Isolierglasscheiben aus Zerbst steigern Energieeffizienz in Gebäuden

In Zerbst findet tagtäglich ein kleiner, aber wichtiger Teil der Energiewende statt. Dabei werden hier in der Niederlassung der Semcoglas GmbH weder Windkraftanlagen noch Solarmodule gefertigt, sondern lediglich Isolierglasscheiben. Doch die haben es in sich: Moderne Glasflächen mit Dreifachverglasung erreichen heute problemlos Wärmedurchgangswerte von 0,7 Watt pro Quadratmeter. Spitzenprodukte von Semcoglas, die mit dem allerdings sehr teuren Edelgas Krypton als Isolator gefüllt sind, bringen es sogar auf Rekordwerte von 0,5. Das ist weit weniger Wärmeverlust als die Außenwand eines durchschnittlichen Einfamilienhauses aufweist, wie es der typische deutsche Häuslebauer vor 20 Jahren errichtet hat.

Matthias Schmidt, Niederlassungsleiter in Zerbst, ist stolz auf diese Entwicklung. „Vor drei Jahren waren solche Scheiben fast gar nicht am Markt, heute machen die Dreifachverglasungen bereits fast 40 Prozent unserer Produktion aus“, sagt er. Und auch die Isolierglasscheiben der einfacheren Bauart, die noch immer aus Kostengründen nachgefragt werden, bringen dank einer effektiven Beschichtung deutlich bessere Werte als Scheiben, die vor zwei Jahrzehnten hergestellt wurden.
Rund ein Drittel des gesamten Energiebedarfes muss in Deutschland nach Zahlen des Bundesumweltamtes für die Gebäudeheizung aufgewendet werden – und gerade Fensterflächen gelten dabei sehr häufig als energetische Schwachpunkte. „Man sieht das besonders deutlich, wenn in der kalten Jahreszeit eine Thermografie des Gebäudes gemacht wird, dann zeigen die Scheiben der Fenster an beheizten Räumen häufig leuchtend rote Farben, während die Außenwände mit bläulicher Farbe bessere Werte bringen“, sagt Schmitt. Bei einer energetischen Sanierung sollte daher, so der Fachmann, mit einem Fachmann zusammen genau kalkuliert werden, ob der Austausch älterer Fenster lohnt.

Für Semcoglas bringt der Trend zum Energiesparen - sowie neue Gestaltungsmöglichkeiten der Architekten mit Glas - eine ausgezeichnete Geschäftsentwicklung. 1.450 Mitarbeiter beschäftigt die Gruppe inzwischen an ihren mehr als 20 Standorten, der Umsatz von knapp 200 Millionen Euro wird auch im laufenden Jahr weiter steigen. Ein erheblicher Teil der erwirtschafteten Mittel werden jährlich investiert, so erhält Zerbst im nächsten Jahr eine neue Fertigungslinie mit wesentlich mehr Kapazität und höherer Produktivität. Damit wird es möglich sein, die Aufträge der etwa 250 Kunden im Umkreis von bis zu 100 Kilometer noch schneller zu bedienen. „Erwartet wird heute von den Fenster- und Fassadenbauern, dass wir eilige Aufträge innerhalb von zwei Tagen erledigt und ausgeliefert haben“, sagt Schmidt. Dabei gibt es praktisch keine Serienware: Jede Bestellung wird einzeln nach den vorgegebenen Maßen individuell abgearbeitet. Auch sei die Preissensibilität am Markt enorm hoch, besonders bei dem Dreischeiben-Wärmeschutzglas: „Wir haben in der Fertigung dort einen wesentlich höheren Aufwand, doch der Kunde ist nur bereit, einen geringen Aufpreis zu zahlen“, berichtet Schmitt. Dem müsse man sich mit immer leistungsfähigeren Maschinen stellen, ebenso wie den immer höheren Qualitätsansprüchen.

Für die kontinuierliche Qualität ist die erste Voraussetzung das zugelieferte Flachglas, das für die Semcoglas-Gruppe komplett aus dem Floatglaswerk der Euroglas AG in Osterweddingen bei Magdeburg bezogen wird, an dem Semcoglas unternehmerisch beteiligt ist. „Wir haben damit nicht nur kurze und schnelle Lieferwege, wir haben auch immer eine gleichbleibende hohe Qualität, die wir in der Scheibenfertigung natürlich durch den vollautomatischen Zuschnitt und mehrere eigene Prüfungen der Scheiben auf Einschlüsse und andere Fehler sichern“, so der Niederlassungsleiter.

Glas als Baustoff hat noch eine große Zukunft vor sich, zumal auch viele andere Nachteile inzwischen der Vergangenheit angehören. So lässt sich durch Beschichtungen eine ausgezeichnete Wärmereflexion erzeugen, die den häufig bei älteren Dach- und Fassaden-verglasungen befürchteten Treibhauseffekt vermeidet, wie etwa ein Referenzobjekt eines Architektenhauses zeigt, das trotz großzügiger Verglasung ohne zusätzliche Klimatechnik auskommt. Darüber hinaus liefert Semcoglas auch Verbundsicherheitsgläser, Schallschutzscheiben, ornamentiertes Glas oder gebogene Scheiben. Auch Bauelemente im Inneren werden immer häufiger durch Glas erobert, dieses schien vor kurzem noch undenkbar. Der letzte architektonische Schrei etwa sind Treppenstufen auf Glas mit einer kratzfesten Oberfläche. „Wir können das natürlich nicht alles in einer Niederlassung mit 80 Kollegen machen, aber im Verbund der Gruppe ist praktisch jedes Bauteil aus Glas lieferbar“, versichert Mathias Schmidt.

Ob künftig bei Glas noch weitere große energetische Einsparpotenziale freizusetzen sind, hängt allerdings nicht zuletzt von den Preisentwicklungen für Energie und Rohstoffe ab, doch gibt es auch konstruktive Schranken. „Theoretisch könnten wir natürlich noch eine vierte Scheibe einbauen und einen Wärmewert von 0,3 oder weniger erreichen“, sagt Schmidt. Doch abgesehen vom Preis steigt damit auch das Gewicht der fertigen Fenster an, was vor allem bei großformatigen Fenstern der Transport und vor allem den Einbau erschwert.


Autor: Manfred Schulze
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