Romy Harnapp, Inhaberin der BlecTec GmbH in Jessen, ist „Unternehmerin des Jahres“

An der Toreinfahrt zur „Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH“ leuchtet derzeit ein stählerner Riesen-Schwibbogen. Die Einfälle zu solchen eher werksfremden Produkten hat die BlecTec-Chefin während ihrer langen Autofahrten vom Dörfchen Linda hinaus in die Welt. Etliche Kilometer kommen unter die Räder, wenn Romy Harnapp vom Fläming aus Kundenkontakte knüpft und deutschlandweit mit der fachlichen Kompetenz ihres Unternehmens überzeugt. Behälter für den Heizungsbau und Teile für den Maschinen- und Anlagenbau werden bei „BlecTec“ auf hohem technologischem Niveau gefertigt. Und auch, was die Unternehmenskultur betrifft, hat die 37-jährige Firmeninhaberin einige Achtungszeichen gesetzt. Kürzlich wurde sie dafür als Sachsen-Anhalts Unternehmerin des Jahres 2012 geehrt.

Im Produktionsrundgang vorbei an silbrig blinkenden Dinosauriern: „BlecTec“ könne nicht nur kraftvoll und präzise, sondern auch kunstvoll und filigran, meint die Chefin schmunzelnd. Ebenso überrascht ist der (Erst)Besucher ob der ländlichen Idylle mit freiem Blick über Feld und Wiesen. „Hinten auf der Koppel weiden oft Kühe“, sagt Romy Harnapp. Das Blech- und Technologiezentrum in Linda, einem Ortsteil von Jessen, und macht das Beste aus seiner abgeschiedenen Lage; baut zum Beispiel ein Stück Straße aus und einen eigenen Fuhrpark auf. „Ich bin einer der größten Arbeitgeber der Region“, betont Romy Harnapp und dass sie sich damit auch verpflichtet fühlt all den Familien gegenüber, deren Wohl maßgeblich von diesem Betrieb abhängt.

Wenn die „BlecTec“-Chefin ihren Betrieb auch mal „Blechbude“ nennt, liegt Anerkennung in ihrem Tonfall aus dem Wissen heraus, dass aus dem Kind ja etwas Ordentliches geworden ist. „BlecTec“ hat seine Kunden in der Region wie auch deutschlandweit. Die lassen für ihre Heizungsbehälter, Maschinen und Anlagen ganze Baugruppen in Linda fertigen. „Die Kunden entwickeln, wir setzen ihre Pläne um“, erklärt Romy Harnapp.

Stolz präsentiert sie ihre neueste Anschaffung im Wert von über einer Million Euro: Die Laseranlage mit einem Arbeitsbereich von acht mal zwei Metern kann Stahlbleche von einer Stärke bis zu 25 Millimeter schneiden. Mit ihr ist „BlecTec“ auf höchstem technologischen Niveau weit und breit.

„Aber nicht nur Schnelligkeit, auch ein breites Leistungsspektrum spielt eine große Rolle“, hatte die Firmenchefin immer wieder aus Kundengesprächen herausgehört. Sie entwickelte Angebote mit „Fertigungstiefe“: Lasern, Stanzen, Nibbeln, Kanten, Walzen, Schleifen, Strahlen – ihre „BlecTec“-Mitarbeiter sind in allem Experten. Die voraus denkende Firmenchefin hatte die schwächelnde Auftragslage zur Zeit der Finanzkrise genutzt und ihre Belegschaft gut ausbilden lassen. „Für solchen Fall war doch das Geld gedacht, das ich in guten Zeiten zurück gelegt hatte“, sagt sie wie selbstverständlich.

Der Altersdurchschnitt ihrer Belegschaft liegt bei 34 Jahren. Das lässt aufhorchen. „BlecTec“ hat keine Probleme mit dem Fachkräftenachwuchs. Den bildet sie größtenteils selber aus. Und: BlecTec hat sich einen Namen gemacht als „familienfreundlicher Betrieb“. Anfangs wurde Romy Harnapp von vielen belächelt, als sie für ihren Betrieb mit über 80 Prozent männlicher Belegschaft dieses Zertifikat haben wollte.

