Nachhaltigkeit und sparsamer Ressourcenverbrauch – ein Solarunternehmen aus Sachsen-Anhalt auf Wachstumskurs

Die Calyxo GmbH überzeugt mit Kostenersparnis und geringem CO2-Ausstoß schon in der Produktion

Golden wie die Sonne leuchten die drei Patent-Urkunden im Eingangsbereich der Calyxo GmbH in Thalheim, einem Ortsteil von Bitterfeld-Wolfen, der sich als Solar Valley Sachsen-Anhalt einen Namen gemacht hat. Calyxo ging als Hersteller von Solarmodulen mit der großen Absatzkrise nicht in die Knie, im Gegenteil. Das Unternehmen begann erst vor sechs Jahren mit der Produktion. Aus anfangs vier Mitarbeitern sind 175 geworden, die für Kunden weltweit produzieren. Auf der Intersolar Europe vom 22. bis 24. Juni 2016 in München präsentiert sich das Unternehmen auf dem Gemeinschaftsstand des Landes Sachsen-Anhalt.

Sichtbeton, sparsam möblierte Räume, selbst das Geschäftsführerbüro eher unspektakulär. Der große weiß-grüne Calyxo-Schriftzug an der Fassade fällt ins Auge. Wer den kleinen Empfang betritt, sieht die goldenen Patenturkunden, die einen Kontrapunkt zum nüchternen Ambiente setzen. Die Atmosphäre aber ist herzlich und gelöst und lässt noch immer die Aufbruchsstimmung im gut zehn Jahre alten Unternehmen spüren. Die dürfte eine Grundvoraussetzung sein, will man sich auf dem umkämpften Markt der Solarmodule behaupten.

Einzigartig: Dünnschichtverfahren ohne Vakuum

Calyxo kommt zugute, dass die Firma mit ihrer Technologie preiswerter produzieren kann und ihre Module unter bestimmten Bedingungen mehr Leistung bringen. „Wir nutzen die Cadmiumtellurid-Technologie und haben ein Verfahren entwickelt, mit dem wir unter normalen Druckverhältnissen produzieren können“, sagt Dr. Florian Holzapfel. Der Geschäftsführer kommt geradezu ins Schwärmen, wenn er die Vorteile gegenüber den herkömmlichen Dünnschichtverfahren unter Vakuum-Bedingungen erläutert: „Wir nutzen Stickstoff als Trägergas und ,pusten‘ das auf 1000 Grad erhitzte Cadmiumtellurid auf das nur 600 Grad heiße Glas. Durch den extremen Temperaturunterschied kondensiert das Cadmiumtellurid sofort.“

Auf dieses Abscheidungsverfahren unter Atmosphärendruck hält Calyxo ein Patent. „Es ist rund Dreiviertel kostengünstiger als die Anschaffung der Anlagen für die Vakuum-Technologie. Und der kontinuierliche Produktionsprozess benötigt weniger Energie. Das spart uns Kosten und führt zu einem geringen CO2-Ausstoß“, macht er deutlich, dass Calyxo nicht nur an umweltfreundlicher Technologie verdienen will, sondern sich ihr im umfassenden Sinn widmet. Calyxo ist das einzige Unternehmen weltweit, das diese Technologie anwendet.

Die Verwendung von Cadmiumtellurid (CdTe) für die Herstellung der Photovoltaikmodule anstelle des Siliziums hatte die Solar Fields LLC vor etwa zwölf Jahren entwickelt. Wenig später wurde Calyxo durch Q-Cells gegründet und erwarb die Lizenz. Später übernahm Solar Fields die Q-Cells Anteile vollständig. Vor zehn Jahren baute Calyxo eine Testproduktionslinie auf. Neben der US-amerikanischen Firma First Solar, dem Marktführer in diesem Bereich, ist Calyxo aus Sachsen-Anhalt der einzige Hersteller von Solarmodulen mit CdTe.

Maschinen werden selbst gebaut

Dabei ist aufbauen wortwörtlich gemeint. Bis heute. „Wir stellen unsere Beschichtungsanlagen selbst her, kaufen nur die Basisteile dafür ein“, sagt Dr. Florian Holzapfel fast beiläufig. So wurde 2007 die Produktionslinie erweitert, zwei Jahre später lieferte Calyxo die ersten Module aus. 2013 reichte die Kapazität nicht mehr aus. Mit finanzieller Förderung durch das Land Sachsen-Anhalt entstand die zweite Produktionslinie.

Die meiste Arbeit erledigen die Maschinen und Roboter, die die Paneele hin und her wenden, von dem einen Prozess in den nächsten legen oder zuschneiden. Doch ganz ohne Menschen geht es natürlich nicht, weder in der Produktion noch in der Forschung, im Verkauf und der Verwaltung schon gar nicht. Die Mitarbeiter kommen nicht nur aus Bitterfeld-Wolfen und Umgebung, sondern aus vielen Ländern. Vor allem in der Forschungsabteilung geht es international zu. Englisch ist zweite Betriebssprache, zumal Calyxo eine Niederlassung in den USA hat, in der drei Mitarbeiter forschen. Und obwohl die Firma techniklastig ist, ist rund ein Viertel der Beschäftigten weiblich. „Ich finde, das ist in dieser Branche viel“, meint Dr. Florian Holzapfel.

