Handwerk trifft Design.

Produktdesignerin Anne Sommer sitzt in ihrem kleinen Büro unterm Dach des Designhauses in Halle. Sie hat wenig Zeit. Auf dem Arbeitstisch liegen Schnittmuster, Scheren, Wolle, allerlei Nähutensilien, Stoffreste. Neben dem Tisch aufgereiht an einer Kleiderstange: Sommers Produkte – Mode für Kinder. „Froschi“ ist ein Beispiel. Ein Pullover mit integriertem Froschgesicht am Ende eines Ärmels. Das Spielzeug immer als Begleiter dabei.

Anne Sommer entwirft und produziert Spielmode. Sie hat an der Kunsthochschule Halle studiert, ist seit einem Jahr selbständig. Eine Kreative, die versucht, sich mit ihrer Mode auf dem Markt neben den großen Ketten zu behaupten. „Ich habe zwar schon ein gutes berufliches Netzwerk“, sagt sie. „Aber es wäre gut, das Netzwerk weiter auszubauen.“ Zum Beispiel mit dem Handwerk.

Ebenso ein Netzwerk gibt es seit einem Jahr im südlichen Sachsen-Anhalt. Regelmäßig treffen sich Designer und Handwerker an einem Tisch als so genannter Club 12. Ein Kreis von sechs Designern und sechs Handwerkern, die sich austauschen: über ihre Produkte, deren Entstehung und die Produktionsprozesse. Kreativbeauftragter Sven Sommer – der übrigens nicht mit der Designerin verwandt ist – von der Handwerkskammer Halle hat den Club gemeinsam mit Martin Büdel von der Kunsthochschule Halle initiiert, und dieses Vorhaben wird nun gemeinsam mit dem Transferzentrum der Kunsthochschule realisiert. Sie wollen Designer und Handwerker zusammen bringen. „Die Handwerkskammer verspricht sich vom Club 12, dass in Kooperationen neue Produkte und Wertschöpfungsketten entstehen“, sagt Sven Sommer. Und: „ Ein weiteres Ziel wäre, dass auch bestehende Produkte aus dem Handwerk durch den Designerblick verbessert werden und bessere Marktchancen bekommen.“ Auf der anderen Seite könnten Designer mit Hilfe der Handwerker schon in der Entwurfsphase effektiver planen und entwickeln, so dass sie ihre Produkte serientauglich produzieren können.

Und genau darum soll es im Club 12 gehen: Handwerker schauen ganz praxisorientiert auf die Entwürfe der Designer und geben handfeste Anregungen für die Umsetzung. Schließlich sind diese Handwerker  bereits erfolgreiche Unternehmer und haben den betriebswirtschaftlichen Blick auf das Produkt. Andererseits betrachten die Designer die Arbeit der Handwerker aus Gestaltersicht und können Verbesserungen anregen, die dem Produkt mehr Chancen auf dem Markt geben. Damit profitieren im Idealfall beide Seiten von einer Zusammenarbeit.

So ein Beispiel hat auch Modedesigner Alfredo Mahumane aus Halle. Mahumane ist Schneider, auch er hat schon einige Male zusammen mit Produktdesignerin Anne Sommer am Club 12-Tisch gesessen und sich mit anderen Designern und Handwerkern ausgetauscht. Mahumanes Vorteil: Er ist ein Ein-Mann-Betrieb, produziert komplett allein, vom Entwurf bis zur Herstellung an der Nähmaschine. Deshalb kann er selbst gut einschätzen, welche Idee man umsetzen kann und welche nicht. „Neulich habe ich mit einem anderen Modedesigner zusammen gesessen“, erzählt er. „Der hat einen Schleier entworfen, den man wie eine Gardine öffnen sollte.“ Doch der Schleier habe einen so festen Stoff gehabt, dass die Produktion schwierig gewesen wäre, erzählt Mahumane. „Also habe ich dem Kollegen vorgeschlagen, einen leichteren Stoff zu verarbeiten und lieber eine Art Jalousie zu entwerfen als eine Gardine.“ Für die Umsetzung des Entwurfs und die Produktion sei das von entscheidendem Vorteil gewesen. So verspricht sich Mahumane auch vom Club 12 weitere Anregungen. „Für mich persönlich ist „Vermarktung“ ein großes Thema“, sagt er. Da hoffe er auf weitere Tipps und Impulse, um seine Produktion zu erweitern und sich auf dem Markt zu platzieren.

Wenn Handwerk und Design in dieser Weise voneinander profitieren, sind Sven Sommer von der Handwerkskammer Halle, Martin Büdel und Astrid Beier von der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle begeistert, dann ist die Netzwerk-Idee aufgegangen. „Wir hatten überlegt, wie wir die Kreativwirtschaft in Sachsen-Anhalt unterstützen können“, sagt er. Und das ginge eben am besten, wenn man Schnittmengen zwischen Handwerk und Design findet und beide Bereiche voneinander profitieren. „Klar gibt es auf beiden Seiten auch das eine oder andere Vorurteil“, so Martin Büdel: „Zugespitzt ausgedrückt heißt das, auf der Baustelle herrscht eben ein anderer Ton als im Atelier“.  Aber diese Vorurteile sollen mit dem Club 12 abgebaut werden.

Und warum der Name? „12 ist eine gute Zahl für einen konstruktiven Austausch“, sagt Sven Sommer. Und dann kam noch der „Club“ dazu. Ganz einfach. Einen festen Ort für die Treffen gibt es übrigens nicht. Nur einen realen runden Holztisch, den Martin Büdel entworfen hat. Dieser steht jedes Mal an einem anderen Ort, um neutralen Boden zu schaffen. So war er schon in einem Friseursalon, in einer Tischlerei und auf einem Schloss. Das nächste Treffen soll in einer alten Malfabrik stattfinden. Auch auf der Mitteldeutschen Handwerksmesse hat sich der Club12 schon präsentiert. Außerdem ist im September ein Holz-Workshop geplant

„Es gibt keine feste Teilnehmergruppe, eigentlich kann jeder Designer bzw. Handwerker, der sich für das Thema interessiert, mitmachen. „Wir haben  sehr viele Interessenten und versuchen die 12 Plätze rotierend zu vergeben“ so Büdel.

Produktdesignerin Anne Sommer und Modedesigner Alfredo Mahumane wollen in jedem Fall weiter zu den Treffen gehen. Anne Sommer: „Ich habe bei den Treffen immer im Hinterkopf: Vielleicht könnte ich mit dem einen oder anderen Kreativen mal etwas zusammen anschieben. Auf jeden Fall erweitere ich mit dem Club 12 mein berufliches Netzwerk.“

(Autorin: Anja Schlender)

Bildunterschrift: Modedesigner Alfredo Mahumane und Produktdesignerin Anne Sommer im kreativen Austausch. Der kleine Frosch am Ärmel ist Teil von Sommers Spielmode

Kontakt:

Sven Sommer
Handwerkskammer Halle
Tel.: 0345 2999-228
Sekretariat: -221
ssommer.ignore@hwkhalle.de

 

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