Keine Chance für schädliche Bakterien

Weltweites Interesse an umweltschonender und wirtschaftlicher Wasser-Reinigungstechnologie aus Sachsen-Anhalt

Mitte April 2015 wurde in der Merseburger Schwimmhalle eine der weltweit modernsten Duschkreislauf-Reinigungsanlagen nach mehrjähriger Nutzung auf Mietbasis der Stadt Merseburg zur kostenfreien Weiternutzung seitens der MOL Katalysatortechnik GmbH übergeben. Dieses Reinigungsverfahren basiert auf einem umweltschonenden Verfahren, das von Mitarbeitern der MOL Katalysatortechnik GmbH in Merseburg/Schkopau entwickelt wurde und inzwischen zu einem weltweiten Exportschlager innovativer Produkte aus Sachsen-Anhalt geworden ist.   

Manchmal führt die Suche nach Lösungen für ein bestimmtes Problem Wissenschaftler zu Erkenntnissen, die unerwartet neue Anwendungsmöglichkeiten eröffnen. So ähnlich erging es Dr. Jürgen Koppe, Geschäftsführer der MOL Katalysator GmbH, als er zusammen mit Dr. Hartmut Lausch, Dr. Ulrich Heubner und Wilfried R. Herda vor über zwei Jahrzehnten nach umweltfreundlichen Alternativen für platinhaltige Abgaskatalysatoren suchte. 

Dabei entdeckten sie Nickel-Chrom-Eisen-Legierungen, die auf der Oberfläche kristalline Strukturen – sogenannten Spinelle – bilden. Wie sich herausstellte, besitzen diese Legierungen katalytische Eigenschaften. Das bedeutet, dass das an den chemischen Reaktionen beteiligtes Material nicht verbraucht wird. Es ist in gewisser Weise so, als würde man einen Löffel Butter unter das mit Wasser aufgelöste Kartoffelpulver mischen, und nach dem Aufkochen erhält man neben leckerem Kartoffelbrei die Butter zurück. Die chemische Industrie kennt eine Vielzahl derartiger Katalysatoren für diverse Anwendungen.  

Der von Wissenschaftlern aus Schkopau entwickelte Festkörper-Katalysator erwies sich für die umweltfreundliche Wasserreinigung als besonders geeignet. Den im Wasser vorhandenen Mikroorganismen, wie Amöben, Bakterien und Pilzen, wird in Anwesenheit der Katalysatorfolien ihr Schutz- und Vermehrungsraum – der Biofilm – entzogen. Hervorgerufen wir dieser biofilmlösende Effekt durch die Bildung von sogenannten „Biotensiden“, die beim MOL®LIK-Verfahren an der Katalysatoroberfläche aus Wasser, etwas Tageslicht und Rückständen toter Bakterien gebildet werden.

Beim älteren MOL®CLEAN-Verfahren erfolgt die Biotensidbildung an der Katalysatoroberfläche aus lebenden Bakterien und etwas Wasserstoffperoxid. Die Biotenside sind organische Substanzen mit waschmittelartigen Eigenschaften, die das Auflösen selbst hartnäckiger bakterieller Ablagerungen auf Werkstoffoberflächen (Rohrleitungen, Wärmetauscher) bewirken.  

Geringerer Wartungs- und Instandhaltungsaufwand 

„Unser zuerst entwickelte MOL®CLEAN-Verfahren erwies sich aufgrund der sehr geringen Wasserstoffperoxid-Konzentrationen als umweltfreundlich und korrosionsmindernd, was völlig im Gegensatz zu anderen bioziden Verfahren steht, die größere Mengen an Chlor, Hypochlorit und Chlordioxid oder energieintensive UV-Lampen einsetzen“, sagt Dr. Koppe.

Mitte 2006 fand die neue Technologie aus Sachsen-Anhalt durch Zusammenarbeit mit der Firma AquaMOL eine erste internationale Anwendung in einem petrochemischen Betrieb im mittleren Wolgagebiet. 

