Seit 45 Jahren ehrenamtlich auf Wanderschaft

Klaus Beyer ist ein „Wanderer vor dem Herrn“. Seit 45 Jahren ist der 66-Jährige „ehrenamtlich“ in Bewegung. Im vergangenen Jahr 2011 schnürte er an 269 Tagen seine Wanderschuhe. Beyer ist ausgebildeter Natur- und Landschaftswanderführer und Sachsen-Anhalts bislang einziger Gesundheitswanderführer.

Klaus Beyer „zückt“ diverse Wanderpässe, unter anderem die für den Lutherweg, für den Jakobsweg und den wichtigsten: den für die internationale Marschliga. Auf Wanderrouten durch acht europäische Länder geht es da um den Titel „Europäischer Wandermeister“. Klaus Beyer trägt ihn in Silber. Demnächst wird er in Belgien auf solch eine Wanderroute gehen und entsprechende Kilometer sammeln. „Schade, am Fläming-Wandertag im Juni kann ich darum nicht dabei sein“, bedauert er. Aber auch ohne ihn ist der „Wanderbewegung Magdeburg e.V.“ in Bad Belzig vertreten. „Wir haben einen Bus gechartert und sind vom 16. bis 25. Juni dabei“, sagt der Chef der Magdeburger Wanderfreunde.

1994 hatte Beyer diesen Verein gegründet. Damals begann er mit 17 Vereinsfreunden, ein Wanderwegenetz rund um Magdeburg aufzubauen und auszuschildern. Kürzlich konnte der 3. „Permanente Wanderweg“ eröffnet werden. Auf 13 Kilometern geht es durch die historische Altstadt von Magdeburg. Den Weg kann jeder individuell beschreiten, sich aber auch einer Wandergruppe anschließen. Das Besondere hier: Die Wanderführer sind allesamt auch auf den Themen-Gebieten Geschichte, Landschaft und Natur bewandert.

Beyer schiebt all seine Ausweise wieder zurück in die Plastetüte. Wasserdicht aufbewahrt führt der Wanderfreund seine Dokumente immer mit. In allen werden die Wanderungen gezählt, Kilometer aufgeschrieben, Stationen eingetragen. „Die heute ist meine neunzigste“, entdeckt Beyer beim Blättern. 2011 hat er 269 Wanderungen mit insgesamt 3.850 Kilometern unter seine Füße genommen. Damit steht er an der Spitze der 180 Mitglieder der Magdeburger Wanderbewegung.

Vor einem Jahr trat Klaus Beyer in die Lebensphase, die man amtlich „Ruhestand“ nennt. Nicht so bei dem obersten Wanderer Sachsen-Anhalts. Für Ausbildungsangebote des Deutschen Wanderverbandes hatte er sich schon lange interessiert. Nun konnte er sich die Zeit nehmen, entsprechende Kurse zu absolvieren. Jetzt besitzt er das Zertifikat „Natur- und Landschaftswanderführer“. Und als geprüfter Gesundheitswanderführer ist er sogar der erste und bislang einzige in Sachsen-Anhalt.
Eine aktuelle Studie, die der Deutsche Wanderverband bei Sportwissenschaftlern an der MLU in Halle in Auftrag gegeben hatte, bescheinigt die positive Wirkung des Gesundheitswanderns auf das körperliche und seelische Wohlbefinden. „Profi“-Wanderer Beyer erhofft sich daraus eine engere Zusammenarbeit des Wanderverbandes mit Medizinern und Krankenkassen.

„Inhaltlich stehen heute soziale und medizinische Aspekte viel mehr im Vordergrund als früher“, sagt Klaus Beyer. Früher – da hat er selbstredend auch Wandergruppen geführt, sogar Bezirkswandertreffen und DDR-Meisterschaften organisiert. Im Ehrenamt, versteht sich. Beruflich ging es um die „geistige“ Beweglichkeit – in der „Messe der Meister von Morgen“, für die der Bauingenieur und Lehrmeister lange Zeit verantwortlich war.

Wenn Klaus Beyer noch weiter zurück denkt, dann landet er beim Orientierungslauf. „Ein Leistungssport“, sagt er, „dessen Talentförderung zu DDR-Zeiten hohe Beachtung geschenkt wurde.“ Als Übungsleiter ging Beyer nachmittags in die Schulen; bereitete die Mädchen und Jungen auf Wettkämpfe vor, in denen sie sich mit Karte und Kompass und in schnellster Zeit im Gelände orientieren wollten.

Das pädagogische Geschick im Umgang mit Menschen ist eine jahrzehntelang „trainierte“ Kompetenz, die dem Wanderführer Klaus Beyer von hohem Nutzen ist. Denn ein wesentlicher Aspekt des Wanderns sei die soziale Gemeinschaft; ganz speziell beim Gesundheitswandern, betont er. Gesünder zu leben, lasse sich für die meisten in einer Gruppe besser realisieren.

„Die Gesundheitsforschung hat ergeben“, so Beyer, „dass sich körperliche Aktivitäten in Begleitung anderer Menschen Stress reduzierend auswirken. Eben diese Wirkung haben auch die sozialen Kontakte in einer Wandergruppe. Bewegung in der Gruppe löst einen psychischen und physischen Anpassungsvorgang aus und verhilft letztendlich zum inneren Gleichgewicht.“

Diese besondere Form des Wanderns ist all jenen zu empfehlen, für die eine der geführten Wanderungen von bis zu 50 Kilometern am Tag eine zu hohe Anstrengung bedeutet. „Zu Bewegungsmangel kann es aus verschiedenen Gründen kommen“, weiß der Wanderführer, „häufig sind es lange Krankheiten, Operationen, auch psychische Probleme oder bewegungsarme Berufe.“

In die Gesundheitswanderung integriert Klaus Beyer physiotherapeutische und gymnastische Übungen – und die Zeit, die er sich für jeden Einzelnen nimmt. Darum ist die Gruppe nicht so groß und die Strecke längst nicht so weit wie andere Wanderrouten und in einzelne Etappen aufgeteilt.

Bislang hat Klaus Beyer sechs Gesundheitswanderkurse zu etwa acht Einheiten geführt. Gesundheitswanderungen in der Feierabendzeit anzubieten, sei noch auf kein großes Interesse gestoßen, ist seine Erfahrung. Seine Vermutung: „Noch zu wenige wissen davon.“ Damit meint er nicht nur Teilnehmer, sondern auch Krankenkassen, Ärzte und Physiotherapeuten, die das Gesundheitswandern empfehlen, beziehungsweise in ihr Angebot aufnehmen könnten.

Zunächst setzt der Gesundheitswanderführer auf eine altbewährte Werbestrategie: die Empfehlung von Mund zu Mund. „Also: Weitersagen!“, wünscht er sich im Interesse körperlicher und seelischer Fitness unserer Bevölkerung.


Autorin/Foto: Kathrain Graubaum

Kontakt:
Klaus Beyer
Eisvogelstraße 2a
39110 Magdeburg
Tel.: +49 391 7236334
Mobil: +49 178 5276392
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