Suche die Ursachen, löse das Problem! - Magdeburger Industriedesigner hat Arbeitsschutz im Blick

„Man kann Probleme nur lösen, indem man die Ursache sucht“, das ist einer von vielen Sätzen, die Rainer Böhme sagt, wenn er seine Arbeit beschreiben soll. Der 28-jährige Student gründete vor zwei Jahren seine Firma „Kausaldesign“ in Magdeburg und tüftelt als Industriedesigner vor allem an Lösungen für einen effizienten, aber wirkungsvollen Arbeitsschutz. Doch in dem gebürtigen Altenburger steckt noch viel mehr. Er ist ein Künstler, ein Visionär, ein Selbstständiger, ein Kabarettist und einer, der kaum stillhalten kann.

Die kleine Wohnung ist an Schlichtheit kaum zu überbieten. Ein paar Regale, Tisch, Bett, Computer. „Ich lege nicht viel Wert auf Schnickschnack“, sagt er. „Hier muss ich mich ausruhen und darf nichts gestalten.“ Die bunten Ideen, die flattern dafür in seinem Kopf herum. Eine Melange aus Visionen, abstrakter Kunst und Architektur. Für sein Unternehmen vereint der Wahl-Magdeburger alles, was ihm im Geist vorschwebt. „Kausaldesign“, seine Ein-Mann-Firma, liefert Concept Art, Illustration, freie Kunst, Requisite, Industriedesign, beschäftigt sich mit Kommunikation, Lehrmitteln, 3-D-Rendering, CAD-Konstruktion und Modellbau. Keine Sparte davon lässt sich herauslösen, ist sich Rainer Böhme sicher. Erst alles zusammen ergibt einen Sinn. Kausalität, lateinisch „die Ursache“, bezeichnet die Abfolge aufeinander bezogener Ereignisse. „Der Name ist nicht zufällig gewählt“, sagt der gebürtige Thüringer und lächelt. Er beschäftigt sich viel mit komplexen Zusammenhängen und versucht, es den anderen, Auftraggebern und Partnern, vereinfacht zu erklären. Er hat für alles, was er mit „Kausaldesign“ tut, drei Zielgruppen im Blick: den Hersteller, den Investor und den Nutzer. „Manche Maschinen“, sagt Rainer Böhme, „sind fahrende Fleischwölfe“. „Alles hat sich bei der Entwicklung auf die Bedürfnisse des Investors konzentriert, keiner hatte den Nutzer, also den Arbeiter, im Blick.“

Zum ersten Mal war ihm so etwas bei der Arbeit an seiner Abschlussarbeit ins Auge gefallen. Dafür hatte der Student mobile Bohrgeräte unter die Lupe genommen, die für Ankerbohrungen bei Brücken oder Probebohrungen eingesetzt werden. Dabei war ihm die „extreme Unsicherheit“ aufgefallen. „Vieles“, erinnert sich Rainer Böhme, „wurde mit der Hand gemacht.“ In seinem Kopf fing es an zu rattern. Er zeichnete, entwarf 3-D-Ansichten, baute Modelle – und suchte die Antwort auf die Frage: Wie kann die Maschine sicherer werden? Der Ingenieur, dem er seine Entwürfe zeigte, nickte zustimmend, als er sagte: „Die Konstruktion funktioniert.“ Das große „Aber“ schob der Experte im Nebensatz nach: „Aber sie ist zu teuer, wenn man den Konstruktionsaufwand betrachtet.“  Das war der Punkt, an dem der Tüftler und Denker erkannte, womit er sich zusätzlich beschäftigen muss. „Konzentriere ich mich nur auf den Investor, sieht eine Maschine anders aus, als wenn ich mich auf den Arbeiter konzentriere“, erklärt er. Der Investor suchte sich Teile aus, „die nicht kaputt gehen“. Der Arbeiter würde immer auf Nummer sicher gehen. Der goldene Weg liegt, wie so oft, in der Mitte. „Anpassung der Ideen an ökologische, soziologische und ökonomische Rahmenbedingungen“, nennt Rainer Böhme das. „Ich konnte meine Erkenntnisse vom Arbeitsschutz nicht zurücknehmen, aber ich kann dafür sorgen, dass sie allen passen.“ Kompromisse scheut der Jungunternehmer nicht, nur faul dürfen sie nicht sein.

