Entwicklung einer Smart Farming-Methode gegen den Klimawandel
Projekt „Irrimode“ erwirtschaftet höheren Ernteertrag mit weniger Wasser
Smart farming ist eine der Antworten auf die Fragen nach den Herausforderungen der Zukunft. In Sachsen-Anhalt wird derzeit eine vollautomatische solarbetriebene Bewässerungsmethode getestet, die sich in Echtzeit an verschiedene Faktoren anpasst. Mit dem Projekt „IrriMode“ wird auf eine autarke Agrarwirtschaft hingearbeitet, die dem Klimawandel trotzen kann. Die ersten Versuche sind vielversprechend.
Smart Farming, Digital Farming oder e-Farming ist in Deutschland auch als Landwirtschaft 4.0 oder Bauernhof 4.0 bekannt. Das Ziel. Der Überbevölkerung und damit einhergehend dem Welthunger, vor allem aber dem Klimawandel zu begegnen. Dabei kann der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Landwirtschaft dafür sorgen, dass deren Erträge wachsen bei gleichzeitigem geringerem Ressourcenverbrauch.
In Sachsen-Anhalt stellt man sich dieser Herausforderung. 2017 wurde das Projekt „IrriMode“ gegründet und von drei Partnern vorangetrieben: der Firma AGRO-SAT aus Baasdorf, der Gut Mennewitz GmbH und dem Ingenieurbüro Irriproject Dirk Borsdorff aus Potsdam. Assoziierte Partner sind DLG e.V., die Hochschule-Anhalt und die DHI WASY GmbH. „Wir arbeiten an einer vollautomatisierten, solar- und echtzeitprozessoptimierten Bewässerung“, erklärt Antje Augstein von AGRO-SAT, „wir verwenden dabei ein Boden-Wasser-Haushaltsmodell und ein Pflanzenwachstumsmodell.“ Ersteres berücksichtige Bodenbeschaffenheit, Wasserhaltefähigkeit im durchwurzelbaren Raum (Durchwurzelungstiefe) und klimatische Voraussetzungen der Region. Beim zweiten Modell spielten die Pflanzenart, Größe der Pflanze, ihre Wurzeltiefe oder der Blattflächen-Index eine Rolle.
Benötigte Wassermenge wird aus zwei Modellen errechnet
Die ermittelten Daten aus beiden Modellen werden aufbereitet und grafisch erfasst. Eine spezielle Software des Partners DHI WASY berechnet über ein Echtzeitprozessmodell die Notwendigkeit einer Bewässerung. Ist sie gegeben, werden Signale an die Bewässerungs-, Solar- und Pumpensteuerung weitergereicht, die steuerbaren Ventile geöffnet und die Versuchsflächen bewässert. Dafür wurden in gleichmäßigen Abständen Tropfschläuche verlegt und in Gruppen an das Wasserverteilernetz angeschlossen, was zuvor vom Ingenieurbüro Irriproject am Computer geplant wurde. Die benötigte Energie für die Bewässerungssteuerung wird durch Sonnenenergie mit Hilfe von Solarmodulen erzeugt. Eine Solarpumpe verteilt die erforderliche Wassermenge aus dem Zwischenspeicher über eine Niederdruckrohrleitung zu den Feldern. Die Daten für die virtuelle Auswertung werden über Bodensensoren - zur Verfügung gestellt von der Firma AGRO-SAT - und eine Wetterstation erfasst. Vereinfacht ausgedrückt: Ist der Boden feucht, wird nicht bewässert. Bei Trockenheit erfolgt die Versorgung vollautomatisiert mit der extrem wassersparenden Tropfbewässerung, die das Wasser unmittelbar an die Wurzeln der Pflanze bringt, indem aus den Öffnungen der Tropfschläuche das Wasser sickert.
Versuche mit Soja, Weizen und Möhren an zwei Standorten
Zwei Versuchsstandorte werden im Rahmen des Projektes betrieben. Zuerst wurde eine Fläche von zwei Hektar auf einem Versuchsgelände des Internationalen DLG-Pflanzenbauzentrums in Bernburg-Strenzfeld in Betrieb genommen. Im Wechsel werden hier Soja und Weizen angebaut. Dies geschieht auf insgesamt 16 Parzellen, von denen die eine Hälfte herkömmlich, die andere smart bewässert wird, mit in 40 Zentimetern Tiefe verlegten Schläuchen.
Der zweite Standort liegt in Arensdorf und gehört der Gut Mennewitz GmbH. Hier wird oberirdisch entlang der bepflanzten Dämme bewässert, ebenfalls mit Hilfe von Solarmodulen, einem Brunnen, einem Wassercontainer und den Simulationsmodellen. Auch in Arensdorf fließen die Informationen der Bodensensoren und der Wetterstation in die Berechnungen mit ein. Versuchspflanzen waren Möhren, wovon ein Teil konventionell, ein anderer smart versorgt wurde. Die Pflanzung erfolgte im Mai, die Ernte Anfang November. „Der Ertrag war sehr gut“, sagt Antje Augstein, „die Möhren, die automatisiert bewässert wurden, waren größer als die anderen.“
Anlagen attraktiv bei steigenden Wasserkosten
Das Projekt läuft noch etwa bis September 2022. Schon jetzt ist klar, dass die vollautomatisierte Bewässerung, anwendbar bei jeglichem Obst- und Gemüseanbau, ein Erfolg ist. Noch freilich bedeutet sie einen hohen finanziellen Aufwand. Aber, ist sich Antje Augstein sicher, der wird sich eines Tages rechnen: „Der Klimawandel wird zu einer stärkeren Reglementierung des Wasserverbrauchs führen. Je höher der Wasserpreis ist, desto eher lohnt sich eine solche Anlage.“ Die Sonnenenergie sei schließlich gratis, die Module würden sich nach einigen Jahren amortisieren. Zumal beispielsweise auch Flüssigdünger auf diese Weise ganz zielgerichtet ausgebracht werden könnte, was die Wissenschaftlerin als nächsten Schritt plant.
Die Höhe der Kosten ist einer der Gründe, weshalb diese Art des Digital Farming noch nicht verbreitet ist. Daher ist Antje Augstein dankbar für die Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt, das das Projekt finanziell betreut. Die Fördermittel kommen von der EU, das Wirtschaftsministerium steht mit der Kontaktanbahnung zu Innovationsdienstleistern für EIP-Agri und Beratung zur Seite. Außerdem profitiert das Projekt „IrriMode“ von der Hochschule Anhalt, die das Monitoring der Versuchsfelder in Strenzfeld und Arensdorf übernommen hat und die wissenschaftlichen Auswertungen und Studien durchführt.
Wenn das Projekt beendet ist, könnten für die Landwirtschaft und den Gartenbereich unterschiedlichste Modelle erstellt werden. „Wir könnten diese auf einer Internetplattform aufbereiten und den Landwirten anbieten, dort ihre Daten zu hinterlegen, die Betreuung übernehmen und die Bodensensoren liefern und einbauen“, sagt Antje Augstein. Dass die Tröpfchenbewässerung schon für sich genommen ein Erfolg ist, zeigt sich bereits seit den 1930er Jahren in Israel und inzwischen auch in anderen, von Trockenheit geplagten Ländern. Trotz karger Böden und knapper Ressourcen können dort ausreichende Erträge erzielt werden. Dirk Borsdorff, einer der „IrriMode“-Partner, verbrachte einige Zeit in Israel, um das System kennenzulernen. Dann kam er zurück und - rief das Projekt „IrriMode“ ins Leben.
Anja Falgowski/IMG Sachsen-Anhalt
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