„Digitalisierung ist der Schlüssel zur Innovation“

Herausforderungen und Chancen durch Digitalisierung und Automatisierung in Sachsen-Anhalt

Ein Gespräch mit Marco Langhof, Vorsitzender des Verbandes der  IT- und Multimediaindustrie Sachsen-Anhalt e. V.  und  Geschäftsführer der TELEPORT GmbH in Barleben

Welchen Stellenwert  hat die IT in den Unternehmen Sachsen-Anhalts?
Die Nutzung von Digitalisierung und Automatisierung wird immer mehr zum wettbewerbsentscheidenden Faktor. Schon heute sorgt die Anwendung von IT-Lösungen  für  45 Prozent  aller Innovationen in Unternehmen.  Immer mehr Unternehmen in Sachsen-Anhalt erkennen die Wichtigkeit des Themas.

In welchen Branchen funktioniert die Einbeziehung der digitalen Technik in die Wirtschaftsprozesse schon gut?
Das Thema betrifft alle Branchen und Unternehmensgrößen, beispielsweise den Maschinen- und Anlagenbau und die Energiewirtschaft. Es findet aber auch Anwendung bei Dienstleistern z.B. in der Pflege, die ihre handschriftliche Dokumentation elektronisch statt, wie bisher, handschriftlich erfassen. Das spart Zeit, die man in die Pflege der Kranken und Senioren investieren kann.

Sollten auch Kleinunternehmen in IT investieren?
Unbedingt, und das ist heute auch einfacher denn je. Klein- und Mittelständische Unternehmen haben durch die Nutzung sogenannter Cloud-Dienste, also zentraler internetbasierter Plattformen, heute ohne große Investitionen Zugriff auf technische Möglichkeiten, die früher nur Großunternehmen vorbehalten waren. Das ermöglicht es ihnen heute, die immer größeren und komplexeren Datenmengen nicht nur zu bewältigen, sondern aus ihnen die richtigen Schlüsse für die Entwicklung ihrer Unternehmen zu ziehen.

In Sachsen-Anhalt gibt es viel Landwirtschaft. Welche Rolle spielt  IT für Bauern?
Einzelne Unternehmen in der Landwirtschaft zeigen uns vorbildlich, wie aus mehr Daten mehr Ertrag generiert werden kann. Das Stichwort hierzu lautet in diesem Fall Precision Farming – präzise Aussaat, optimale Pflege und genau zeitgerechte Ernte von Nutzpflanzen sowie die Automatisierung der Ackerbewirtschaftung durch Vernetzung der Maschinen. Die Firma AGRO-SAT in Baasdorf bei Halle zählt hier zu den Vorreitern in Deutschland.

Und was haben Bio-Bauern von Computer und Kommunikation?
Ich denke da an die Möglichkeiten der Vermarktung, die sich über das Internet direkt an die Kunden wendet, aber auch die Herkunft von Lebensmitteln vollständig transparent macht. Nicht nur Bio-Bauern können so einen direkten Zugang zu anspruchsvollen neuen Kunden finden.

Digitalisierung erfordert Breitbandnetze – wie geht es hier voran?
Breitbandausbau ist wie Rudern gegen den Strom, wer aufhört, fällt zurück. Denn: Seit Jahren verdoppelt sich der Bandbreitenbedarf der Wirtschaft alle zwei Jahre. Und das wird sich vermutlich auch in die nähere Zukunft so fortsetzen. Diese Aufgabe wird daher auf allen Ebenen adressiert; das Land, Kommunen und die IT-Wirtschaft ringen hier gemeinsam um die besten Lösungen.

Wie notwendig ist der Breitbandausbau des Kommunikationsnetzes in Sachsen-Anhalt?
Die Breitbandversorgung ist für Unternehmen lebensnotwendig.  Ein Ausfall der Internetverbindung ist für viele Unternehmen mittlerweile gleichbedeutend mit einem Produktionsausfall. Deshalb ist der Ausbau des Netzes eine wichtige wirtschaftspolitische Frage, welche nur im Dialog gelöst werden kann.

Sehen Sie noch Nachholbedarf beim Einsatz von Computer- und Kommunikationstechnik in Unternehmen?
Die gute Nachricht für die IT Branche ist: Ja. Denn die durchschnittliche IT-Investitionshöhe pro Arbeitsplatz  liegt in Sachsen-Anhalt noch deutlich unter dem Durchschnitt der Bundesrepublik. Es gibt also noch Informations- und Nachholbedarf bei vielen Unternehmen im Land.

Die Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmer oft gar nicht wissen, welche Möglichkeiten ihnen offenstehen.  Als Verband  der IT- und Multimediaindustrie sehen wir unsere Aufgabe daher auch darin, in Zusammenarbeit mit dem Land unseren Unternehmen solche Möglichkeiten aufzuzeigen.

Haben IT-Unternehmen in Sachsen-Anhalt Standortvorteile bei Kontakten mit ortsansässigen  Unternehmen aus anderen Branchen? Oder spielt das angesichts der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft keine Rolle?
Vorab: die erfolgreichen IT-Unternehmen des Landes agieren in der Regel nicht nur in Sachsen-Anhalt. Sie haben jedoch eine besondere Verantwortung, wenn es darum geht, IT-Kompetenz im Land verfügbar zu halten. Darüber hinaus geht es – wie in jedem Geschäft – auch immer um Aufbau und Erhalt eines Vertrauensverhältnisses mit dem Kunden. Das gelingt in erster Linie durch gute persönliche Kontakte vor Ort.

Finden die Unternehmen in Sachsen-Anhalt genügend gut ausgebilden Nachwuchs an IT-Fachkräften?
Der IT-Bereich wies im vergangenen Jahr ein Wachstum von sechs Prozent auf. Wir haben inzwischen 14.000 Beschäftigte. Das sind mehr als im Maschinenbau. Der Bedarf an IT-Spezialisten wird also weiter steigen. Deshalb legen wir großen Wert darauf, dass die ausgezeichnete akademische Ausbildung in Sachsen-Anhalt im vollen Umfang erhalten bleibt. Denn es ist leichter, gut ausgebildete Fachkräfte hier zu halten, als sie aus anderen Ländern anzuwerben, in denen sie ihren Lebensmittelpunkt bereits gefunden haben.

Mit dem Grad der Vernetzung wächst auch das Risiko von Spionage und Fremdmanipulationen. Wird das in Unternehmen Sachsen-Anhalts thematisiert?
Ich bin der Meinung, dass die Bürger und Unternehmen nicht allein für ihre Sicherheit im Netz sorgen sollten, sondern auch der Staat mit in der Pflicht ist. Das globale Thema IT-Sicherheit kann nicht in Sachsen-Anhalt allein gelöst werden. Aber gern leisten unsere IT-Unternehmen ihrem Beitrag dazu. Das Magdeburger Unternehmen AV-TEST ist z.B. ein weltweit nachgefragter Dienstleister für IT-Sicherheit und Anti-Viren-Forschung.

Foto: Marco Langhof, Vorsitzender des Verbandes der  IT- und Multimediaindustrie Sachsen-Anhalt e. V.  und  Geschäftsführer der TELEPORT GmbH, Rechte: TELEPORT

Autor: Uwe Seidenfaden

vorheriger Beitrag nächster Beitrag