Für seinen ersten Auftrag hat er vor zwei Jahren eine „nackte“ CNC-Fräse eingehüllt. Für die drei Meter hohe, und zwei Meter breite Maschine konzipierte Rainer Böhme drei Hüllen. Mit einer davon wurde die Fräse später auch wirklich „angezogen“. Wie er damals gedanklich heranging, zieht sich durch alle seine weiteren Arbeiten. Erst machte er sich ein Bild von der Maschine. Wie bedient der Mensch sie? An zweiter Stelle stand die Frage: Wie möchte der Unternehmer die Maschine haben? Sie soll sicher und möglichst stabil sein. Nummer drei die Konzeptideen, die in Skizzen oder Modellen zur Gestalt und Nutzung festgehalten werden. Wie kommen die Menschen in oder an die Maschine? Vor jeder Skizze, jedem Satz im Konzept steht die Recherche. Der Student der Fachhochschule Magdeburg-Stendal beschäftigt sich mit dem Produkt, mit der Zielgruppe und dem Unternehmen. Er forscht im Internet, in Büchern, führt Interviews. „Das ist zeitaufwändig, aber nur so kann ich verstehen, in welchem Markt ich mich bewege“, sagt der angehende Master Engineering Design.

Die Schuberth GmbH, ein führender Hersteller von Helmen mit Sitz in Magdeburg,  sprach ihn und seine Kommilitonen an: „Haben Sie nicht Lust, für uns einen modularen Helm zu entwerfen?“ Und ob er Lust hatte! In vielen Stunden entwickelte er einen Arbeitsschutzhelm, der anders aussieht  als alle, die man kennt. Rainer Böhme horchte sich bei Bauarbeitern um: „Was gibt es bei Euch für Verletzungen?“ Sich selbst fragte er: „Wie kann ich einen Rundum-Schutz entwickeln?“ Denn, so viel ist für ihn sicher: Gefahren kommen nicht nur von oben. Die Bauhelme von heute seien jedoch kaum auf andere Eventualitäten ausgerichtet. Sein Helm von Morgen ist das schon. Zum Beweis holt er ein weißes Modell aus Kunststoff aus seinem Beutel. Es sieht aus wie ein Bauhelm, aber eigentlich auch wieder nicht. Ringsum gibt es Verkleidungen, Puffer und Dämpfungen. Industriell gefertigt wurde der Helm bisher nicht, er gehört zu den Visionen des Rainer Böhme. Als Kind spielte er am liebsten mit Legosteinen und Modellbauteilen. Damals waren die kleinen Lego-Autos seine Visionen. Die Perspektiven wechseln. Nächstes Jahr will er seinen Master in der Tasche haben. Dann wird „Kausaldesign“ für ihn zu einer Plattform für wissenschaftliche Arbeiten – auch eine Vision, aber eine, für die er viele Grundlagen geschaffen hat. Wenn er nicht als Industriedesigner denkt, nicht beim Studentenkabarett probt, zeichnet er Phantasiemaschinen. Bilder von laufenden Robotern und fliegenden Schiffen hängen dann im Raum. Für Rainer Böhme ergibt das wieder einen kausalen Sinn: „Wenn ich mich nur mit Fräsmaschinen beschäftige, die es bereits gibt, kann ich keine neuen entwickeln.“


Autorin/Foto: Manuela Bock

Kontakt:
Kausaldesign
Rainer Böhme
Liebknechtstraße 52
39108 Magdeburg
Tel.: +49 (0)163 / 2678484
E-Mail: rainer_boehme@kausaldesign.de
Web: www.kausaldesign.de
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