Produktion mit Augenmaß

Das Schicksal von Q-Cells, die durch die Absatzkrise bei Solarmodulen in die Insolvenz rutschten, ist den Calyxo-Chefs, Dr. Florian Holzapfel und Dr.-Ing. Michael Bauer, eine Warnung. Produziert wird mit Augenmaß und wenn Abnehmer absehbar sind. Auf Halde liegt nichts. Und so überstand Calyxo auch die Finanzkrise gut und ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen.

Inzwischen ist Calyxo auf dem Markt so präsent, dass die Firma spektakuläre Projekte vorzuweisen hat. Ein mit Modulen versehenes Hochhaus in Beirut zum Beispiel. Oder das Belfaster Parlamentsgebäude. „Unsere Technologie ist vor allem für heiße Gegenden interessant, denn unsere Module sind bei hohen Temperaturen leistungsfähiger als kristalline Produkte. Wenn die Sonne auf das Glas scheint, erwärmt es sich schnell auf 60 Grad oder mehr, wodurch die Leistung abnimmt. Diesen Leistungsabfall können wir geringer halten als die Mitbewerber“, sagt Dr. Florian Holzapfel. Durch den relativ niedrigen Energieverbrauch bei der Produktion unter Atmosphärendruck und die höhere Leistungsfähigkeit bei der Erwärmung der Paneele dauere es nur etwa ein Jahr, bis ein Modul so viel Strom erzeugt hat, wie für seine Herstellung aufgewendet wurde.

Calyxo liefert seine Module inzwischen auf alle Kontinente außer nach Südamerika. Als Ziel haben sich die Mitarbeiter gesetzt, mit Kunden in 40 Ländern Kontakte zu pflegen. Und auch wenn der verspiegelte Turm in Beirut ein schönes Referenz-Objekt ist, drei Viertel der Photovoltaik-Module werden für Freiflächen-Anlagen hergestellt, etwa ein Fünftel erzeugt auf Dächern und an Fassaden Strom. Ein sich ständig vergrößerndes Geschäftsfeld ist die Nachrüstung und Umrüstung vorhandener Anlagen anderer Hersteller, „wenn die nicht so laufen wie erwartet“, schmunzelt Holzapfel.

Neue Kunden gewinnen

Neue Kunden gewinnt das Unternehmen durch Direktansprachen, durch Empfehlungen und vor allem durch Messeauftritte. Auf der Intersolar Europe in München vom 22. bis 24. Juni ist es wieder dabei. „Es ist super, dass wir auf dem Gemeinschaftsstand von Sachsen-Anhalt vertreten sind. Das hat sich in den vergangenen Jahren als extrem hilfreich und sinnvoll erwiesen. Die Kunden wissen, wo sie uns finden. Wir können uns repräsentativ präsentieren und das mit vertretbarem finanziellen Aufwand. Ich rechne mit bis zu 200 neuen Anfragen. Mal sehen, wie viele hängen bleiben“, freut sich Dr. Florian Holzapfel auf zwar anstrengende, aber hoffentlich erfolgreiche Tage. Andere Messen hätten sich nicht als so hilfreich erwiesen. Die Branche konzentriere sich inzwischen auf die Intersolar.

Bis zur Messe sind die fast 40 Forscher und Entwickler vielleicht noch nicht mit der Entwicklung eines neuen, leistungsfähigeren Moduls fertig. Doch sie sind beständig am Probieren und Tüfteln, auch um die Prozesse zu optimieren und auf diesem Weg das Unternehmen selbst leistungsfähiger zu machen. Dass Calyxo von seinem Produkt überzeugt ist, beweist die Leistungsgarantie von zehn Jahren auf Material und Verarbeitung sowie auf 90 Prozent der Nennleistung und von weiteren 15 Jahren auf 80 Prozent der Nennleistung. Überdies können die Module komplett recycelt werden. Noch ein Beleg für das Bemühen um Nachhaltigkeit und sparsamen Ressourcenverbrauch.

 

Bildunterschrift: Calyxo-Produktion: Fast vollautomatisch läuft die Produktion der spiegelnden schwarzen Glasplatten, die das Sonnenlicht in elektrischen Strom verwandeln. Doch an einigen Stellen müssen die Mitarbeiter von Calyxo doch Hand anlegen, damit die Solarmodule wunschgemäß fertiggestellt werden. Foto: Calyxo/ Vera Fendt

Autorin: Renate Wähnelt

 

>HIER gehts zum Landes-Gemeinschaftsstand von Sachsen-Anhalt auf der Intersolar Europe 2016  in Halle A3 Stand 470.

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