Fehler erkennen lange vor dem Schaden

Das IT-Unternehmen IM&P aus Halle entwickelt innovative Softwarelösungen für die Wartung von Maschinen 

Windenergieanlagen werden bereits heute  überwiegend  permanent von Sensoren überwacht. Solche Sensoren messen bspw. den Maschinenschall, der  von der laufenden Anlage erzeugt wird. Diese Schallwellen sind charakteristisch für jede einzelne Anlage und verraten, wie der technische Zustand ihrer einzelnen Komponenten ist. Wenn eine festgelegte Toleranz überschritten ist, muss die Anlage gewartet oder im ungünstigsten Fall abgeschaltet werden. Ganz unabhängig davon, ob vielleicht der Zeitpunkt ungünstig ist, weil die wochenlange Stilllegung beispielsweise genau während der windintensiven Tage im Frühjahr oder Herbst stattfindet. Die gängige Wartungsstrategie, die auf einer aktuellen Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen basiert, hat also Nachteile. Die Lösung ist die „vorausschauende Wartung“, die sogenannte Predictive Maintenance. Sie ist heute ein Schlüsselbegriff der Industry 4.0.

Und ein junges IT-Unternehmen aus Sachsen-Anhalt ist ein Vorreiter auf diesem Gebiet: Die Indalyz Monitoring & Prognostics (IM&P) GmbH aus Halle entwickelt vorausschauende softwarebasierte Wartungsstrategien für einzelne Maschinen, komplexe Anlagen und Maschinen-Cluster. Lange also, bevor der kritische Maschinenzustand eintritt, werden durch künstlich-intelligente Algorithmen entstehende Fehlfunktionen frühzeitig erkannt. Der Betreiber kann so Service, Material und Personal optimal organisieren, as wiederum die Betriebskosten verringert. 

„Unsere Software kann den Verschleiß technischer Anlagen prognostizieren. Momentan können wir für den Zeitraum eines halben Jahres vorhersagen, ob etwa ein Bauteil einer Windparkanlage ausgetauscht werden muss“, sagt Professor Michael Schulz von der IM&P. Der Physiker hat viele Jahre zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) geforscht und seine Predictive Maintenance Software-Solution an der Universität Ulm und der TU Chemnitz bis zur Marktreife entwickelt. Das IM&P-Programm nutzt erstmals die künstliche Intelligenz für die Wartungsprognosen von Maschinen. Bisher war dies nur in der Raumfahrt oder der Militärtechnik üblich. „Unsere Prognose-Software basiert auf selbstlernenden, künstlich-intelligenten Kernalgorithmen, die ihrerseits mit verschiedenen intelligenten Filtern und projektiven Methoden kombiniert sind. Permanent werden die historischen und die aktuellen Sensordaten mit ingenieurtechnischen und herstellerspezifischen Parametern abgeglichen und mit weiteren relevanten Informationen wie den klimatischen Bedingungen am Standort ergänzt. „Das Prognose-System trainiert sich dabei selbst. In dieser Komplexität gab es das noch nicht“, sagt Professor Michael Schulz. Andere Prognose-Verfahren basieren vor allem auf der Auswertung von Statistiken und durch langjährige Erfahrung gewonnene Erkenntnisse.

Künstliche Intelligenz für das Wartungsmanagement von Maschinen einzusetzen, ist neu. Erst seit Oktober 2015 gibt es den Start-up IM&P von Michael Schulz im Technologie- und Gründerzentrum (TGZ) am Weinberg Campus in Halle (Saale). „Das TGZ mit seiner ausgeprägten Infrastruktur und der Universität als Partner ist für uns ein idealer Standort“, sagt Schulz. Alle bisher fünf Mitarbeiter seien aus der Universität gekommen. Zudem sei Sachsen-Anhalt in Deutschland strategisch günstig gelegen, gerade für einen Wartungssoftware-Anbieter für Windenergieanlagen wie die IM&P. Denn die junge Firma setzt als erstes großes Anwendungsgebiet ihres Produktes auf Windenergie. In einer dreijährigen Observation und Prognose des technologischen Zustands hat die IM&P die Daten von 1,5 Millionen Messzeitreihen von 650 Windkraftanlagen analysiert. „Knapp 95 Prozent unserer prognostizierten Verschleißmeldungen haben sich in der Praxis als zutreffend erwiesen“, sagt Michael Schulz. Lediglich 0,5 Prozent der aufgetretenen Komponentenfehlfunktionen habe das System nicht angezeigt und in den restlichen 4,5 Prozent war das System übervorsichtig und empfahl eine Reparatur.

Die Prognose-Software ist, individuell angepasst, aber in vielen weiteren Bereichen anwendbar. Unter anderem für Kraftwerke, Schienenfahrzeuge wie Güterwaggons, Motoren und Sonderfahrzeuge. Darüber hinaus gibt es für den Einsatz der Prognose-Software aus Halle in kleinen und mittleren Wasserkraftwerken sowie für Pump- und Rohrleitungssysteme der Erdgas- und Erdölindustrie - etwa bei der Überwachung entstehender Lecks -  bereits Projektskizzen.

Autor: Michael Falgowski
Bild: INDALYZ MONITORING & PROGNOSTISCS (IM&P) GmbH

vorheriger Beitrag nächster Beitrag