Digitale Wundakte aus dem Harz erleichtert Patienten, Ärzten und Pflegekräften das Leben

Das Netzwerk Tecla Zim-Nemo ist vor drei Jahren gegründet worden. Es wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Ihm gehören zwölf Partner an. Das sind vorwiegend Experten und innovative Mittelständler aus dem Harzkreis, andere kommen von der Hochschule Harz, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und aus Forschungseinrichtungen. Ihr Anliegen ist in dem Kürzel „Tecla“ zusammengefasst. Es geht um technische Assistenzsysteme zur Unterstützung eines langen selbstbestimmten Lebens im Alter in den eigenen vier Wänden. Der Zusatz „Zim-Nemo“ erinnert an frühere Förderprogramme.


Die Gründung des Netzwerkes ist eine Reaktion auf die zunehmende Alterung der Gesellschaft, erläutert Witczak. Bis 2025 werde der Landkreis Harz rund 50.000 Einwohner verlieren. Gleichzeitig nehme die Zahl der älteren Menschen, die über 75 Jahre alt sind, dramatisch zu. Diese Entwicklung ziehe einen steigenden Bedarf an Orientierungs-, Unterstützungs- und Hilfsangeboten nach sich, blickt der 55-jährige Betriebswirt voraus. Tecla habe sich deshalb das Ziel gestellt, die Abläufe in diesem Betreuungsbereich effizienter zu gestalten, die Kosten zu minimieren und Unternehmen zu vernetzen. Im Hugo-Junkers-Innovationswettbewerb des Landes wurde das Netzwerk im Vorjahr ausgezeichnet. Es konzentriert sich nach Witczaks Worten auf drei Bereiche von häuslichen Assistenzsystemen. Das sind Gesundheitsinformationen zur Vorsorge, die durch die Vernetzung von Internet und Regional-Fernsehen verbreitet werden. Das ist die Nutzung intelligenter Technik für Wohnumgebung und Alltag.

Zur Erläuterung nennt der gebürtige Hallenser verschiedene Beispiele. „Per Knopfdruck kann der Hausnotruf ausgelöst werden; Ein Herdwächter verhindere den Wohnungsbrand; Sensoren und Funktechnologie erinnern an das Abschließen der Tür, das Licht auszumachen oder die Heizung abzustellen.“ Diese Lösungen gäbe es zwar bereits in anderen Branchen der Wirtschaft. Angepasst an die häusliche Situation können sie wertvolle Dienste leisten, um ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben zu erhalten und zu fördern, so Witczak.
Nirgendwo auf der Welt aber gibt es eine digitale Wundakte, wie sie mit DigiWund entsteht. „Die ist bisher einzigartig“, versichert der Netzwerkmanager. Sämtliche derzeit verfügbaren Wunddokumentationssysteme böten keine daten- und rechtssicheren Lösungen, mit denen sowohl die Übertragung schriftlicher Aufzeichnungen durch oft überlastete Pflegekräfte umgangen als auch Qualitätsprobleme in der fotografischen Wunddokumentation gelöst werden können, beschreibt Witczak die Ausgangssituation.

Anders bei DigiWund aus dem Harz: Die Halberstädter Petter Letter GmbH entwickelt federführend eine Smartphone-Applikation, die die qualitativen medizinischen Anforderungen an Wunddokumentationen erfüllt. Die Smartphone-Bilder genügten allen Kriterien, damit sie als medizinische Produkte anerkannt werden. So werden Unterschiede in der Beleuchtung, bei Winkel und Wundabstand durch die Abfrage von Abstands-, Winkel- und Beleuchtungssensoren ausgeschlossen. Tecla arbeitet auf diesem Feld eng mit dem finnischen Handy-Hersteller Nokia und der Firma Carl Zeiss Optik zusammen. Witczak ist zuversichtlich, dass im kommenden Frühjahr eine entsprechende App serienmäßige auf Smartphones von Nokia vorinstalliert sein wird.

Die im Netzwerk Tecla verbundenen Partner haben auch eine Lösung für die schriftliche Wunddokumentation gefunden. Denn eines der größten Probleme in der ambulanten Pflege ist der hohe zeitliche Aufwand für das handschriftliche Dokumentieren und die manuelle Übertragung in eine Pflegesoftware am Ende eines anstrengenden Arbeitstages. Durch den Einsatz eines sogenannten digitalen Stifts lassen sich handschriftliche und digitale Dokumentationen integrieren und in einer digitalen Pflegeakte speichern. Dort ständen die Informationen unmittelbar der Pflegedienstleitung und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen zur Verfügung, umreißt der Netzwerk-Manager grob den Lösungsweg. Besonders hebt er hervor, dass durch das Entfallen des Abtippens auch Übertragungsfehler seltener werden. Unnötige doppelte Arbeit werde vermieden. Pflegekräfte könnten sich mehr den Patienten widmen. Ein handelsüblicher digitaler Stift, so Witczak, könne etwa 40 A-4-Seiten handschriftlichen Textes speichern.

Die Kombination von Smartphone-Applikation mit digitalem Stift ergebe eine völlig neue „Dokumentationsarchitektur“, prophezeit eine Projektstudie des Netzwerkes. Alle am Prozess der Wundbehandlung Beteiligten hätten Vorteile: Die medizinische Versorgung der Patienten in ihrer heimischen Umgebung verbessere sich, im Gesundheitswesen würden Kosten gespart, der Zugang zu und der Umgang mit den Wundakten für Ärzte, Wundmanager und Pflegepersonal werde erleichtert. „Der Zugriff nicht autorisierter Dritter ist bei DigiWund ausgeschlossen“, versichert Witczak. Er erklärt: „Durch DigiWund wird ein geschlossenes digitales System mit Schnittstellen zu allen gängigen Software-Systemen bei der Kassenärztlichen Vereinigung und den gesetzlichen Krankenversicherungen geschaffen.“ Ein weiteres Ziel, an dem die Spezialisten von Tecla intensiv arbeiten, ist die Entwicklung eines modularen Hausassistenz-Systems auf der Basis eines Tablet-PCs, der Senioren bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben helfen soll.


Kontakt:
Hochschule Harz
Netzwerkmanager TECLA ZIM-NEMO
Uwe Witczak
Friedrichstraße 57 - 59
38855 Wernigerode
Tel.: +49 170 3188553
E-Mail: uwitczak.ignore@hs-harz.de
Web: www.mytecla.de
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