MediGlove: Im Handumdrehen zur Diagnose
BESTFORM-Gewinner zeigen auf der HANNOVER MESSE den neuen Prototypen ihres medizinischen Handschuhs
Diagnostiktool, Zauberhandschuh, Instrument zum Handauflegen – der „MediGlove“ hatte in den Medien bereits viele Namen – und alle sind irgendwie richtig. Mit dem medizinischen Handschuh, der Pulsmesser, Stethoskop und Thermometer kombiniert, haben zwei Absolventen des Studienganges „Integriertes Design“ der Hochschule Anhalt ins Schwarze getroffen. Vorigen Sommer gewannen sie den ersten Preis beim Landeswettbewerb BESTFORM. Damit kam alles ins Rollen. Auf der Hannover Messe 2016 zeigen Philipp Rösler und Thomas Kores nun erstmals ihren interaktiven Prototypen der neusten Generation.
Das Interesse am Handschuh, der so viel können soll, ist groß. Im Juli 2015 erhalten die beiden Designer für ihren „MediGlove“ den ersten Preis des BESTFORM-Awards für kreative Ideen. Zum ersten Mal machen sie ihr Projekt öffentlich. Ein Volltreffer. Branchen-Experten, Fachpresse, Online-Redaktionen, Tageszeitungen, Radiosender möchten wissen, was es mit dem Handschuh auf sich hat. „Wir sind überrollt worden“, sagt Philipp Rösler. „Aber wir haben auch gemerkt, dass wir unbedingt daran weiter arbeiten müssen.“
Hervorgegangen ist der „MediGlove“ aus einem kleinen Praxisseminar des Fachbereiches Design der Hochschule Anhalt in Dessau. Die beiden angehenden Designer entwickeln damals einen medizinischen Diagnostik-Handschuh, mit dem Arztbesuche bald anders ablaufen könnten: Stressfreier. Einfach durch Handauflegen, das Methode hat. Das Duo vereint die Funktionen verschiedener medizinischer Geräte in einen Handschuh. Pulsmesser, Stethoskop und Thermometer könnten in Form von Sensoren eingebaut werden, denken sie sich. Die Idee dahinter: So kann der Arzt bei Untersuchungen durch Gesten und Berührungen direkten Kontakt zu den Patienten herstellen und ganz nebenbei die Vitaldaten erheben. „Der MediGlove hat dabei ganz unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten. Besonders interessant könnte der Glove für Krankenschwestern und mobiles Pflegepersonal sein. Patienten mit besonderen Bedürfnissen wie Kinder, alte oder behinderte Menschen wird so eine stressfreiere Untersuchungssituation ermöglicht“, meint Philipp Rösler. Der MediGlove ist da ein cooles Teil, das sich wie ein Zauberhandschuh in der Diagnostik einbinden lässt.“
Mehrere Monate tüfteln sie und überlegen, wie sich handelsübliche Technik sinnvoll einsetzen ließe. Sie sagen: „Der Clou ist, dass wir über natürliche Gesten arbeiten und alle gesammelten Daten in einen Kontext zueinander gesetzt werden können. Das wird durch ein digitales Patientenblatt und einen intelligenten Cloudservice möglich, der in unserem Konzept vorgesehen ist und aktuell von verschiedenen Dienstleistern entwickelt wird. Das verringert nicht nur den Verwaltungsaufwand der Ärzte erheblich, sondern ermöglicht außerdem ein besseres Verständnis der Vitaldaten.“ Die Jury des Landeswettbewerbes BESTFORM überzeugt diese Herangehensweise. Sie vergibt an die Studenten und das Stuttgarter Partner-Unternehmen „mm1 Consulting & Management“ den ersten Preis. Beeindruckt sind die Juroren vor allem von der „humanen Art der Untersuchung“ und loben „die Technologie, die es ermögliche, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren“.
Das studentische Projekt befindet sich zu dieser Zeit in einer Phase der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Den gebürtigen Hallenser Thomas Kores und den Leipziger Philipp Rösler lässt jedoch der Gedanke nicht los, aus ihrer Idee ein marktreifes Produkt zu machen. Sie werden nicht müde, ihr Projekt vorzustellen, sich mit Medizinern auszutauschen, nach Antworten und kompetenten Partnern für ihren „MediGlove“ zu suchen. Schon während des Studiums gründen sie ein Startup-Unternehmen in Dessau, erhalten auch später auf ihrem Weg die Unterstützung von Professoren und Mitarbeitern ihrer ehemaligen Hochschule – und erweitern somit stetig ihr transdisziplinäres Team.
Das BESTFORM-Preisgeld fließt direkt zurück ins Projekt. Die 10.000 Euro investieren Philipp Rösler und Thomas Kores in neue Technik und den Bau des Prototypen. „Ohne BESTFORM wäre nichts so, wie es jetzt ist“, meinen die Designer. „Das Geld war wichtig, und wir hatten auch unglaublich viel Publicity.“ Zum Forschen bleibt zwischendurch manchmal wenig Zeit. „Aber still ins Kämmerlein zurückziehen, gilt eben nicht, es ist wichtig zu kommunizieren, was wir tun“, sagt Thomas Kores. „Ohne Aufmerksamkeit und Netzwerke läuft gar nichts.“
Wenn sie selbst eine Prognose für die Zukunft stellen sollen, dann nennen sie diese: „Wir möchten unser Projekt MediGlove weiter vorantreiben und damit unser Ziel erreichen, eine humanere Untersuchungssituation für jedermann zu ermöglichen.“ Bei der Hannover Messe zeigen die beiden Jung-Unternehmer in Kooperation mit der Hochschule Anhalt jetzt ihren neuen, interaktiven Prototypen des „Zauberhandschuhs“.
Autorin: Manuela Bock
Bild: mediglove