Sachsen-Anhalt entwickelt Software für Energiemanagement in betrieblichen Prozessen

WindNODE – Schaufenster für intelligente Nutzung von Wind & Co.

„WindNODE – Wind in Norddeutschland“ ist eine Initiative der ostdeutschen Bundesländer und Berlin, die aus dem Bundeswettbewerb „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ als einer der Sieger hervorgegangen ist. Dr. Przemyslaw Komarnicki vom Magdeburger Fraunhofer IFF beantwortete Fragen zu Inhalt und Zielen dieses Energiemanagement-Projektes.

Mit den Vorteilen, die zertifizierte Energiemanagementsysteme mit sich bringen, ist das Thema Energiewende mittlerweile auch in den mittleren und kleinen Unternehmen angekommen. Wie ordnet sich WindNODE hier ein?

Przemyslaw Komarnicki: In dem Projekt soll untersucht werden, wie sich erneuerbare Energien noch effizienter in den Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor einbinden lassen. Wir konnten das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit unserem Projekt überzeugen, weil es sich über mehrere ostdeutschen Bundesländer und Berlin erstreckt. Hier wurden 2014 schon 42 Prozent des Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien gedeckt. WindNODE steht für ,Wind in Nordostdeutschland‘. Die dünn besiedelte Region ist in der Tat ein Schaufenster für intensive Windenergieerzeugung und -nutzung. Allein in Sachsen-Anhalt stehen 2600 Windenergieanlagen. Wir beziehen aber auch unser Nachbarland Polen mit ein.

Der Schwerpunkt des Projektes soll auf den digitalen Technologien liegen. Was verbirgt sich dahinter?

Przemyslaw Komarnicki: Industrie 4.0 – die digitale Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ist natürlich ein wichtiges Thema, ohne das sich die Energiewende nicht vollziehen lässt. Sie braucht neue Lösungen die Informations- und Kommunikationstechnik betreffend. Unter Leitung des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz sollen IT-gestützte Systeme erprobt werden, um Erneuerbare Energien auch dann sicher in das Netz aufnehmen zu können, wenn ihr Anteil am Stromverbrauch bei 100 Prozent liegt. Denn ein Problem in diesem Zusammenhang ist ja immer noch der Speicher.

In unterschiedlichen Arbeitspaketen werden innovative Anwendungen auf allen Ebenen der vernetzten Energiesysteme entwickelt und vorgestellt und dann zu einem Gesamtmodell vernetzt. Um dem Schaufenster-Charakter gerecht zu werden, präsentiert jedes Projekt seine Ergebnisse an einem besuchbaren Ort. Ein Teil unseres Konzeptes ist es, in den Menschen Akzeptanz und Interesse für die Energiewende zu wecken, sie zum Mitmachen zu motivieren.

Welche Aufgabe hat Sachsen-Anhalt in dem WindNODE-Projekt, welche Kompetenzen kann diese Region einbringen?

Przemyslaw Komarnicki: Sachsen-Anhalt ist maßgeblich am Schwerpunkt „Industrielle Lasten“ beteiligt. Viele Unternehmen haben schon eine eigene Energieerzeugungsquelle – als Solaranlage auf dem Dach oder Windrad. Es geht um die Frage, inwieweit sich der Energieverbrauch in den Unternehmen an die schwankenden Quellen von Erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind anpassen kann. Wir haben Kompetenzen bei der Entwicklung von Lösungen für die intelligente Energieerzeugung und -nutzung.

Wenn kein Wind weht oder die Sonne nicht scheint geht die Belegschaft nach Hause?

Przemyslaw Komarnicki: Wenn es der Chef so entscheidet ... (lacht). Ein Forscherteam bei uns am IFF entwickelt eine dynamische Energie-Management-Software, die für komplexe betriebliche Energieprozesse geeignet ist. Gemeinsam mit Kollegen von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg erarbeiten wir Steuerungsstrategien, die eine optimale Fahrweise der Anlagen ermöglichen und die eigenen Energieerzeugungsquellen des Unternehmens intelligent einbinden.

Bei der Einbindung von Sonne und Wind muss die Steuerung ständig der realen Wettersituation angepasst werden. Ist das nicht ein sehr hoher Aufwand und in einem Unternehmen mit bestimmten Produktionsziel in vorgegebener Zeit überhaupt machbar?

Przemyslaw Komarnicki: Das eben ist die Frage. Unser Ansatz ist: Es soll sich im Produktionsprozess so wenig wie möglich verändern, aber er so soll so flexibel wie möglich sein, um regenerative und volatil erzeugte Energie, intelligent nutzen können.

Was kann das dynamische Energie-Management-System leisten?

Przemyslaw Komarnicki: Es ermittelt regelmäßig die Prognosen für die regenerative Erzeugung. Hinzu kommen die viertelstündlichen Lastprognosen, die je nach Unternehmen sehr unterschiedlich sein können. Die werden aus dem Produktionsplan und dem dafür erforderlichen Einsatz von Anlagen und Maschinen ermittelt. Diese Informationen nutzend kann das System die Energieleitzentrale eines großen Unternehmens befähigen, die Flexibilität des Strombetriebes automatisch voll auszuschöpfen und die Anlagen so zu steuern, dass Lastspitzen vermieden werden.

Auch ein kleines oder mittelständisches Unternehmen kann dieses System einsetzen und sich Energieoptimierungsmöglichkeiten vorschlagen lassen. Die Unternehmensleitung hat dann zumindest eigene Entscheidungsmöglichkeiten – und kann die Schicht nach Hause schicken (lacht wieder).

Wenn das am Ende preiswerter ist, als hohe Stromkosten zu bezahlen ...

Przemyslaw Komarnicki: Könnte sein. Das System wird jedem Unternehmen angepasst. Das erfordert eine umfassende Analyse der betrieblichen Prozesse und Anforderungen und eine schrittweise Einführung des Systems. Je nach Bedingungen im Unternehmen könnten bis zu 20 Prozent Energie eingespart werden. Mit einem energieeffizienten Arbeitsprozess wird am Ende auch das Produkt preiswerter.

Wie geht es jetzt weiter mit dem WindNODE-Projekt?

Przemyslaw Komarnicki: Bis Februar 2016 werden die Anträge für Teilprojekte gestellt. Mitte 2016 wird WindNODE für vier die Laufzeit von Jahren an den Start gehen. Unsere Partner in Sachsen-Anhalt sind neben der Uni Magdeburg auch die InfraLeuna GmbH, BASF Schwarzheide und das Zentrum für Regenerative Energien ZERE. Im Projekt insgesamt mit dabei sind u.a. auch Siemens, Bosch, T-Systems und die Einzelhandelsketten Lidl und Kaufland sowie mehrere Stadtwerke und Unternehmen der Wohnungswirtschaft.

Bildunterschrift: Dr. Przemyslaw Komarnicki stammt aus Polen. Er hat an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg promoviert und arbeitet jetzt am Magdeburger Fraunhofer IFF als Spezialist für Energietechnik.

 Weitere Informationen: www.windnode.de

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