„Ich will meinen Angestellten bieten, was mein Mann und ich mit kleinen Kindern als sehr wichtig empfanden“, sagt die Unternehmerin und stellt die berechtigte Frage, warum familienfreundliche Arbeitsbedingungen nur in Frauenbetrieben gelten sollen. Männer würden sich heutzutage ebenso engagiert in die Kinderbetreuung und -erziehung einbringen.

Romy Harnapp weiß aus eigenem Erleben, worauf es ankommt. Als „Ur-Sächsin“ kam sie aus einem Örtchen bei Dresden mit ihrem Mann, Fluglotse bei der Bundeswehr, hierher in die Gegend, wo sie weit und breit niemanden kannte. Bis dato Steuerfachangestellte in einem Steuerbüro machte sie sich hier 2001 selbständig. Bei der „Preuß Werkzeugbau GmbH“ bekam sie alles zu tun, was mit Papierkram und Geld zusammenhing. Und war, wie sie sagt, nahe dran am Aufbau des kleinen Handwerksbetriebes. Aber noch ohne soziales Netzwerk im Hintergrund musste sie ihre wenige Monate alte Tochter immer mitbringen in die Firma – und hatte dort einen verständnisvollen Chef.

Inzwischen, nun selbst Arbeitgeberin, unterhält Romy Harnapp Kontakte zu Tagesmüttern und städtischen Kindertagesstätten im Umland, damit Betreuung und Versorgung ihres Mitarbeiter-Nachwuchses gesichert sind. Auch in Sachen Wohnungsbau und Jobvermittlung knüpft sie entsprechende Verbindungen, um einen Arbeitsplatz bei „BlecTec“ für junge Fachkräfte und deren Partner attraktiv zu machen.

Aus der „Preuß Werkzeugbau GmbH“ ist die „Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH“ geworden. Noch sehr gut kann sich Romy Harnapp an die Weihnachtstage 2005 erinnern. Bis Jahresende musste sie sich entscheiden, ob sie für drei Millionen Euro den Betrieb kauft, in dem sie inzwischen die kaufmännische Geschäftsführerin war. Sie hatte als nicht mal 30-Jährige eine weitreichende Entscheidung über die eigene Zukunft zu treffen, wie auch über Sein oder Nichtsein eines Arbeitgeberbetriebes für damals 35 Leute.

Ihren Entschluss fällte sie im Team mit zwei vertrauten Kollegen, die ihr seitdem als Prokurist und als Verkaufschef beratend zur Seite stehen. Inzwischen ist die Belegschaft auf 97 Mitarbeiter angewachsen. Jeweils verdoppelt haben sich seitdem der Umsatz auf 8,6 Millionen Euro und die Produktionsfläche auf 7000 Quadratmeter.

Von Stress oder Hektik ist hier nichts zu spüren. Überhaupt ist Romy Harnapp bestrebt, gesundheitsfördernde Faktoren zu stärken. Dass sie eine Betriebsküche und eine gemütliche Kantine eingerichtet hat, ist Ausdruck ihrer Wertschätzung der Belegschaft gegenüber. „Meine Firma wäre doch nichts ohne jeden einzelnen meiner Mitarbeiter“, weiß die Chefin. Dementsprechend achtungsvoll begegnet sie ihren Leuten.

Auf dem Weg in eine neue Unternehmenskultur hat sich der Lindaer Betrieb weit voran bewegt. Im kommenden Jahr steht das betriebliche Gesundheitsmanagement auf der Agenda von Romy Harnapp. Noch weiter voraus gedacht landet die Firmenchefin in einer Zeit, wo mehr und mehr die Sorge um die pflegebedürftigen Eltern zum Problem für ihre „Mannen“ im Drei-Schicht-System wird. Darauf will sie mit klugen Arbeitszeitmodellen vorbereitet sein.

„Am liebsten möchte ich für alle Eventualitäten des Lebens vorsorgen“, sagt Romy Harnapp über sich. Na ja, positive Überraschungen sind genehmigt. Zum Beispiel die, als Sachsen-Anhalts Unternehmerin des Jahres 2012 gekürt zu werden.


Autorin/Foto: Kathrain Graubaum

Kontakt:

Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH
Geschäftsführerin Romy Harnapp
Stolzenhainer Str.3
06917 Jessen OT Linda
Tel.: +49 35384 219412
Web: 
www.blectec-linda.de

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