Heraeus Bitterfeld produziert Hohlzylinder aus hochreinem Quarzglas

 

Jede Minute wird auf YouTube eine Stunde Videomaterial hochgeladen. Pro Tag veröffentlichen Nutzer rund um den Globus 340 Millionen Posts auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Nur zwei aus einem Meer an Kennziffern, die zeigen: Das Datenvolumen im Internet ist gigantisch, und es steigt rasant. Nur extrem leistungsfähige Netze können die Aufgabe stemmen, auch in Zukunft für stabile Verbindungen und einen zuverlässigen Datenverkehr zu sorgen. Gut, dass es den Technologiekonzern Heraeus gibt, der in Sachsen-Anhalt hochreines Quarzglas herstellt: das Vorprodukt für Glasfasern. Bereits 1991 legte Heraeus in Bitterfeld den Grundstein für einen Betrieb, der 1992 erstmals seine Werktore öffnete. Das Unternehmen mit seinem Stammsitz in Hanau galt damals als einer der Pioniere, die sich der Industrieregion mit ihren Umweltschäden, den von Insolvenzen gebeutelten Firmen und der veralteten Infrastruktur stellten. Seit Aufnahme der Massenproduktion von Hohlzylindern aus synthetischem Quarzglas produzierte Heraeus am Standort 18.000 Tonnen Glas und entwickelte sich zu einem der größten Arbeitgeber der Region. Heute arbeiten hier auf einer Fläche von 400.000 Quadratmetern rund 400 Beschäftige. Aus jedem der drei Meter langen und über 200 Kilogramm schweren Hohlzylinder ziehen die Abnehmer bis zu 7000 Kilometer Glasfaser, ohne die Vorform wechseln zu müssen, erklärt Standortleiter Christian Nasarow. Bisher seien so aus Bitterfelder Quarzglas über 500 Millionen Kilometer Glasfasern für die Telekommunikation entstanden. "Dies entspricht annähernd der dreieinhalbfachen Entfernung von der Erde zur Sonne." Oder plastischer: Diese Fasern könnten mehr als 12.000 Mal um den Äquator gewickelt werden. Und jede Sekunde kommen 3 Kilometer Faser hinzu. Das synthetische Quarzglas der Bitterfelder bildet den schützenden Mantel der Lichtleitfasern. 95 Prozent der hauchzarten Glasstränge bestehen aus diesem Material. Ihr Kern, der später das Lichtsignal leitet, muss von den Herstellern erst in den Hohlzylinder eingefügt werden. Er verschmilzt bei rund 2000 Grad direkt beim Ziehen der Faser mit dem Glaskörper. So entsteht mit bis zu 120 km/h Ziehgeschwindigkeit eine Glasfaser, die ein Zehntel Millimeter im Durchmesser misst. Das entspricht nur etwa dem Doppelten eines Haares. Klein also, aber oho: In jeder Faser lassen sich pro Sekunde mehrere Terabit an Daten übertragen. Tausende Anschlüsse hätten damit theoretisch eine extrem schnelle Internetverbindung. Zudem enthält ein einziges Kabel bis zu 1000 solcher Glasfasern. Weil sich diese Kabel aber nur schlecht biegen lassen, konnten sie jahrelang nicht bis zu Endkunden verlegt werden. Weil sie dort in der Regel mechanisch beansprucht werden: Wer ist zu Hause oder im Büro noch nicht über das Netzkabel gestolpert. Deshalb bestehen die Endkundenkabel fast ausschließlich aus Kupfer, die erst außerdem der Häuser in Verteilern an das Glasfasernetz angeschlossen wurden. Doch das "Fibre to the home" (FTTH) blieb und bleibt das Ziel der Telekommunikationsbranche – eben weil der Bedarf an Übertragungskapazität etwa durch Cloud-Computing oder Video on Demand massiv steigt. Hier profitierten die Bitterfelder Experten von der Heraeus-Firmenstrategie, ständig die eigenen Produkte zu optimieren. Sie entwickelten 2010 eine biegeunempfindliche Faser, die nicht mehr nur im kleinen Stil und damit teuer, sondern in effizienter Massenproduktion hergestellt werden konnte. Damit behauptete Heraeus endgültig seinen technologischen Vorsprung. Heute bezeichnet sich der Konzern selbst als weltgrößten Hersteller von synthetischem Quarzglas und produziert an insgesamt 22 Standorten in Europa, den USA und Asien. Das Material werde in einem Viertel der weltweit hergestellten Glasfasern verarbeitet, stellt Christian Nasarow klar. Der 50-Jährige zeigt sich mit dem Chemiepark Bitterfeld-Wolfen als Standort (Verlinkung auf www.investieren-in-sachsen-anhalt.de/standorte? ) "sehr zufrieden". Er lobt die Betreuung durch die Behörden, die optimale Verkehrsanbindung und die guten Expansionsmöglichkeiten für Produktion und Verwaltung. Und: Des einen Leid ist des anderen Freud. "Bedingt durch den Niedergang der Solarindustrie in Sachsen-Anhalt gibt es zur Zeit eine außerordentlich gute Auswahl an hoch qualifizierten Fachkräften in direkter Umgebung von Heraeus." Konkret wechselten kürzlich zwei Auszubildende in ihrem dritten Lehrjahr vom insolventen Solarzellen-Hersteller Sovello zu Heraeus. Der Quarzglasproduzent hat allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken – vorausgesetzt, Deutschland setzt weiterhin auf den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze via Glasfaser anstelle der herkömmlichen Kupferkabel. In Deutschland verfügt nach einer Studie des Fibre-to-the-home-Councils, einer europäischen Lobby-Organisation, weniger als ein Prozent aller Breitband-Internet-Nutzer über einen direkten Glasfaser-Netzzugang. Japaner, Norweger und Südkoreaner stünden deutlich besser da, heißt es weiter.Heraeus Bitterfeld hat sich für die Zukunft gerüstet: Dank einer Kapazitätserweiterung des Werks II hält das Unternehmen auch im 21. Jahr seines Bestehens Schritt mit den wachsenden Anforderungen des Marktes. Autorin/ Fotografin: Kathrin WöhlerKontakt:Dr. Jörg Wetterau (Leiter Technologiepresse & Innovation)Heraeus Holding GmbHKonzernkommunikationHeraeusstraße 12 - 1463450 HanauTel.: + 49 6181 355706Fax: + 49 6181 354242Web: www.heraeus.com

 

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