PolyNature entwickelt biologisch abbaubare Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

Die Auszeichnung als ausgewählter Ort im Land der Ideen im Jahr 2011 hat die PolyNature GmbH aus Halle nicht nur bundesweit bekannt gemacht. „Der Preis hat uns auch geschäftlich erheblich voran gebracht. Er hat zu einem kräftigen Schub in unserer Entwicklung geführt“, sagt Firmengründer und Geschäftsführer Patrick Frohberg.

Er hat Kunststoffe erfunden, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und sich in Luft und Wasser auflösen können.  Die Folien, Formkörper und Beschichtungen von PolyNature dürften sich im vergangenen Jahr gegen 2 600 Mitwettbewerber auch deshalb durchgesetzt haben, weil sie bestens in die Zeit passen. Sie sind öko, ersetzen den Rohstoff Erdöl, sind energieeffizient und komplett biologisch abbaubar.

„Von unseren Produkten bleibt nichts übrig. Wir entnehmen der Natur den Rohstoff und führen ihn wieder in ihren Kreislauf ein“, erklärt Mitgesellschafterin Isabell Stolte, die auch bei der Gründung des Unternehmens im Winter 2011 dabei war. Entstanden ist das Unternehmen damals noch unter dem Namen „Protein2Plastix“ als Ausgründungsprojekt aus der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg heraus. Mit Hilfe des vom Land unterstützten und vom Hochschul-Gründungsnetzwerk Univations gewährten Gründerstipendiums gelang der Schritt in die Selbstständigkeit. Den wagten sie, weil es Frohberg in jahrelanger Forschungsarbeit gelungen war, ein Verfahren zu entwickeln, bei dem pflanzliche und tierische Proteine in Kunststoffe verwandelt werden, die wasserlöslich und zu hundert Prozent biologisch abbaubar sind. Frohberg und Stolte konzentrieren sich vor allem auf kurzlebige Anwendungen in der Landwirtschaft wie Saatbänder mit oder ohne Düngerzusatz, auf Abdeckfolien sowie auf Wegwerfartikel im Cateringbereich. „Unsere Folien verrotten wie Kartoffelschalen“, beschreibt Bio-Ingenieurin Stolte anschaulich einen Vorzug ihrer Produkte.

Dabei nutzen sie besondere Eigenschaften von pflanzlichen und tierischen Proteinen aus. „Wir haben herausgefunden, dass Eiweiße fähig sind, ein dreidimensionales Netzwerk aufzubauen“, erläutert Frohberg. Das sei Voraussetzung dafür, dass eine Polymerisationsreaktion wie bei herkömmlicher Plastik auf Mineralölbasis stattfindet. Bei ihrem Verfahren werde das molekulare Netzwerk aufgelockert und dann maschinell in eine neue Form gedrückt.

Zur Reife gebracht hat Frohberg die Idee in seiner Dissertation, mit der der heute 32-Jährige zum Dr.-Ing. promovierte. Hervorgegangen sind aus dieser Arbeit zwei Patente. Eines bezieht sich auf ein Produkt, ein anderes auf das Verfahren zur Herstellung proteinbasierter Produkte. Isabell Stolte sitzt derzeit noch an ihrer Dissertation, die sie im Frühjahr 2013 verteidigen möchte. Sie beschäftigt sich mit der Modifikation proteinbasierter Produkte durch Zusatzstoffe. Denn so richtig interessant für Kunden würden solche durch einen zusätzlichen Nutzen, den wir der Folie oder dem Formteil hinzufügen können, sagt Frohberg. Als Beispiel führt er Saatfolien an, denen Dünger beigefügt werde, der dann nach und nach mit der Zeit freigesetzt wird. Das stärke nicht nur den Keim- und Wachstumsprozess der Pflanzen, in der Landwirtschaft könnten so ganze Arbeitsschritte auf dem Feld eingespart werden.

Noch während des Ausgründungsprojektes planten der Wirtschaftsingenieur und die Bio-Ingenieurin, die neuartigen Produkte in einem eigenen Unternehmen herzustellen. Nach Abwägung aller Chancen und Risiken solch eines Vorhabens begruben sie aber diese Idee und gründeten das Dienstleistungsunternehmen PolyNature, das Kunden durch ingenieurtechnische Beratung bei der Einführung und Herstellung von proteinbasierten Produkten hilft. „Der Kundenstamm wächst“, sagt Frohberg. „Der Preis hat uns bekannt gemacht.“

Der Blick nach vorn verspricht weiter wachsende Umsätze. Experten gehen davon aus, dass die Produktion biobasierter Kunststoffe jährlich um 15 bis 20 Prozent zunimmt. Stolte und Frohberg sind sicher, dass sie an diesem Aufschwung teilhaben können. Sie sehen verschiedene Gründe, weshalb sich Unternehmen immer mehr diesen Kunststoffen zuwenden. Sie verliehen Firmen nicht nur ein immer wichtiger werdendes „grünes Image“, sie helfen auch bei der Abkehr und dem Ersatz von Erdöl. Die Kosten für den Grünen Punkt des Dualen Systems Deutschland entfielen, weil das Recyclen überflüssig sei.

Die Kosten bei der Umstellung der Kunststoff verarbeitenden Maschinen halten sich in Grenzen, denn ein wichtiger Vorteil ihres Verfahrens sei, dass die vorhandenen Anlagen zur Kunststoffverarbeitung wie Extruder auch für die Verarbeitung der proteinbasierten Kunststoffe genutzt werden können. „Je nach Anforderungen passen wir die Anlagen vor Ort an. Manchmal sei der Aufwand relativ gering, manchmal werde zum Lösen eines Problems mehrere Wochen benötigt“, berichtet der gebürtige Hallenser. In jedem Fall bringt das neue Verfahren dem Kunden Vorteile: Besonders wichtig sei die  Energieeinsparung, hebt Frohberg hervor. Während herkömmliches Kunststoff-Granulat auf bis zu 400 Grad Celsius erhitzt werden müsse, um es schmelzen zu können, erfolge die Verarbeitung des Materials aus pflanzlichen Proteinen bei Zimmertemperatur. „Bei entsprechend großen Mengen kann die Energieeinsparung in die Millionen gehen“, so Frohberg.

Ganz haben die Wissenschaftler die eigene Herstellung von Produkten aber nicht aufgegeben. Im Labor tüfteln sie nicht nur an weiteren neuen Erzeugnissen, sondern stellen auch Kleinserien hochinnovativer Folien für Landwirte, Gärtner und Angler her, die sie in ihrem Onlineshop vertreiben. Als weitere Anwendungsgebiete für ihre ungiftigen, biologisch abbaubaren und kompostierbaren Folien und Plaste sehen sie vor allem die Verpackungsmittel- und die Lebensmittelindustrie. Das Geschäft der preisgekrönten Jungunternehmer läuft so gut, dass sie über die Einstellung von Mitarbeitern nachdenken. Denn derzeit nimmt PolyNature keine Aufträge an. Das Auftragsbuch ist voll.


Kontakt:
PolyNature GmbH
Dr.-Ing. Patrick Frohberg
Birnenweg 21a
06112 Halle/Saale
Tel.: +49 345 5528414
E-Mail: patrick.frohberg@polynature.de
Web: www.polynature.de
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