Start-up TinkerToys macht Kinderträume wahr
Mit individuellem Spielzeug und Starthilfe vom Land Sachsen-Anhalt zum erfolgreichen Jungunternehmer
In jedem Manne steckt bekanntlich ein Kind, das gerne spielt. Doch nur wenige Männer bauen auf Spielzeug ein reales Unternehmen auf. Sebastian Friedrich, ehemaliger Student der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg, hat genau das getan. Die Firma TinkerToys stellt individuell von Kindern am Computer gestaltetes Spielzeug her. Dazu nutzt sie eine moderne Hochtechnologie, die bisherige Entwicklungs- und Produktionsprozesse in der Industrie revolutioniert. Beim Start in die Geschäftswelt profitierte das Forscherteam von den Fördermöglichkeiten, die das Land Sachsen-Anhalt mit der ego-Initiative jungen akademischen Firmengründern bietet.
„Das hatte ich mir schon als Kind gewünscht“, sagt der diplomierte Produktionstechniker. „Ich erinnere mich an eine Situation, als ich mit Teilen aus einem Bauspielkasten einen Jeep bastelte. Es lief gut, bis ich die Idee hatte, ein Paar Außenspiegel anzubauen. Ich war enttäuscht, weil es dafür keine Bauteile gab.“ Solche Beschränkungen der kindlichen Kreativität gibt es bei den Spielsachen, die das Sachsen-Anhaltinische Start-up-Unternehmen TinkerToys produzieren kann, nicht. Jedes Kind kann sein eigenes Spielgerät – egal ob Autos, Burgen oder Puppen – individuell gestalten und dabei das Vorstellungsvermögen spielerisch trainieren. Möglich macht es das sogenannte Rapid Prototyping – ein Verfahren zur additiven Herstellung von Einzelstücken, Prototypen oder Kleinserien.
Beim Rapid Prototyping handelt es sich um ein dreidimensionales Druckverfahren, mit dem ein Modell schichtweise aus Kunststoff – oder aus anderen Materialien – aufgebaut wird. Die Bauanweisungen für den 3-D-Druck liefert ein räumliches Computermodell (CAD-Daten). Das Verfahren ist in der Industrie noch nicht lange im Einsatz, findet aber schnell eine immer größere Verbreitung – inzwischen sogar auf der Internationalen Raumstation ISS.
An der Magdeburger Universität werden seit den 1990er Jahren die diversen Möglichkeiten des 3-D-Drucks untersucht. Durch die Existenzgründungsoffensive Sachsen-Anhalts gefördert, entstand 2013 am Institut für Fertigungstechnik und Qualitätssicherung das sogenannte INKUBATOR Fabricational Laboratory (FabLab). Dort können Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Absolventen der Universität innovative Produktideen am Computer entwickeln und mit einen 3-D-Drucker verwirklichen. Sebastian Friedrich war einer der Initiatoren des FabLab und dessen intensiver Nutzer.
Im Umfeld anderer, größerer Produktionsmaschinen in der Experimentierhalle nimmt sich der 3-D-Drucker von der Größe eines Bierkastens eher bescheiden aus. „Mancher bezeichnete ihn auch als Spielkram“, so Friedrich. „Das gab den Anstoß, über die Herstellung von individuell gestaltetem Spielzeug weiter nachzudenken.“
Zusammen mit Unternehmensberater Marko Jakob und Spielzeugdesigner Sebastian Schröder entwickelte Friedrich ein Geschäftsmodell, das die Start-up-Unternehmer auf Businessplan-Wettbewerben den sogenannten Business Angels vorstellten. Das sind erfahrene Unternehmer, die jungen Nachwachskräfte bei ihren ersten Schritten in die Marktwirtschaft begleiten und unterstützen. Finanziell gefördert wurde der Magdeburger Wissenschaftler und Jungunternehmer mit einem Gründerstipendium aus dem Ego-Start Programm des Landes Sachsen-Anhalt. Das ermöglichte die Teilnahme an mehreren Qualifizierungsmaßnahmen, Coachings, Workshops und Messen. Im März 2014 wurde die TinkerToys GbR als erste Ausgründung des INKUBATOR FabLab gegründet. Seither haben die Firmengründer ihre Idee schon in dutzenden Schulen Mitteldeutschlands vorgestellt. Die Zielgruppe sind Mädchen und Jungen im Alter ab sechs Jahren. „Jüngere Kinder besitzen meist noch nicht das notwendige Vorstellungsvermögen, um am Computer ihr Spielzeug zu designen.“
Das Entwerfen am Computer haben die Wissenschaftler und Jungunternehmer von TinkerToys mit einer selbst entwickelten CAD-Software so kindergerecht wie möglich gestaltet. Geometrische Grundfiguren wie Kegel, Kugeln oder Würfel lassen sich auf einer virtuellen Oberfläche nach Belieben miteinander kombinieren. So entstehen Teil für Teil immer komplizierter aufgebaute Modelle. Auch Hohlräume und drehbare Teile wie Räder sind möglich. Die Farbgebung ist frei wählbar. Und mit einem Klick kann man das Computermodell aus jedem beliebigen Blickwinkel betrachten und Korrekturen vornehmen. Das am Computer entworfene Spielzeug wird dann in einer Filiale von TinkerToys ausgedruckt – mit Material aus Maisstärke, das bioverträglich und recycelbar ist.
Das Team um Sebastian Friedrich hat inzwischen auch eine Computer-Plattform entwickelt, auf die Kinder und Eltern von zu Hause zugreifen können. Notwendig ist dafür nur ein Rechner mit Internetzugang und schon kann man auf der Homepage von TinkerToys sein eigenes Spielzeug entwerfen und bestellen. Ausgedruckt wird es dann in einer TinkerToys Filiale.
„Die Kette von Bestellung, Fertigung und Auslieferung ist derzeit noch im Aufbau“, schränkt – ein. Neben dem Firmensitz in Magdeburg gibt es erst eine Firmenfiliale mit der Möglichkeit zum 3-D-Druck in Leipzig. Doch das soll sich schon bald ändern. Die Gründer wissen: TinkerToys muss jetzt schnell wachsen, um den bestehenden Innovationsvorteil gegenüber anderen Wettbewerbern auch zu nutzen.
Bildunterschrift: Kinder entwickeln ihr Spielzeug am heimischen Computer selbst . Die Idee dazu hatte der Start-Up-Unternehmer Sebastian Friedrich, der mit seinem Unternehmen TinkerToys den Spielzeugmarkt von Magdeburg aus erobern will (Foto Tinker Toys)
Autor: Uwe Seidenfaden