Leckeres "Bella Italia" aus Sachsen-Anhalt

"Überrübe ist ein totales Kultprodukt", sagt Oswald Zuegg. Der gebürtige Südtiroler schwärmt vom süßen Brotaufstrich. Das klassische Produkt aus Zörbig in Sachsen-Anhalt findet sich nicht nur in den Regalen nahezu aller Handelsketten Ostdeutschlands.

Auch in diversen Internetshops und bei Ebay werden die knapp ein Pfund Zuckerrübensirup fassenden Gläser offeriert. Der Präsident der Zuegg-Gruppe mit Hauptsitz im italienischen Verona schwärmt von der Spezialität. Sie sei das interessanteste Produkt der Marke "Zörbiger". Fast jedes zweite unter diesem Logo produzierte Glas geht auf deren Konto. Damit ist der Zuckerrübensirup unangefochten die Nummer Zwei auf dem deutschen Markt.

Zuegg setzt auf Tradition, auch bei seinem Engagement im Ausland. Vor 120 Jahren hatten Maria und Ernst Zuegg mit dem Handel von Äpfeln und deren Export bis nach St. Petersburg im Russischen Reich begonnen. 1923 startete das Unternehmen die Produktion von Konfitüre. Oswald Zuegg leitet es heute in vierter Generation und bereits die fünfte nimmt aktiv am Unternehmensgeschehen teil.

Schnellschüsse mag er nicht und setzt auf Kontinuität, ein waschechter Mittelständler mit Weitblick. In Ostdeutschland funktionierte das Konzept ohne wenn und aber. "Kurz nach der Wende haben wir uns umgesehen, wo wir unsere Pläne zur Firmenerweiterung umsetzen können", erklärt er. Damals habe es Pläne gegeben, in Spanien zu investieren. Die politische Großwetterlage ließ neue Konzepte reifen. In Werneuchen bei Berlin übernahm Zuegg schließlich 1991 einen ehemaligen Volkseigenen Betrieb (VEB). Dort werden seit dem so genannte Fruchtzubereitungen für den europäischen Markt produziert. Unter anderem finden diese in Joghurts Verwendung.

Schließlich der zweite Schritt nach Deutschland. 2002 fiel die Entscheidung, den Konfitürenhersteller Zörbiger zu übernehmen. Mit der Privatisierung des Unternehmens nach der Wende fehlte die Finanzkraft für einen stabilen Ausbau der Produktion.  Viele Punkte sprachen damals für diesen Kauf, erinnert sich der Präsident von Zuegg. Die Kleinstadt bot sich wegen ihrer Verkehrslage ebenso an wie durch die zur Verfügung stehenden Flächen für eine Erweiterung. Zudem verfügte der Betrieb über einen sehr gut ausgebildeten Stamm von Mitarbeitern, die das notwendige Wissen für die Herstellung von Konfitüren und andere Spezialitäten besaßen.

Gegenwärtig arbeiten dort 65 Frauen und Männer. Und der Zuckerrübensirup als Klassiker war das erste Erzeugnis der bereits 1873 gegründeten Firma. Seit über 50 Jahren steht sogar ein Saftjunge als Denkmal in der Ortsmitte. So viel Tradition konnte Oswald Zuegg einfach nicht übersehen. Das Konzept ging auf. Inzwischen laufen alle Konfitüren der Firmengruppe dort vom Band. In Italien schmecken die süßen Brotaufstriche "Made in Sachsen-Anhalt" augenscheinlich.

"Wir stoßen inzwischen fast an unsere Kapazitätsgrenzen", erläutert der Präsident. Von 2011 zu 2012 rechnet er mit einer Umsatzsteigerung am Standort von 20 Prozent. 10.000 Tonnen Konfitüre sollen es in diesem Jahr werden. Mehr als 80 Prozent davon unter dem Label Zuegg. Die Investitionen von nahezu sechs Millionen Euro am Standort Zörbig haben sich gelohnt. Weitere sind geplant, vor allem die Lagerflächen reichen nicht aus. Mit der Zuegg-Expansion in Richtung Russland - dort entstand in Afanasow ein eigenes Werk für Halbfabrikate - wird es neben dem Export nach Australien oder Österreich auch Lieferungen von Konfitüre in Richtung Osten geben. Zuegg stellt sich europaweit auf, unterhält zudem Produktionsstätten in Avellino (Süditalien), Frankreich und Deutschland. "Zu unserer Familie gehören inzwischen 500 Mitarbeiter", erläutert der Firmenchef.

Die Perspektiven für das Werk im Süden Sachsen-Anhalts sind exzellent, versichert Oswald Zuegg, der auf die gute Qualität seiner Rohstoffe Wert legt. Teilweise werden die Früchte beispielsweise in Süditalien auf vertraglich gebundenen Flächen exklusiv für die Unternehmensgruppe angebaut.
Neue Erzeugnisse sind immer in der Entwicklung. Ohne Innovationen geht es auch in dieser Branche nicht. Zuegg Zörbiger will 2011 erstmals einen Holunderblütensirup herausbringen und einen verbesserten, 100-Prozent natürlichen grünen Waldmeistersirup. Ansonsten prägen Klassiker wie Konfitüren aus Erdbeeren, Heidelbeere oder Bitterorange das Sortiment. Dazu kommen Fruchtaufstriche "Ohne Zuckerzusatz" sowie Spezialitäten wie Feige und Maronencreme.

Autor: Klaus-Peter Voigt

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