Produktionstechnologie für ZMapp kommt aus Halle

High-Tech-Forschung von Icon Genetics und Nomad Bioscience hat weltweites Ansehen.

Icon Genetics und Nomad Bioscience sind zwei in Halle/Saale ansässige High-Tech-Unternehmen, die die Produktionstechnologien zur Herstellung von Biopharmazeutika und Low-Cost-Proteinen entwickeln. Einsatzbereiche sind die Molekularbiologie und die Biotechnologie. Aus Halle kommt u.a. das Produktionsverfahren, mit dessen Hilfe in den USA ZMapp hergestellt wird. Die Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt sprach mit dem Gründer der Unternehmen, Dr. Yuri Gleba.

1999 gründeten Sie in den USA die Icon Genetics, deren Standort Sie später nach Halle in Sachsen-Anhalt verlegten. 2008 gründeten Sie Ihr zweites Unternehmen Nomad Bioscience auch in der Saalestadt. Aus welchen Gründen trafen Sie diese Standortwahl?

Als Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina habe ich Halle nach der Wende viele Male besucht, weil ich hier viele Kollegen sowohl an der Universität als auch an der Leopoldina habe. Daher lag es nahe, diesen Standort für eine Verlegung von Icon aus den USA ins Auge zu fassen. Ich habe diese Entscheidung nie bereut. Zur Stadt Halle wie zum Land Sachsen-Anhalt haben sich gute partnerschaftliche Beziehungen entwickelt. Die Infrastruktur ist hier für kleinere High-Tech-Unternehmen ganz hervorragend. Ich denke z.B. an die Biozentrum Halle GmbH oder die Bio Mitteldeutschland GmbH. Wir arbeiten mit dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben und dem Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle zusammen sowie mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Wieviele Mitarbeiter haben Icon Genetics und Nomad Bioscience?

Wir haben in den beiden Hallenser Forschungsunternehmen 33 Mitarbeiter. Mit Ausnahme der beiden Manager befassen sie sich alle mit High-Tech-wissenschaftlichen Arbeiten in den Bereichen Molekularbiologie und Biotechnologie. Der überwiegende Teil der Wissenschaftler und Fachkräfte, die wir in den letzten Jahren angestellt haben, erwarben ihre Diplome und/oder Doktortitel an der Universität Halle-Wittenberg.

Welche Synergien können Ihre beiden Unternehmen durch die Ansiedlung am selben Standort nutzen?

Durch die Verwendung von ähnlichen Technologien, die aber in verschiedenen Bereichen angewendet werden, können wir das Know-How all unserer Wissenschaftler in einer optimalen Art und Weise nutzen. Unsere Forscher sind alle gleichermaßen für die eingehenden Aufträge qualifiziert sind. Darum können sich die beiden Unternehmen auch untereinander Aufträge vergeben. Das sorgt für einen Cash-Flow, für ein finanziell viel stabileres Unternehmen.

Zwischenzeitlich gehörte die Icon Genetics GmbH zum Leverkusener Pharmakonzern Bayer. Womit hing das zusammen?

2006 kaufte der Leverkusener Pharmakonzern Bayer das Icon-Unternehmen auf, weil der Konzern einen Impfstoff gegen Krebs plante, der nach Meinung der Verantwortlichen innerhalb unserer Produktionsbedingungen am besten herzustellen wäre. Ich arbeitete weiterhin als Geschäftsführer. Später beschloss Bayer, die Entwicklung dieses Stoffes einzustellen. Dadurch hatte der Konzern keine Verwendung mehr für die Produktionstechnik von Icon.

Gibt es heute noch eine Zusammenarbeit mit Bayer?

Es gibt eine sehr umfangreiche Zusammenarbeit zwischen der Icon-Muttergesellschaft Nomad Bioscience und Bayer CropScience. BCS ist unser strategischer Partner im Bereich Landwirtschaft.

Auf welchem Geschäftsfeld bewegt sich Ihr zweites Unternehmen Nomad Bioscience?

Nomad Bioscience entwickelt Technologien zur Herstellung von industriellen Enzymen und Biomaterialien, die in der Lebensmittelsicherheit und Landwirtschaft eingesetzt werden. Icon dagegen bedient die Human- und die Veterinärgesundheit und ist bei der Abwehr von Biowaffen aktiv. Beide Unternehmen nutzen ähnliche Produktionsplattformen. Doch während sich Nomad auf die Produktion von Low-Cost-Proteinen konzentriert, setzt Icon den Schwerpunkt auf hochwertige Biopharmazeutika.

Für Aufsehen sorgt Icon aktuell im Zusammenhang mit dem Medikament ZMapp gegen Ebola. Es wird in den USA auf der Basis einer Technologie hergestellt, die Ihr Unternehmen entwickelt hat.

Ja, wir haben eine Biotechnologie entwickelt, bei deren Anwendung der molekulare Bauplan für Antikörper in Tabakpflanzen eingeschleust wird. Tabakmosaikviren und Agrobakterien regen unter passenden Gewächshausbedingungen die Tabakpflanze zur massenhaften Produktion von Antikörpern an. Die Antikörper können dann nach etwa einem Monat aus den Blättern geerntet werden. Diese inzwischen patentierte Methode nutzen einige Medikamente-Hersteller, u.a. auch der Hersteller von Ebola-Medizin.

Wer ist das?

Die Mapp Pharmaceuticals aus den USA entwickelt die Antikörper-Mischung. Die KBP, ebenfalls aus den USA, verfügt über die Produktionskapazitäten, ZMapp-Präparate (momentan in begrenzten Mengen) herzustellen.

Haben Ihre beiden Unternehmen in Halle weitere wirtschaftliche oder wissenschaftliche Kooperationsprojekte – national wie auch international?

Sowohl Nomad Bioscience als auch Icon Genetics haben mehrere große Unternehmen in den USA, Deutschland und Japan als Kunden. Aufgrund gegenseitiger Vereinbarungen können die Firmennamen allerdings nicht veröffentlicht werden.

Zur Person:

Die wissenschaftliche Karriere von Dr. Yuri Gleba begann in der früheren Sowjetunion (Doktortitel 1975 in Kiew, Professor- und weiterer Doktortitel 1989 in Leningrad). Von 1975 bis 1991 arbeitete er in Kiew an der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften. 1991 ging er mit seiner Familie in die USA und trat dort eine Stelle bei American Home Products in Princeton an. Er war dort u.a. als Abteilungsleiter in der Pflanzenbiotechnologie tätig. 1999 verließ er das Unternehmen und gründete Icon Genetics, deren Standort später nach Deutschland verlegt wurde. Am Standort Halle leitet Gleba die Icon Genetics GmbH und die 2008 gegründete Nomad Bioscience GmbH. In Vilnius in Litauen führt er die Firma Nomads.

 


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