Für Entdeckungswanderer: Kleinod mit großer Anziehungkraft

Herr Schöne, Ihr Restaurant und Hotel Jagdschloss Spiegelsberge steht in den Halberstädter Bergen, nach denen sich der von Ihnen gegründete Verein nennt. Verknüpfen sich damit auch persönliche Bindungen?
Chris Schöne: Die Halberstädter Berge waren unser Spielparadies, als mein Bruder Patrick und ich Kinder waren. Keine Höhle dort, die wir nicht kannten. Hier lag auch immer ein Wanderziel der Schulklassen, das war Thema für den Heimatkundeunterricht: Was haben wir vor der Haustür? Leider ist das nach 1990 nach und nach verloren gegangen. Aber inzwischen haben wir Halberstädter Lehrer eingeladen, von denen einige das Gebiet zuvor gar nicht kannten, und jetzt erhalten wir auch wieder Anfragen aus Schulen.

Wie will der Verein die Halberstädter Berge für Touristen interessanter machen?
Chris Schöne:
Wir arbeiten gerade die hoch interessante Kulturgeschichte der Hügelkette auf, zu der außer den Spiegelsbergen noch die Klusberge und Thekenberge gehören. Daraus soll eine historische Wanderkarte entstehen, die geschichtlich bedeutsame Punkte entlang der Wege zeigt. Zum Entdeckungswandern, so würde ich es nennen. Denn hier gibt es Kleinode wie den Bismarckturm, das Jagdschloss mit Riesenweinfass und die Eremitage, alles errichtet in der typischen Parkarchitektur des 18. Jahrhunderts. In den Klusbergen wiederum kann man zum Beispiel die Kapelle der Hirten oder die Felszeichnung eines Soldaten von 1924 entdecken.

Dann ist da auch noch die Militärgeschichte. Halberstadt war seit 1623 Garnisonsstadt, und in den Klusbergen befand sich ein Übungsplatz. Wir haben auf einem Felsen eine ganze Tüte voll Bleikugeln eingesammelt. Die hatten die Kürassiere auf die Pappsoldaten abgeschossen, die dort oben aufgestellt waren.
Die vielen Kleinode aus der Geschichte wollen wir zu großer Anziehungskraft entwickeln.

Die historische Karte soll in der zweiten Auflage auch QR-Codes fürs Smartphone mit zusätzlichen Informationen erhalten. Geocaching kann man in unseren Bergen auch machen.

Für den Klusfelsen, eine der Felsformationen, hat der Verein ein Spendenkonto eingerichtet. Was ist das Problem?
Chris Schöne:
Die Klusberge sind ein einzigartiges Bau- und Naturdenkmal, vergleichbar den Externsteinen im Teutoburger Wald. Im Mittelalter haben unsere Vorfahren Hohlräume in die Sandsteinfelsen gearbeitet, darin gewohnt oder diese Höhlen als Kultstätte genutzt. Nachdem hier ab 1945 sowjetisches Militär stationiert war und Teile gesperrt wurden, sind die Klusberge als Wanderziele etwas ins Abseits geraten. Heute ist der Klusfelsen stark verwittert, voller Risse und einsturzgefährdet. Er ist gesperrt und muss von Grund auf saniert werden. Dafür benötigen wir eine Spezialfirma und 70.000 Euro. Der Verein hat deshalb eine Spendenaktion gestartet.

Wer macht mit im Verein?
Chris Schöne:
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten ein ehemaliger Oberförster, ein Hobbyhistoriker, Stadträte, die Stadtverwaltung und viel Interessierte. Heute sind wir etwa 30 Mitglieder, auch jüngere Leute. Ehrenmitglied ist Alexander Baron von Spiegel und Schirmherr unser Oberbürgermeister. Wir knüpfen Kontakte in alle Richtungen, nutzen auch das Jagdschloss, um bei auswärtigen Gästen auf unser Anliegen aufmerksam zu machen. Dank einer privaten Spende können wir jetzt endlich das Mausoleum in den Spiegelsbergen restaurieren, die erste Begräbnisstätte des Parkgründers Spiegel.

Herr Schöne, ebenfalls infolge Ihrer Initiative wird seit einigen Jahren wieder alljährlich zum Parkfest Spiegelsberge das historische Riesenweinfass im Kellergewölbe des Jagdschlosses gefüllt. Wie sind Sie und Ihr Bruder „Schlossherren“ geworden?
Chris Schöne:
Patrick und ich sind im Haus nebenan aufgewachsen. Unser Opa Rolf Grüning hatte das Jagdschloss 1967 gepachtet, und mit seiner großen Kochkunst hat er aus einem Bier-und-Bockwurst-Verkauf für Wanderer ein gastronomisches Aushängeschild entwickelt. Zu DDR-Zeiten standen die Gäste Schlange für einen Platz. 1999 hat Opa das Restaurant geschlossen, da war er Rentner. Nach kurzem Leerstand wurde es verkauft und saniert. Aber 2003 haben wir im Familienrat beschlossen, das Jagdschloss zurück zu kaufen. Zwei Jahre später sind mein Bruder und ich ins Geschäft eingestiegen. Er ist Koch, ich Restaurantfachmann, wir hatten zuvor in renommierten Häusern gearbeitet, unter anderem im Adlon Berlin und im Steigenberger Belvedere in Davos.

Sie sind auch Stadtrat. Welche touristischen Möglichkeiten sehen Sie für Ihre Heimatstadt?
Chris Schöne:
Halberstadt hat neben Dom und Domschatz viele Kleinode von Weltrang: Museen wie das Gleimhaus, das Heineanum, das John Cage Projekt, die Moses Mendelssohn Akademie zum Beispiel. Das sind sehr spezielle Angebote für unterschiedliche Interessen, die sich allerdings schwierig unter einem Oberbegriff vermarkten lassen. Und es fehlt etwas Massentaugliches. Aber Stadt und Umgebung bieten viele Ziele für Individualtouristen.
Ich denke, wir müssen über Halberstadt hinaus „harzmäßig“ denken, um die Highlights im ganzen Harz gemeinsam zu vermarkten.


Interview: Ute Semkat

Kontakt:
Jagdschloss Spiegelsberge
Chris Schöne
In den Spiegelsbergen 6
38820 Halberstadt
Tel.: +49 3941 583995
Fax: +49 3941 584417
E-Mail: info.ignore@jagdschloss-halberstadt.de
Web: www.jagdschloss-halberstadt.de
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