Mit internationalen Mitarbeitern Auslandsmärkte erobern
Landesprogramm „Partner von morgen“ unterstützt bei der Vermittlung ausländischer Studierender
Der Außenwirtschaftstag Sachsen-Anhalt 2015 am 30. November bietet eine aktuelle Informations- und Interaktionsplattform für Außenwirtschaftsakteure und Unternehmen des Landes. Im Zentrum stehen in diesem Jahr die Chancen und Herausforderungen der Außenwirtschaft im digitalen Zeitalter. Einer weiterer Themenschwerpunkt ist die Gewinnung internationaler Fachkräfte auch für kleine und mittlere Unternehmen. Das Land unterstützt dabei mit dem Programm „Partner von morgen“.
Die gebürtige Slowakin Eva Petrušková studiert derzeit an der Hochschule Harz und möchte später in der Tourismusbranche arbeiten. Für ihren Praktikumsbetrieb, die Böhnke & Luckau GmbH in Wernigerode, sind vor allem ihre sprachlichen Fähigkeiten interessant. Der Hersteller von Maschinen und Anlagen zur Süßwarenproduktion realisiert gegenwärtig ein Projekt in Tschechien. Mit Unterstützung von Eva Petrušková hofft das Unternehmen auf weitere fruchtbare Firmenkontakte auf dem slowakischen und tschechischen Markt. „Es kommt bei den potenziellen Kunden sehr gut an, wenn sie in ihrer Muttersprache angesprochen werden“, weiß Vertriebsassistentin Beate Köckeritz. Das Unternehmen ist längst international aufgestellt. Mit Mitarbeitern aus Kasachstan, Großbritannien und Tunesien werden bereits mehrere Sprachen bei der Akquisition und Kundenpflege abgedeckt. Die 20-jährige Eva Petrušková kann nicht nur mit ihrer Muttersprache Slowakisch sowie mit fließendem Tschechisch und Englisch behilflich sein, sondern auch mit Französisch und Spanisch sowie etwas Japanisch.
Dies ist nur eines von vielen Beispielen für vom die Land geförderte Vermittlung. Diese gibt es in Sachsen-Anhalt für kleine und mittlere Unternehmen, die in Kooperation mit ausländischen Studierenden neue Absatz- und Beschaffungsmärkte erschließen wollen. Telefonate mit potenziellen Kunden in deren Muttersprache, die korrekte Ansprache in E-Mails oder auf der Website helfen Türen zu öffnen. „Partner von morgen“ heißt das Programm. Es ist Teil des Außenwirtschaftskonzeptes des Landes Sachsen-Anhalt und zielt darauf ab, die internationale Ausrichtung von KMU durch die Vernetzung mit Studierenden aus anderen Ländern zu unterstützen. Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Sachsen-Anhalt unddie Carl Duisberg Gesellschaft e.V. fördern das Programm, von der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) wird es getragen und aktuell von der Expert | People Management GmbH in Magdeburg umgesetzt.
Alle elf Plätze im Projekt sind besetzt, quer durch die Branchen, mit verschiedenen Anforderungen und in unterschiedlichen Regionen des Landes. Für die Firma Maxx Contact in Bitterfeld-Wolfen hat sich aus dem Praktikum eines kolumbianischen Studenten im Herbst 2014 eine längerfristige Zusammenarbeit entwickelt. „Omar Camacho-Gomez studiert an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg in der Fachrichtung nachhaltige Energiesysteme“, berichtet Geschäftsführer Falk Herrmann. Während seines Praktikums hat Camacho-Gomez alle Bereiche kennengelernt vom Büroarbeitsplatz bis zur Auslegung von Photovoltaik-Komponenten, Batterie-Speichern oder der Konfektionierung von Kabeln und Leitungen. Mit seinen Telefonaten als Muttersprachler brachte er die Akquisition auf dem südamerikanischen Markt deutlich voran. „Jetzt betreue ich ihn als Mentor bei seiner Masterarbeit zum Thema „Autarke Ladestationen für E-Bikes“, erzählt Falk Herrmann. Die Zusammenarbeit soll auch nach dem Abschluss fortgesetzt werden: „Omar Camacho-Gomez plant, in seiner Heimat eine Firma zu gründen, die der oftmals desolaten regionalen Stromversorgung mit netzunabhängigen Backup- und Insellösungen entgegentritt. Das ist unser gemeinsames Thema, von einer Kooperation können beide Seiten langfristig profitieren“, sagt der Maxx Contact-Chef.
„Als klassischer Personalberater kennen wir den Bedarf der Unternehmen und wir wissen, wie wir bestimmte Zielgruppen von Studierenden erreichen“, erklärt Roland Suchy, Geschäftsführer der Expert | People Management GmbH. Eine junge Frau, die selbst noch an der Magdeburger Universität studiert, unterstützt das Projekt: „Sie hat einen direkteren Zugang zu den Studierenden, sie weiß, wo sie wen wie am besten erreicht“, sagt Suchy. Zwar gäbe es nach wie vor die klassischen Aushänge, doch der effektivste Weg führe über Soziale Netzwerke, wo sich bestimmte Nachrichten durch Teilen quasi von selbst vermehren.
Die Anforderungen der Unternehmen und die Qualifikation und Interessen der Studierenden werden abgeglichen, Projekte und Ziele genau definiert und die potenziellen Kandidaten zusammengebracht. „Wir besuchen jedes Unternehmen während des Projektes mindestens ein Mal. Wir geben Bewertungsbögen aus und befragen beide Seiten getrennt, um von Problemen und Erfolgen zu erfahren“, sagt Roland Suchy. Die Ergebnisse seien fast immer positiv. Sprach-, Kultur- und Landeskenntnis der ausländischen Studierenden ermöglichten es den Unternehmen, schneller und gezielter an Informationen zu gelangen und bei potenziellen Kunden Interesse für die eigenen Produkte und Leistungen zu wecken.
„Das Programm ist eine große Chance für beide Seiten“, ist Roland Suchy sicher. „Ich habe da richtig Spaß dran, weil sich Erfolgsgeschichten entwickeln.“ Und da es um „Partner von morgen“ geht und nicht nur um das Praktikum von heute, werden die Teilnehmer „gründlich miteinander vernetzt.“ Im Dezember treffen sich alle Praktikanten und Unternehmer zur Jahresabschlussveranstaltung, in der alle Projekte des Jahres 2015 vorgestellt werden. Außerdem wird ein Alumni-Netzwerk entwickelt mit dem klaren Ziel dauerhafte wirtschaftliche Verbindungen zwischen Sachsen-Anhalt und den Heimatländern der Absolventen zu erhalten.
Bildunterschrift: Die Boehnke & Luckau GmbH ist international: von links Nikolai Gerz aus Kasachtsan, der Brite Gareth Boreham und als „Partnerin von morgen“ die Praktikantin Eva Petrušková aus der Slowakei. (Foto: Boehnke & Luckau GmbH)