Industrial Converting Solution - die I.C.S. GmbH macht Vliesstoffe smart
Intelligente Vliesstoffe für die Nahrungsmittelindustrie, den Bau, die Kosmetik und als Nothelfer gegen Umweltschäden
Vliesstoffe sind Multitalente. Ein Unternehmen aus dem deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt hat sich auf die Fahnen geschrieben, die Hyper-Eigenschaften aus diesen smarten Materialien herauszukitzeln: Die I.C.S. GmbH hat aus dem hochintelligenten Material einen Öl-Absorber entwickelt, der es schafft, binnen kürzester Zeit das 17-fache seines Eigengewichts aufzusaugen. Wenn bei Unfällen Benzin, Diesel oder Öl austreten, können Straßen und Gewässer auf diese Weise schnell und effizient gereinigt werden. Das Vlies wirkt wie ein Magnet. Doch die Sachsen-Anhalter können mit ihren Vliesen noch mehr kleine Wunder vollbringen.
Die Smart-Macher – Upgrade für Vliesstoffe
Wenn man Claus Fochler fragt, warum sein Herz ausgerechnet für Vliesstoffe schlägt, gerät er ins Schwärmen. „Das Material ist unheimlich vielseitig. Ich arbeite jetzt seit 28 Jahren mit Vliesen und stoße immer noch auf Anwendungen, die ich noch nicht kannte. Das wird einfach nie langweilig.“ Fochler ist Geschäftsführer der I.C.S. GmbH in Thale, Sachsen-Anhalt. Die Buchstaben stehen für Industrial Converting Solution und erklären exakt, worin die Stärke des Unternehmens liegt. „Converting bedeutet wörtlich übersetzt umwandeln oder verwandeln. Wir bringen hier einen Mehrwert in das Material, mehr Funktionalität“, erläutert Fochler. „Unser Unternehmen produziert selbst keine Vliesstoffe, wir veredeln sie, verbessern ihre Eigenschaften.“
Das S im Firmennamen steht für Solution, also Lösung. Und genau das ist die Stärke des Unternehmens: die Lösung von Problemen. „Vereinfacht gesagt, kommen zu uns Kunden, die mit der Leistung eines bisher eingesetzten Materials unzufrieden sind und sich fragen, ob man das mit einem Vlies besser machen kann.“ In der Regel lautet die Antwort: Ja, man kann! Auch, wenn bei schwierigen Problemstellungen manchmal einige Monate daran getüftelt wird. „Den Satz ,Geht nicht.’ höre ich gar nicht gern“, sagt Fochler lächelnd.
Lösungen für alle Branchen – von der Nahrungsmittelproduktion bis zum Bau
Fochler liebt Herausforderungen. Zusammen mit seinem 30-köpfigen Team denkt er immer wieder über neue Anwendungsmöglichkeiten nach. Eine der jüngsten Entwicklungen hat der 55-Jährige in Zusammenarbeit mit dem weltweit größten Gewürzmittelhersteller auf den Weg gebracht. Er zeigt einen Vliesschlauch, dessen Innenseite mit Kräutern beschichtet ist. „Hier können Wursthersteller oder Fleischer das Gargut einfüllen. Die Wurst oder der Schinken reift dann in diesem Schlauch. Wenn man den Schlauch nach der Reifung aufreißt, hat sich eine gleichmäßige Kräuterhülle um die Wurst gelegt.“
Die Auftraggeber von I.C.S. kommen auch der Automobilbranche, der Bauindustrie, der Landwirtschaft und der Verpackungs- und Möbelindustrie. An die Hygiene- und Kosmetikindustrie werden zum Beispiel Gesichtsmasken, Liegenauflagen, Pads und Reinigungstücher geliefert, für den medizinischen Bereich OP-Kittel, Mundschutz, Instrumentenabdeckungen und Wundauflagen. „Ich kenne keine Industrie, in der keine Vliesstoffe genutzt werden“, sagt Claus Fochler. „Das ist das Spannende an unserer Arbeit. Denn um anwendungsspezifische Lösungen für die Kunden schaffen zu können, müssen wir verstehen, was genau in dem jeweiligen Industriebereich passiert, wie das Vlies eingesetzt werden soll.“
Multitalent Vlies
So vielfältig wie die Einsatzmöglichkeiten ist auch das Material selbst. Vliesstoffe können zum Beispiel leitfähig, feuerfest, wasserabweisend, antistatisch, luftdurchlässig oder absorbierend ausgerüstet werden. Bei der Herstellung setzt man verschiedene Natur- und Chemiefasern ein. „Das breite Spektrum der Herstellungsverfahren macht es möglich, für jede Anwendungs-anforderung gezielt das richtige Material herzustellen“, erklärt Claus Fochler. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist das Entwicklungs-Know-How.“
Ist der perfekte Vliesstoff für eine Kunden-Anwendung gefunden, gibt die I.C.S. GmbH die Produktion bei einer ihrer Partnerfirmen im In- oder Ausland in Auftrag. In Thale werden die Vliese verklebt, thermisch verformt, bedruckt, vernäht, geschnitten oder gestanzt.
