenschaft und Forschung, die das Forschungs-Konsortium HYPOS (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) bilden. Ihre Vision: Energie aus Wind- und Solaranlagen soll durch spezielle chemische Verfahren in Wasserstoff umgewandelt werden. „Grüner Wasserstoff kann dazu beitragen, die Erzeugungsspitzen, die bei viel Wind und Sonne anfallen, aufzufangen. Statt mit überschüssiger erneuerbarer Energie die Stromnetze zu belasten, verwandeln wir sie in eine Ressource, die sich speichern und stofflich nutzen lässt“, erklärt Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS. Somit könnte eine gewisse Menge der Grünen Energie von den in Mitteldeutschland ansässigen Unternehmen genutzt werden und müsste gar nicht erst über umstrittene Stromtrassen Richtung Süden transportiert werden.

Bildunterschrift: „Dieser Batterie-Container ist unser Messestand auf der Intersolar“, sagt Mathias Zdzieblowski von Tesvolt.

Autorin: Kathrain Graubaum (Text/Foto)

 

>HIER gehts zum Landes-Gemeinschaftsstand von Sachsen-Anhalt auf der Intersolar Europe 2016  in Halle A3 Stand 470.

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