Biologische Rohrverstopfung beseitigt 

In den Rohranlagen zur Erdölförderung und Erdölverarbeitung kommt es nicht selten zu Wandablagerungen organischer Substanzen, die den Fluss des Erdöls behindern. Besonders gefürchtet sind sogenannte Biofilme, eine bakterielle Gemeinschaft, die besonders schwer zu zerstören ist. Mit dem MOL®CLEAN-Verfahren gelang es, die hartnäckigen Schleimschichten trotz eines geringeren Einsatzes chemischer Oxidantien abzulösen. MOL®CLEAN bewirkte neben positiven Umwelteffekten auch eine geringere Korrosionsrate in den Rohrleitungen. So zahlt sich das moderne Reinigungsverfahren der Forscher aus Sachsen-Anhalt durch geringeren Wartungs- und Instandhaltungsaufwand auch ökonomisch aus. 

Beim Einsatzgebiet in der petrochemischen Industrie sollte es nicht bleiben. Biofilme sind ein nahezu allgegenwärtiges Problem, z. B. auf Duschköpfen, in Standwasserleitungen und Klimaanlagen, auf medizinischen Implantaten und den dritten Zähnen.   

Erfolgreich angewendet werden MOL-Katalysatoren in Deutschland bislang unter anderem in Dutzenden Schwimmhallen, in den Klimaanlagen der der Druckhäuser und Rundfunkanstalten, in Museen und Theatern sowie in Kühlwasserkreisläufen von Kraftwerken, in Auto-Lackierstraßen, im Kühlsystem von Pharmaunternehmen sowie zur Sanierung des 16 Kilometer langen Abwasserkanals vom Klärwerk Ruhleben in den Teltowkanal. Innerhalb weniger Jahre ist die ökologisch-ökonomische Katalysator-Reinigungstechnologie zu einem Exportschlager aus Sachsen-Anhalt geworden. In fast als zwei Dutzend Ländern auf nahezu allen Kontinenten werden die MOL-Festkörper-Katalysatoren inzwischen vertrieben.

Optimierung für den Betrieb bei Tageslicht 

Bekanntlich ist aber nichts so gut, als dass es nicht noch besser gemacht werden kann. Durch Zufall wurde vor einigen Jahren durch einen Abiturienten, der jetzt Mitarbeiter der MOL Katalysatortechnik GmbH ist, entdeckt, dass ähnliche Wirkungen allein durch die Wechselwirkung Wasser, energiearmes sichtbares Licht und Reste toter Bakterien erzeugt werden können. Da hierfür weder Biozide noch lebende Bakterien benötigt werden, handelt es sich um ein biozidfreies Verfahren. Die neue Variante nennt sich MOL®LIK-Verfahren.  Dieses Verfahren kommt gänzlich ohne Zugabe von Bioziden/Oxidationsmittel oder energieaufwendiger UV-Lampen aus. Unerwünschte Nebenwirkungen für Mensch und Natur treten nicht auf. Das Tageslicht oder eine energiesparende LED-Beleuchtung reichen aus, wasserführende Rohrleitungen und Anlagen biofilmfrei zu halten. Im Vergleich zum Einsatz von UV-Lampen schlägt der deutlich geringe Energieaufwand (fünf Watt gegenüber 1000 Watt mit UV-Lampe) finanziell zu Buche. Im September 2014 wurde die MOL Katalysatortechnik GmbH mit dem Preis der Umweltallianz Sachsen-Anhalt ausgezeichnet. Die MOL Katalysatortechnik GmbH unterstützt die Hochschule Merseburg bei ihrer Bewerbung im Landeswettbewerb BESTFORM, indem die bestmögliche Zusammenarbeit von Kreativen mit Partnern anderer Wirtschaftsbranchen ausgezeichnet wird.

Neue Anwendungsmöglichkeiten im Blick 

Dr. Koppe wäre weder ein guter Wissenschaftler noch ein innovativer Geschäftsführer, würde er nicht längst über weitere Einsatzgebiete wie beispielsweise die zentralen Wasserversorgungen in Krankenhäusern, Sanatorien, Altenheimen, Hotels und Zahnarztpraxen nachdenken.  Ein nützlicher Beitrag zum globalen Umwelt- und Gesundheitsschutz könnte auch die Entkeimung des auf Hochseeschiffen mitgeführten Ballastwassers und die Trinkwasserreinigung in Entwicklungsländern sein. „Mitte Juli werden Vertreter eines indischen Unternehmens sich über die Technologie bei einem Deutschlandbesuch informieren“, so Dr. Koppe.  

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