Das Ernährungsgewerbe spannt ein engmaschiges Netz über den Süden des Landes

Die Ernährungswirtschaft ist mit 19 Prozent die umsatzstärkste Industriebranche und stellt fast 20 Prozent aller Industriearbeitsplätze im Land. Die leistungsstärksten sind im Süden Sachsen-Anhalts angesiedelt. Der hat sich als vorteilhafter Standort etabliert. 70 Prozent des landesweiten Umsatzes in der Ernährungsindustrie werden hier generiert. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat das engmaschige „Netzwerk Ernährungsgewerbe Sachsen-Anhalt-Süd“. Dessen Sprecher Dr. Michael Heinemann (61) versteht sich auf das Knüpfen immer neuer Knoten für einen guten Zusammenhalt.

Welchen Hintergrund gab es 2005 für die Gründung des „Netzwerkes Ernährungsgewerbe Sachsen-Anhalt Süd“?

Dr. Michael Heinemann: Die Region um Weißenfels hatte sich erfolgreich ein neues Profil gegeben. Vom einstigen Standort der Schuhindustrie  war sie zum Ballungsraum für die Ernährungswirtschaft geworden. 14 Unternehmen schlossen sich 2005 zu einem Netzwerk zusammen, um im Verbund die Wettbewerbsfähigkeit jedes einzelnen zu verbessern und zu sichern. Inzwischen sind es fast 40 Unternehmen.

Welchen Vorteil haben die Unternehmen durch die Mitgliedschaft im Netzwerk?

Dr. Michael Heinemann: Die Ernährungswirtschaft ist seit einigen Jahren die umsatzstärkste Branche in  Sachsen-Anhalt. Sie erwirtschaftet ca. 7,2 Mrd. Euro Umsatz, über 5 Mrd. Euro davon im Süden des Landes. Gründe dafür sind die Innovationsfreudigkeit der vorwiegend mittelständischen Unternehmen und die Vorteile des Standortes. Dafür wurden und werden unter dem Einfluss des Netzwerkes gute Bedingungen und Voraussetzungen mit gestaltet. Die IHK Halle-Dessau und Geschäftsstelle Weißenfels der IHK unterstützt uns dabei.

Wie sieht die Einflussnahme des Netzwerkes in der Praxis aus?

Dr. Michael Heinemann: Unter unseren Mitgliedern werden die Probleme und Nöte rege ausgetauscht und diskutiert. Wir wissen also, wo es vor Ort klemmt. Wenn wir die Gestalter der politischen Rahmenbedingungen in den Kommunen und auf Landesebene beraten, fließen unsere praktischen Erfahrungen ein.

Oberste Priorität für den Standortvorteil hat zum Beispiel eine gute Infrastruktur. Im Frühjahr dieses Jahres konnten wir die Fertigstellung der nördlichen Umgehung von Weißenfels feiern. Die bringt enorme verkehrstechnische Erleichterungen.  Insgesamt ist die Entwicklung des Straßennetzes seit der Wende hervorragend ausgebaut.

Sie benennen auch die Erschließung gemeinsamer Potenziale als Aufgabe des Netzwerkes.

Dr. Michael Heinemann: Wir entwickeln zurzeit ein Modell der Transportoptimierung. Wenn Spediteure und Unternehmen unserer Region gemeinsam planen, können Transport- wie auch Lagerkapazitäten besser ausgelastet werden. Das minimiert für alle die Kosten.

Ein anderes Beispiel: Wir waren Partner der Internationalen Bauausstellung IBA. Zur Infrastruktur gehört eben auch der Wohnraum. Wir wirkten mit an einem Projekt, das den Stadtumbau in Weißenfels unter dem Slogan „Wirtschaft schafft Wohnraum, Wirtschaft schafft Kultur, Wirtschaft schafft Arbeitsplätze zukunftsorientiert vorangebracht hat. Es hat 11.000 Arbeitsplätze geschaffen und 500 Stellen für Auszubildende.

Das Netzwerk will dem Mittelstand behilflich sein, Ressourcen in Bildung, Wissenschaft und Forschung zu erschließen. Wie funktioniert das?

Dr. Michael Heinemann: Studenten der Hochschulen Anhalt und Merseburg gehen in regionale mittelständische Betriebe und schreiben dort ihre Diplomarbeit. Der Wissenstransfer nützt beiden Seiten. Die Hochschule Anhalt hat einen guten Ruf, wenn es darum geht, Führungskräfte für den wissenschaftlichen und technologischen Bereich der Ernährungsindustrie auszubilden. Aus der Hochschule Merseburg kommen gute Führungsleute für den kaufmännischen Bereich.

Außerdem stellen die Hochschulen den Betrieben das moderne Know-how ihrer Labore zur Verfügung. Die meisten einheimischen Unternehmen könnten sich nie eine eigene Forschungsabteilung leisten.

Sie haben auch spezielle Aus- und Weiterbildungsmodelle initiiert.

Dr. Michael Heinemann: Gemeinsam mit dem IHK-Bildungszentrum haben wir einen Meisterlehrgang für Industriemeister der Ernährungsindustrie entwickelt. Die verschiedenen Zweige der Branche brachten ihre spezifischen Fachmodule ein.

Außerdem wurde mit der IHK ein Bildungsprogramm aufgestellt, in dem sich das Personal ohne Berufsabschluss qualifiziert.

Besondere Programme bieten sich für Weißenfels als Standort der Sachsen-Anhalt Kaserne mit dem Sanitätskommando an. In Zusammenarbeit mit der Bundeswehr sowie den regionalen Bildungsträgern und Unternehmen des Netzwerks werden ausscheidende Bundeswehrmitarbeiter für eine Tätigkeit in der Ernährungswirtschaft ausgebildet.

Autor: Kathrain Graubaum

Bildunterschrift: Der Lebensmitteltechnologe Dr. Michael Heinemann (61) ist Geschäftsführer der WHG Weißenfelser Handels-Gesellschaft. Als Vorsitzender des Sprecherrates für das „Netzwerk Ernährungsgewerbe Sachsen-Anhalt Süd“ vertritt er dessen Interessen bei politischen Entscheidungsträgern.

Kontakt:

Weißenfelser Handels-Gesellschaft mbH

Alfred-Junge-Straße 28

06667 Weißenfels

Tel. 03443 34153

E-Mail: info@whgmbh.de

 

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