Die DLG stärkt dem Nachwuchs in der Agrarbranche den Rücken

„Wir haben auf ganz unterschiedlichen Wegen zu unseren Berufswünschen gefunden. Die einen wollen in den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern einsteigen, ihn sicher einmal führen. Bei anderen ist aus dem Ferien-Praktikum in einem Agrarunternehmen ein Studienwunsch erwachsen. Einige interessieren sich besonders für die wissenschaftliche Seite von Ackerbau oder Viehzucht“, sagt Lisa Bahrenthien und dass sie sich vorstellen könne, in das Agrar-Management eines Unternehmens einzusteigen.

Die 21-jährige Hallenserin studiert an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo seit über 150 Jahren Agrar- und Ernährungswissenschaften gelehrt werden. In der Gegenwart allerdings ist das Ansehen der Landwirtschaft mehr denn je öffentlicher Kritik ausgesetzt. Schlagworte wie Antibiotika, Pestizide, Tierquälerei oder Genmanipulation kursieren in meinungsbildenden Medien. „Sehr oft unter negativem Tenor“, finden die Studierenden auf dem Agrarcampus in Halle an der Saale. Sie brennen für den Beruf, für den sie gerade studieren und registrieren gleichzeitig, dass sein öffentliches Image leidet.

Um dem landwirtschaftlichen Nachwuchs in seiner positiven Haltung zur Agrar- und Ernährungsbranche den Rücken zu stärken, fördert die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG „junge DLG“-Teams. Die arbeiten ehrenamtlich und setzen sich aus engagierten Studenten, Berufseinsteigern, Jungunternehmern und Wissenschaftlern im Alter bis zu 36 Jahren zusammen. Sie tauschen sich untereinander aus, agieren nach außen, holen sich Input aus der Praxis und entwickeln ihrerseits Ideen und Impulse.

Auch an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gibt es solch eine „junge DLG“. Sie besteht aus derzeit 20 aktiven „Netzwerk-Knüpfern“, die sich in Diskussionsrunden treffen und auf Messen weiterbilden, die Betriebsbesichtigungen organisieren, Fachvorträge, Podiumsdiskussionen und Exkursionen veranstalten. „Wir lernen dabei, uns fachlich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen und üben uns gleichzeitig im öffentlichen Auftreten“, sagt Lisa Bahrenthien. Sie ist etwas aufgeregt kurz vor Beginn der großen Informations-Veranstaltung. Diesen jährlichen Höhepunkt seiner Arbeit hat das „junge DLG“-Team eigenständig konzipiert und organisiert.

„Zwischen Realität und Märchen – die Lebensmittelproduktion in der öffentlichen Kritik“, heißt das Thema. Eingeladen sind Studenten, regionale Betriebe aus der Branche, der Freundeskreis der Uni, auch die interessierte Bevölkerung. Der Hörsaal im Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften ist voll besetzt – von Studierenden, jungen Eltern mit Säugling bis zu Senioren interessiert man sich für die hintergründige Beleuchtung des Themas an genau diesem Ort, wo Kompetenz erwartet wird.

Der landwirtschaftliche Nachwuchs von heute und morgen hat die brennende Frage, wie es gelingen kann, wieder ein positives Image für seinen Beruf, für seinen Betrieb aufzubauen, beziehungsweise wie man sich in die sehr emotional geführten Debatten sachlich und überzeugend einbringen kann. Das Hallenser „junge DLG“-Team hat Referenten gesucht und gefunden, die Antworten geben. Die junge Landwirtsfamilie Henke zum Beispiel. Die „Ferkelerzeuger aus Überzeugung“ führen einen Großbetrieb im niedersächsischen Bruchhausen-Vilsen und verkaufen ihre Tiere innerhalb ihrer Region, um ihnen lange Transportwege zu ersparen. „Wir haben uns entschlossen, auf die aktuellen Ereignisse nicht nur zu reagieren, sondern selber zu agieren“, sagt die Tierärztin Nadine Henke. Sie und ihr Mann verkörpern eine junge Generation von Landwirten mit weniger Berührungsängsten zu den neuen Medien. Ihr Schweinebetrieb hat eine Seite auf Facebook und öffnet seine Stalltüren nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für Funk und Fernsehen. Damit stellen sie sich bewusst der Herausforderung, mit Verbrauchern und Kritikern zu kommunizieren. „So können wir uns erklären, auf Meinungen oder Vorkommnisse direkt eingehen“, sagt Nadine Henke und will anhand ihrer überwiegend positiven Erfahrungen die angehenden Berufskollegen ermutigen, keine Scheu vor dem Schritt in die Öffentlichkeit zu haben.

Ein junges Unternehmen aus Sachsen-Anhalt ist die vor einem Jahr gegründete „Wittenberg Gemüse“ GmbH. „Nach so kurzer Zeit hat man noch keinen bekannten Namen auf dem Markt“, sagt Verkaufsleiter Kevin van IJpaeren. Er macht den Weg der Tomaten aus den Gewächshäusern von Wittenberg bis in den Einkaufskorb des Verbrauchers öffentlich – und nutzt ebenso die neuen Medien. Sein unternehmerischer Rat: „Man muss die Stärken hervorheben, die den Kunden überzeugen.“ Die Tomaten in den Wittenberger Gewächshäusern reifen unter Tageslicht, sie nutzen für ihr Wachstum das Kohlendioxid und die Wärme aus dem nahen Stickstoffwerk Piesteritz. Hummeln sorgen für die Bestäubung und Insekten für die Schädlingsbekämpfung. Und: Die Tomaten werden reif geerntet. „Regionalität, Reinheit und Frische“, weiß IJpaeren aus Verbraucherbefragungen, „sind wichtige Verkaufsargumente.“

Die Studenten ärgern sich darüber, dass Debatten über Lebensmittelgesundheit oft unsachlich geführt werden. Und sie wissen: Mit derart Kampagnen werden sie früher oder später auch selbst in Berührung kommen. Das „junge DLG“-Team hat einen Qualitäts-Experten der Südzucker AG eingeladen. Denn am Beispiel des Zuckers lasse sich am besten zeigen, dass ein Lebensmittel unter Umständen erst durch die Verzehrgewohnheiten der Verbraucher in Verruf kommt. Thorsten Bruß bestätigt: „Die Reinheit des Zuckers beträgt mindestens 99,7 Prozent.“ Er sieht in einem guten Risikomanagement der Wertschöpfungskette vom Feld bis in die Zuckertüte eine hohe Beweiskraft wenn es darum geht, überzeugende Argumente pro Lebensmittel zu finden. Belegbar ist: „Dass Zucker krank machen kann, liegt nicht in der Verantwortung der Rübenanbauer oder der Zuckerindustrie, sondern der Konsumenten“, sagt Bruß.

Viele Fragen, etliche Meinungsäußerungen, gewonnene Einsichten – das „junge DLG“-Team ist erfreut über die positive Resonanz auf seine Veranstaltung. „Und dass Tomaten nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden sollten, habe ich auch noch nicht gewusst“, Lisa lacht.

Autorin: Kathrain Graubaum (Text/Foto) im Auftrag der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt

BU: Mitglieder des „junge DLG“-Teams in Halle sind Vroni Hentschel, Kevin Ködel, Florian Eißner, Laura Grütter, Thomas Döbelt, Lisa Bahrenthien (v.l.).

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