Orgentis Chemicals, die Brücke zwischen Labor und industrieller Großherstellung

Der Chemiespezialist aus Gatersleben entwickelt und testet chemische Herstellungsverfahren unter Betriebsbedingungen

Von Gatersleben in die Welt – auf der englischsprachigen Internetseite der Orgentis Chemicals GmbH wird die Zielgruppe des Unternehmens klar: Es sind die Global Player, für die das mittelständische Unternehmen aus Sachsen-Anhalt Naturstoffe und Syntheseprodukte isoliert und reinigt, organische Verbindungen synthetisiert, chemische Syntheseverfahren entwickelt und Spezialchemikalien für Biochemie und Hochtechnologieanwendungen herstellt. Auch mit Eigenentwicklungen macht das Unternehmen auf sich aufmerksam – und ist damit selbst zu einem der „Hidden Champions“ geworden.

Eigene Entwicklungen zur Reinigung und Isolierung von Biomolekülen

„Alles Leben ist Chemie“, sagt der promovierte Chemiker Hans-Matthias Vorbrodt und spricht von Proteinen und Peptiden als fundamentale Bausteine für die „Lebensprozesse“. Seit inzwischen 30 Jahren beschreitet Chemiker Vorbrodt innovative unternehmerische Wege. Europaweit und in den USA nehmen namhafte Firmen die Dienstleistungen von Orgentis Chemicals aus Sachsen-Anhalt in Anspruch, wenn es um die Entwicklung von chemischen Syntheseverfahren geht oder um Methoden zur kundenspezifischen Herstellung neuer Wirkstoffe aus der Verbindung organischer Moleküle. Zwanzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Unternehmen, gut ausgebildete Chemiker, Laboranten und Techniker. Orgentis habe sich als „Brücke“ etabliert zwischen den Laboren, in denen Stoffe erforscht und entwickelt werden und der Industrie, die diese Stoffe dann im Großmaßstab produziert, so beschreibt es der mittlerweile 67-jährige Firmengründer: „Wir sind das Technikum, in dem die Herstellungsverfahren unter Betriebsbedingungen getestet und weiterentwickelt werden.“ Die Kunden kommen aus den Materialwissenschaften, aus der Biotechnologie und der Pharmazie.

Was die Syntheseprozesse und ihre Effizienz angeht, bringt die Orgentis Chemicals auch Eigenentwicklungen auf den Markt, zum Beispiel hocheffiziente Polymerperlen mit speziell entwickelter poröser Struktur, die sich gut für die Isolierung und Reinigung von Biomolekülen eignen. Wegen seiner guten Trennleistung kann das Material in der Naturstoff- bzw. pharmazeutischen Chemie eingesetzt werden.

Positive Wirkung der Substanzen verstärken

Orgentis Chemicals richtet ein Hauptaugenmerk auf die Isolierung und Reinigung von Naturstoffen. Denn durch chemische Modifikation könne die Wirkung pflanzlicher Moleküle beeinflusst werden, sagt Firmenchef Vorbrodt und nennt als Beispiele die Forschung mit isolierten Wirkstoffen aus dem Hopfen oder aus dem Johanniskraut. Hier gälte es herauszufinden, welche Substanzen positive Wirkungen erzeugten, die dann verstärkt würden. Unerwünschte Nebenwirkungen sollten dabei vermindert werden.

Wortwörtlich „in aller Munde“ sind wesentliche Materialien für die Zahnbehandlung, die im Technikum von Orgentis optimiert wurden und nun weltweit in der Dentalbranche eingesetzt werden.

Ein anderer Kunde entwickelt aktuell ein Produkt für die Medizintechnik, das nach Operationen die Heilung unterstützt und chirurgische Eingriffe sicherer macht. Auch dessen Materialien werden im sachsen-anhaltischen Gatersleben „fit gemacht“ für ihren Siegeszug in den Operationssälen.

Kompetenzzentrum und Zukunftsort: „Green Gate Gatersleben“

Gatersleben im Vorharz ist ein Kompetenzzentrum für Pflanzenbiotechnologie in Deutschland und einer der „Zukunftsorte“ in Sachsen-Anhalt. Anfang der 1990er Jahre gründete sich „Green Gate Gatersleben“, eine Standortinitiative aller Firmen und Einrichtungen der Pflanzenbiotechnologie sowie der öffentlichen Hand. Gerade von der kommunalen Verwaltung habe er immer sehr viel Unterstützung erfahren, betont Vorbrodt, der 1991 sein Unternehmen mitten im Zentrum historischer und aktueller Pflanzenzüchtung ansiedelte. Denn nachhaltig war der Chemiker schon unterwegs, als mit dem Fall der innerdeutschen Grenze auch das Umweltbewusstsein mehr freien Entfaltungsraum fand. Konkret in Gatersleben waren es die historischen Backsteinmauern einer 1847 gegründeten Zuckerfabrik, die Vorbrodt Schritt für Schritt zweckentsprechend sanierte. Auf 1000 Quadratmetern befinden sich heute modern ausgestattete Mehrzwecklaboratorien und Technikumsgebäude. „80 Prozent der benötigten Energie erzeugen wir selbst aus Photovoltaik- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen“, betont Vorbrodt.

Attraktive Standortbedingungen

Nach Chemiestudium, Promotion und wissenschaftlicher Tätigkeit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) arbeitete er bis Anfang der 1990er Jahre am Hallenser „Institut für Biochemie der Pflanzen“ der Akademie der Wissenschaften in der Wirkstoffforschung. Heute sind ihm die TU Dresden, die Hochschule Anhalt in Bernburg, verschiedene Institute der Fraunhofergesellschaft wichtige Partner, wie auch das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben gleich in der Nachbarschaft und das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie IPB in Halle.

„Am IPB wurden zum Beispiel aus Pilzen Substanzen isoliert, die als Bausteine für die Entwicklung neuer stark antibiotischer Wirkstoffe gegen die Kraut- und Knollenfäule an Kartoffeln eingesetzt werden können“, sagt Hans-Matthias Vorbrodt und dass die aus reinen pflanzlichen Wirkstoffen entwickelten Therapeutika sehr sicher und effizient sind. Nicht ohne Grund sei die Natur seit Beginn der Menschheit ein wichtiger Partner bei der Bekämpfung von Krankheiten. Der gebürtige Quedlinburger nennt auch seine eigene Naturverbundenheit als einen Grund, warum er immer in seiner Heimatregion geblieben ist. „Es gibt heutzutage junge Menschen, die ebenso gern hierbleiben möchten“, weiß Vorbrodt. Denen will er eine berufliche Perspektive geben, attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze bieten.

Autorin: Kathrain Graubaum/IMG Sachsen-Anhalt


In vielen Branchen gehören sie zu den Innovationsmotoren Europas und gelten als Urheber des deutschen Exporterfolges. Als kleine bis mittelgroße Unternehmen bringen sie ihre, meist in firmeninterner Forschung entstandenen, Nischenanwendungen oft schneller als Konzerne auf den Weltmarkt. Dieser selbst entwickelte Erfolg ist Teil ihres Geheimnisses.

>> HIER führen Hidden Champions den Markt an.

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