Romanik pur und unverfälscht - Kloster Jerichow war der erste Kirchenbau in Norddeutschland aus gebrannten Ziegelsteinen

Noch eine Besonderheit gibt es. Als Mitte des 12. Jahrhunderts Prämonstratenser in Jerichow einen neuen Ordenssitz begründeten, fehlte es in der Region an Feldsteinen. Diese wurden beim Bau des Havelberger Doms benötigt und bei zahlreichen neu entstehenden Dorfkirchen in der Umgebung ebenso. Kurzentschlossen setzten die Baumeister erstmals in Norddeutschland auf gebrannte Ziegelsteine. Mit der Backsteingotik fand diese später gerade entlang der Ostsee und in Hansestädten Verwendung. Das Kloster Jerichow gehört mit seinen jährlich 60.000 Besuchern zu den Höhepunkten der Straße der Romanik, die seit 20 Jahren wie eine acht durch Sachsen-Anhalt führt.

Der heilige Norbert von Xanten (1080/85-1134) war bereits 1126, kurz nach der Gründung des Prämonstratenserordens, nach Magdeburg ins Kloster Unser Lieben Frauen gekommen. Seine Mitbrüder waren ihm aus dem französischen Prémontré gefolgt, wo sie bereits gemeinsam gelebt hatten. Magdeburg entwickelte sich immer mehr zu einem wichtigen Zentrum der Ostmission der Kirche. Zur Christianisierung der Slawen entstanden entlang der Elbe eine ganze Reihe von Klöstern. Die Geistlichen wollten die Gebiete um Havelberg und Brandenburg missionieren.

Für die Geistlichkeit des Jerichower Klosters kam kurz nach der Reformation das Ende. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688) ließ die Kirche für eine reformierte Gemeinde instand setzen, ansonsten wurde das gesamte Areal zur königlich preußischen Domäne umgewandelt. Die landwirtschaftliche Nutzung begann. Zu DDR-Zeiten befand sich das Gelände in Trägerschaft eines Volkseigenen Gutes. Durch eine intensive Nutzung in dieser Epoche blieben die Gebäude erhalten. "Das war trotz fehlender Mittel und mancher Mängel ein Segen für die Erhaltung", sagt Jan Wißgott, der Leiter der Stiftungsverwaltung. Zudem hatte die DDR-Denkmalpflege sich des Gebäudekomplexes angenommen und wichtige Restaurierungsarbeiten vorgenommen. 2004 gründete sich die Stiftung Kloster Jerichow. Sie hat mittlerweile viele Gebäude saniert, das Umfeld ansprechend gestaltet. "Das Nutzungskonzept wird regelmäßig fortgeschrieben, wir entwickeln ständig Aufgaben für die Räume", erläutert Wißgott.

Das Konzept zahlt sich aus. Dabei bleibt in Nebengebäuden und auf vielen Flächen eine landwirtschaftliche Nutzung erhalten. Auf solche Erträge ist die Stiftung angewiesen. Erst in diesem Jahr eröffnete sie ein eigenes Wirtshaus. Überhaupt laufen bei ihr die Fäden zusammen. Mit der Mischung aus wirtschaftlicher Nutzung und schrittweisem Ausbau kann das Projekt finanziert werden. Wie gut das gelingt, das belegt das Empfangsgebäude. Dort gibt es nicht nur Informationen, sondern auch moderne Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, so dass Radler problemlos eine Rast einlegen können.

Bei einem Rundgang durch Kloster und Klostergarten erschließt sich das mittelalterliche Leben. Sechs Stufen führen in der Kirche zur Krypta hinunter, die in romanischen Gotteshäusern eine Blüte erlebten. Bemerkenswert sind dort die mit Ornamenten und Reliefs verzierten Säulenkapitelle. Drei in den Fußboden eingelassene Grabplatten erinnern an hohe Würdenträger. In der dreischiffigen Basilika ziehen moderne Fenster die Blicke der Besucher auf sich. Die bleiverglasten Vorgänger waren kaum zu restaurieren. Aus diesem Grund wurde eine zeitgemäße Lösung gesucht und gefunden. Klare geometrische Formen, die sich in keinem Fenster wiederholen, setzen auf zurückhaltende Farbigkeit und optimales Licht. Im Museum kommen unter anderem steinerne Zeugen der Baugeschichte, die beispielsweise bei archäologischen Grabungen gefunden wurden, zu Wort.

Entspannung verspricht der Klostergarten. Die liebevoll gestaltete Anlage präsentiert auf 20 von Flechtwerk eingefassten Hochbeeten Nutz- und Gewürzpflanzen, die im Mittelalter Verwendung fanden. Auf der großen Wiese mit ihren Obstbäumen laden Liegen zum Verweilen ein, ein kleiner Kiosk sorgt für Getränke und einen Imbiss. Da lohnt es sich, eine Auszeit zu nehmen und auch die Störche auf einem Schornstein zu beobachten.


Autor/Foto: Klaus-Peter Voigt

Ansprechpartner:
Jan Wißgott
Stiftung Kloster Jerichow
Am Kloster 1
39319 Jerichow
Tel.: +49 39343 285
E-Mail: info.ignore@stiftung-kloster-jerichow.de
Web: www.stiftung-kloster-jerichow.de
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