Wissenschaftler im Dienst der Bierqualität

Der Brauprozess ist komplex und störanfällig. Damit die Bierqualität immer stimmt, haben Forscher der Gesellschaft zur Förderung von Medizin, Bio- und Umwelttechnologien (GMBU) aus Halle ein Forschungsprojekt aufgelegt. Gemeinsam mit der Landsberger Brauerei entwickeln sie ein Messsystem, mit dessen Hilfe sich der Reifeprozess von Bier bewerten lässt. Dadurch können unerwünschte Nebenprodukte im Brauprozess frühzeitig aufgespürt werden. In der Praxis ist das vor allem bei der Kreation neuer Biersorten von entscheidender Bedeutung.

Es gibt einen Stoff, der ist dazu geeignet, Bierbrauer in den Wahnsinn zu treiben: Diacetyl. Er entsteht als Nebenprodukt im Brauprozess. Schon winzige Spuren davon verleihen dem Gerstensaft eine ranzig-buttrige Note. Die wiederum gehört nicht ins Bier und wirkt sich schlecht auf Geschmack und Verkauf aus. Wissenschaftler aus Halle wollen dem leidigen Problem jetzt zu Leibe rücken: Mit einem neuen Messverfahren soll der unerwünschte Stoff möglichst frühzeitig im Brauprozess aufgespürt werden. Das ist vor allem dann wichtig, wenn – wie im Fall der Landsberger Brauerei - neue Biersorten kreiert werden sollen. Bevor ein neues Bier auf dem Markt kommt, bedarf es zunächst einer langen Entwicklungs- und Erprobungsphase. In dieser Zeit werden Zutaten und Dosierungen für den Gerstensaft so lange verändert, bis das Ergebnis die hohen Qualitätsansprüche der Bierbrauer erfüllt. Für diesen langwierigen Prozess wäre ein neues Messverfahren goldwert. Denn es spart Zeit und damit Geld“, sagt Matthias Leifheit, Verfahrenstechniker bei der GMBU. Die Gemeinnützige Forschungseinrichtung wurde 1992 gegründet. Am Hauptsitz in Halle sind rund 15 Mitarbeiter tätig, die ihre Arbeit als Bindeglied zwischen angewandter Grundlagenforschung und Wirtschaft verstehen.

Glückt den GMBU-Forschern das Projekt, so hätten sie ein Problem gelöst, für das es in der Bierherstellung derzeit in ganz Deutschland noch keine zeit- und kostengünstige Lösung gibt. Denn: Bierbrauen ist eine Wissenschaft für sich. Im Brauprozess muss alles stimmen, damit der Gerstensaft am Ende so süffig schmeckt wie es der Biertrinker liebt. Doch ganz so einfach ist das nicht. Schließlich ist der Gärprozess nicht nur ein jahrhundertealtes Verfahren, er ist auch komplex und störanfällig. Zum Beispiel können gerade in der Erprobungsphase für neue Biersorten unerwünschte Geschmacksstoffe wie besagtes Diacetyl entstehen. „Schon in kleiner Konzentration stört es den Geschmack“, sagt Matthias Leifheit. Um die Qualität sicher zu stellen, muss die Diacetyl-Konzentration in der Brauerei gemessen werden. Doch das kostet derzeit mehrere Stunden, zudem wird die Messung bisher erst nach Ende des Brauprozesses durchgeführt. „Eigentlich zu spät“, findet Leifheit. Viel besser sei es, sie während des Brauprozesses durchzuführen, damit der Braumeister noch eingreifen kann.

Das Projekt, das die Forscher deshalb aufgelegt haben, hat ehrgeizige Ziele: Gemeinsam mit der Landsberger Brauerei wollen sie ein Analysesystem entwickeln, das schnell und effektiv arbeitet und so Zeit und Kosten spart. Es soll später in der Landsberger Brauerei bei der Kreation neuer Biersorten zum Einsatz kommen. Geldgeber ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Ziel der Förderung ist es, die Qualität des Brauprozesses durch standardisierte Verfahren zu optimieren. Leifheit: „So kann sichergestellt werden, dass der Brauprozess stets nach den gleichen Parametern abläuft.“

Seit drei Jahren wird in der GMBU daran gearbeitet. Inzwischen laufen in den Labors erste Tests. Eigens dazu wurde in den Räumen der Firma auf dem halleschen Weinberg-Campus eine kleine Brauanlage installiert. Sie braut tatsächlich Bier, allerdings in eher kleinen Mengen.

In der Zwischenzeit ist es den Forschern bereits gelungen, ein vorläufiges Mess-System zu entwickeln, das während des Brauprozesses angewendet werden kann. Der Clou: Es arbeitet sehr schnell. Derzeit mutet die Apparatur jedoch noch ein wenig provisorisch an. „Jetzt ist es wichtig, daraus ein richtiges Messgerät mit einem Gehäuse zu machen, das überall einsatzfähig ist“ Noch anderthalb Jahre, so die Schätzungen, wird das dauern. Die ersten Modelle wollen die Hallenser noch selbst bauen. Später soll das eine auf den Bau technischer Geräte spezialisierte Firma aus der Region übernehmen. Erste Gespräche dazu laufen bereits. Firmenchef Dr. Klaus Krüger ist optimistisch: „Wenn wir es schaffen, kommt das der Bierqualität zu Gute. Schon deshalb lohnt sich unsere Arbeit.“


Autorin: Ines Godazgar
Kontakt:
Gesellschaft zur Förderung
von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien e.V.
Dr.-Ing. Klaus Krüger
Erich-Neuß-Weg 5
06120 Halle
E-Mail: krueger.ignore@gmbu.de
Web: www.gmbu.de
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