Helfer gegen Umweltschäden
In den zurückliegenden zehn Jahren sind in dem Werk,, gleich mehrere Produkte entstanden, auf die Claus Fochler besonders stolz ist. Eine davon ist der Öl-Absorber. Dieser Vliesstoff ermöglicht es, bei Unfällen im Straßenverkehr, Havarien von Schiffen oder auch Unfällen in der Industrie ausgelaufene Öle, Farben und Lacke schnell aufzunehmen. „Dieses reißfeste, wasserabweisende Vlies hat wirklich intelligente Eigenschaften. Es kann das 17-fache seines Eigengewichts an Flüssigkeit aufnehmen, schon eine kleine Menge bindet also extrem viel Öl. In kürzester Zeit erhält man eine nahezu ölfreie Oberfläche.“
Mit Blick auf vermeidbare Umweltschäden hält es Claus Fochler daher für sinnvoll, wenn man LKW-Fahrer verpflichten würde, eine Rolle dieses Vliesstoffes im Fahrzeug mitzuführen. „Dann könnte man sofort handeln, und müsste nicht warten, bis die Feuerwehr eintrifft.“ Auch für Privathaushalte kann der Öl-Absorber nützlich sein: Leckt beispielsweise der Öltank im Keller bei Hochwasser, kann das ausgetretene Öl sofort aufgenommen werden.
Wiederverwertbare Saugtaschen gegen Hochwasser
Ein anderer smarter Vliesstoff könnte in Hochwassersituationen ein ebenso unentbehrlicher Helfer werden: Er absorbiert sehr schnell große Wassermengen. „Wenn die Feuerwehr einen Keller ausgepumpt hat und wieder abfährt, steht das Wasser meist noch ein bis zwei Zentimeter hoch. Für solche Situationen haben wir unsere Saugtaschen entwickelt“, sagt Fochler. In nur 90 Sekunden könne eine solche Tasche bis zu 25 Liter Wasser aufnehmen und halten. „Sie können sie sogar durchs Wohnzimmer tragen, ohne Schäden zu hinterlassen, denn sie tropft nicht.“ Wenn die Tasche anschließend draußen in die Sonne gelegt wird, verdunstet das Wasser, bis zu 30 Mal kann man sie wieder verwenden. „Ein hochintelligentes saugfähiges Material.“
Dabei ist die Saugtasche eigentlich nur ein Nebenprodukt. Denn das Material wurde für einen großen Automobilzulieferer entwickelt. Vorher hatte man dort ein Granulat genutzt, um im Falle eines Unfalls die Kühlflüssigkeit der Elektrobatterie schnell und sicher aufzusaugen (Saugleistung 1:22). Dank des leichten Vlieses werden nun fast zwei Kilogramm Gewicht gespart. „Ein großer Wurf, denn Gewicht bedeutet bei einem Elektroauto schließlich Reichweite“, freut sich Claus Fochler.
Solche Erfolge sind es, die ihn antreiben. Und das Bundesland Sachsen-Anhalt als Standort: „Das Land bietet für Unternehmer ein positives Umfeld“, sagt er und lobt im selben Atemzug sein Team: „Es macht Spaß, hier zu arbeiten, weil ich so viele Mitarbeiter habe, die Flexibilität, Kreativität und Loyalität zum Unternehmen mitbringen.“ Claus Fochler hat sich entschieden. Für den Werkstoff Vlies und für Sachsen-Anhalt. Beide schaffen es immer wieder, ihn mit positiven Überraschungen zu verblüffen.
Autor: Dana Toschner