Magdeburger Hafen ist Frachtdrehkreuz für großteilige Warenströme

Walter Schauer steuert im Magdeburger Hafen den Eisbrecher „Seebär.“ Nachdem die Elbe 15 Tage im Januar wegen des strengen Frosts und des geschlossenen Eises für den Schiffsverkehr komplett gesperrt war, kam die Schifffahrt Ende Februar wieder allmählich in Gang. Dabei hilft auch Walter Schauer mit dem 300 PS starken „Seebär“ in jedem Jahr. Mit lautem Getöse zerteilt er das Eis, um so eine Fahrrinne zu bahnen. Der „Seebär“ bricht die Eisdecke bis zu einer Dicke von 20 Zentimetern. Der 56-jährige Binnenschiffer, der seit 1979 als Schiffsführer arbeitet, bezeichnet den zurückliegenden Winter als normal. Für die Hafengesellschaft hingegen durchbricht das Eis den normalen Hafenbetrieb.

Normalerweise treffen sich in Magdeburg zwei Mal pro Woche Schubverbände. Die zur deutschen Binnenreederei gehörende  Elbe-Container-Linie nutzt  Magdeburg als Fracht-Drehkreuz. Sie kommt mit großen Verbänden nach Magdeburg und verteilt von dort die Ladungen. Viele Kunden sind in der eisigen Zeit von vornherein auf Straße oder Schiene ausgewichen. Die Hafen-Gesellschaft erwartet deshalb Umsatzeinbußen von 30 bis 35 Prozent. Bei einer Fahrt mit dem „Seebär“ durch das Eis beschreibt der Außenbezirksleiter beim Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Magdeburg, Ulf Möbius, den Verkehr im Hafen Magdeburg.  Im vergangenen Jahr passierten nach seinen Worten 2777 Güterschiffe die Stadtstrecke Magdeburg.  Das waren rund 500 mehr als zwei Jahre zuvor. Mit 13 850 Container wurde das  Ergebnis von 2009 um mehr als 3 400 übertroffen. Das derzeitige Umschlagsvolumen der Magdeburger Häfen beträgt rund drei Millionen Tonnen jährlich. Die Tendenz zeigt nach oben. Das sagt auch Möbius. Er hofft, dass künftig immer mehr Unternehmen auf Wasserstraßen als ökologische Transportwege zugreifen. Als Beispiel verweist er auf eine auf dem Hafengelände befindliche Müllverbrennungsanlage. Der Müll käme aus vielen Städten der Region, die ebenfalls an der Elbe lägen. „Aber nicht eine einzige Tonne werde mit einem Schiff angeliefert“, bedauert Möbius und verweist damit auf nur eine Wachstumsmöglichkeit.

Der Magdeburger Hafen ist der bedeutendste Binnenhafen und Hinterlanddrehscheibe  in und für Mitteldeutschland. Er besteht aus drei Hafengebieten. Im Industriehafen und im Kanalhafen stehen 655 Hektar für Hafen-, Gewerbe- und Industriebetriebe  zur Verfügung. Im Jahr 2006 sind mit dem Containerterminal  Hansehafen weitere 40 Hektar hinzugekommen. Der GVZ-Hansehafen wird für den Container- und Schwerlastumschlag mit einer Jahreskapazität von 33 000 Containern genutzt. Zusätzlich können weitere 100 Hektar in unmittelbarer Hafennähe beansprucht werden.

Der Hafen konzentriert sich auf drei Felder. Neben dem traditionellen Hafengeschäft wie Umschlag, Lagerei und Verteilung verfügt er über einen bedeutenden  Logistikbereich. Außerdem  hat er sich eine Infrastruktur geschaffen, die ihm die Vermietung von Flächen und die Ansiedlung von Unternehmen erlaubt. Seit der Fertigstellung des Güterverkehrszentrums Hansehafen verfügt der Magdeburger Hafen auch über ein großes Gelände als Ansiedlungsfläche  für Industrie- und Logistik-Unternehmen. Unternehmen, vor allem aus dem Mineralöl, Getreide und Futtermittelbereich haben sich angesiedelt. Der größte deutsche Hersteller von Windkraftanlagen, die Enercon GmbH, liegt Zaun an Zaun in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hafen. Enercon transportiert viele ihrer großformatigen Windkraftanlagen, zum Beispiel Turmteile, auf Schiffen. So hat sich der Magdeburger Hafen nach und nach vom klassischen Hafen zu einem Logistik-Partner und System-Dienstleister  für multimodale Transportketten  entwickelt. Er verfügt auch über ein Gleisnetz von 54 Kilometer Länge und ein Containerterminal für den Kombinierten Verkehr. Während über das im Süden von Sachsen-Anhalt gelegene Frachtdrehkreuz am Flughafen Leipzig/Halle vor allem kleinteilige  Warenströme geleitet werden, sieht sich der Hafen als Frachtdrehkreuz für großvolumige Warenströme.

Der Hafen profitiert auch vom Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in den neuen Bundesländern nach der Herstellung der deutschen  Einheit. So sieht das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 den Ausbau der Wasserstraßenverbindung Hannover-Magdeburg-Berlin vor. Zu ihm gehört die Errichtung  einer fast ein Kilometer langen Kanalbrücke über die Elbe. Sie verbindet  den Mittellandkanal  mit dem Elbe-Havel-Kanal. Der Niveauunterschied von 18 Meter werde durch  eine Doppelkammerschleuse überwunden, erklärt Wasserbauspezialist Möbius. Das Schiffshebewerk in Magdeburg-Rothensee sei durch eine leistungsfähigere Sparschleuse ersetzt worden, die auch größere Binnenschiffe und Schubverbände aufnehmen kann.

Mit Begeisterung spricht der Ingenieur von der künftigen Niedrigwasserschleuse  im Rothenseer Verbindungskanal, die im Sommer in Betrieb gehen soll. Errichtet wird sie von der Bundesstraßenverwaltung. Die Schleuse werde künftig für die wasserstandsunabhängige Anbindung der Magdeburger Häfen an das Wasserstraßenkreuz sorgen, erläutert Möbius die Funktion des Wasserbauwerkes. Durch den Bau der Niedrigwasserschleuse  wird die Wassertiefe im Magdeburger Hafen künftig an 365 Tagen im Jahr unabhängig vom wechselnden Wasserstand der Elbe vier Meter betragen. Doch gegen dickes Eis kann auch sie nichts ausrichten, so dass Walter Schauer und seine Besatzung auch in kommenden kalten  Wintern mit dem Seebär im Magdeburger Hafen unterwegs sein werden.

 

Kontakt

Wasser- und Schifffahrtsverwaltung Magdeburg

Ulf Möbius

Fürstenwallstraße 19/20

39104 Magdeburg

Tel. 03922283201

E. ulf.moebius.ignore@wsv.bund.de

www.wsa-magdeburg.de

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