An der Wiege des Apfelsaftes

Fruchtsaftkelterei in der Lutherstadt Eisleben setzt auf Obst aus Mitteldeutschland.

Rein statistisch kommt etwa jedes zehnte Glas Apfeldirektsaft, das in Deutschland getrunken wird, aus Eisleben. Die Lutherstadt hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einer Hochburg des schmackhaften Getränks entwickelt. Adam und Eva hätten ihre Freude daran gehabt. Immerhin liegt der Pro-Kopf-Verbrauch des  Goldgelben zwischen Rügen und Bayrischem Wald bei 8,4 Litern im Jahr.

Im Herbst herrscht auf dem Firmengelände der Becker Eislebener Fruchtsaft GmbH & Co. KG. Hochbetrieb. Riesige LKW liefern Äpfel im Halbstundentakt an. Die Ernte in diesem Jahr ist hervorragend. "Wir haben alle Hände voll zu tun, um einen Teil davon schnellstmöglich zu keltern", sagt Geschäftsführer Ulrich Günther. Aber auch in den kommenden Monaten laufen die Pressen weiter. Saison sei fast immer, denn der Nachschub ist aus gefüllten Kühlhäusern auch weiter gesichert.

Warum aber gerade Eisleben? Ulrich Günther berichtet von einer gewachsenen Tradition des Standorts. Rund um die Lutherstadt am Süßen See gab es zu DDR-Zeiten Apfelbäume so weit das Auge reichte. Das einstige Volksgut des Ortes betrieb seit Mitte der 1980er Jahre eine eigene Kelterei. In der DDR gehörten Orangensaft aber Säfte aus heimischen Früchten eher zur Mangelware. Die meist kleinen Mostereien überall im Land konnten den Bedarf nicht annähernd decken. Glücklich, wer aus dem eigenen Garten Fallobst abliefern und sich dann den ausgepressten Gegenwert zurückholen konnte. Rohsäfte aus Eisleben wurden damals bereits in den Westen exportiert und halfen, die Devisenkassen der Republik zu füllen.

Auf dieses Potential an Erfahrungen griff die becker’s bester GmbH & Co zurück und entschied sich für den Kauf des Betriebs und den Aufbau völlig neuen Produktionsanlagen. Fortan setzte "Beckers Bester" auf Säfte aus Sachsen-Anhalt. Im Zusammenhang mit notwendigen Umstrukturierungsmaßnahmen im Hause becker’s bester wurde die Produktionsstätte Eisleben an einen neuen Eigentümer verkauft. "Als wirtschaftlich rentabler und damit sicherer Standort musste uns um die Zukunft nicht bange sein", versichert der Geschäftsführer. Schließlich sei seit Anfang der 1990er Jahre die Fruchtsaftkelterei kontinuierlich entwickelt worden.

Die Getränkeexperten in Eisleben setzten sehr früh vor allem auf stabile und hochwertige Lieferungen von Früchten aus den angrenzenden Regionen Mitteldeutschlands. Nachdem nach 1989 aus Ungewissheit über die Perspektiven der Obstproduktion die Rodung von annähernd 3.000 Hektar Plantagen trübe Wolken aufziehen ließ, hat sich die Situation deutlich stabilisiert. "Für uns waren die Erfahrungen und guten Anbaubedingungen wichtig", erläutert Ulrich Günther. Mit Lieferanten aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen wurden Vereinbarungen abgeschlossen, um die Abnahme des anfallenden Industrieobstes abzusichern. Gleichzeitig vereinbarten die Partner die Anpflanzung spezieller Sorten, die für die Saftherstellung unverzichtbar sind. Diesen Unternehmen garantiert Becker die Abnahme maximal 10.000 Tonnen Äpfeln zu festen Konditionen. Insgesamt verarbeiten die Eisleber jährlich im Durchschnitt 60.000 Tonnen der paradiesischen Früchte, bis zu 60 Prozent davon stammen aus Mitteldeutschland.

Becker Eisleben gehört zu den drei großen Verarbeitungsbetrieben für Säfte in Deutschland. Durchschnittlich rund 55.000 Liter werden im Jahr hergestellt. Fast 90 Prozent der gesamten Produktion gehen auf das Konto von Apfelsaft. Zum Sortiment gehören aber unter anderem auch Kirschen, Schwarze Johannisbeeren und Rhabarber. Fruchtpürees ergänzen die Fertigungspalette. Apfeltrester findet zudem getrocknet als Lebensmittelzusatzstoff beispielsweise für Tees oder Pektin seine Kunden Inzwischen beträgt der Anteil an Bioprodukten etwa zwölf Prozent. Abnehmer der Direktsäfte sind Abfüllbetriebe in ganz Deutschland. Bei einem Exportanteil von 35 Prozent setzen Frankreich, Großbritannien, Spanien und die Benelux-Staaten zudem auf den Lieferanten aus Sachsen-Anhalt.

Knapp 35 Millionen Euro wurden seit 1993 in der Lutherstadt investiert. Allein 2,6 Millionen Euro flossen 2013 in die Erweiterung und Modernisierung des Unternehmens. "Nach den vielen Jahren war quasi ein Update notwendig", erläutert Günther. Schließlich wolle man technisch und hygienisch immer auf der Höhe der Zeit sein. Bis 2016 sollen vorerst noch einmal 1,7 Millionen Euro in die Erweiterung der Lade- und Lagerkapazitäten investiert werden. Auch dabei unterstützt das Land Sachsen-Anhalt den Standort mit Fördermitteln. Von den 45 Mitarbeitern sind vier Auszubildende. Alle haben sie bei entsprechenden Leistungen auch die Option zur Übernahme nach der Lehre. Das Unternehmen will seine Fachleute selbst qualifizieren, sagt Günther. 

Bildtext: Geschäftsführer Ulrich Günther kontrolliert die Anlieferung von Äpfeln aus biologischem Anbau.

 

Autor/Foto: Klaus-Peter Voigtim Auftrag der IMG Sachsen-Anhalt mbH
Kontakt:
Ulrich Günther
becker - Eislebener Fruchtsaft GmbH & Co. KG
Alleebreite 14-15
06295 Lutherstadt Eisleben
Tel: 03475 75110
E-Mail: info.ignore@becker-eisleben.de
www.becker-eisleben.de

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