ChemLog fördert zentralen Verkehrsknoten für chemische Güter in Mitteldeutschland

Im Süden Sachsen-Anhalts diskutieren Vertreter der Chemieindustrie und Logistikdienstleister über den Aufbau eines zentralen Verkehrsknotenpunktes, der   Chemiegütertransporte in Richtung Osteuropa bündeln soll. Solch ein Hub, wie Fachleute zentrale Verkehrsknotenpunkte und Umschlagplätze bezeichnen, muss nicht neu gebaut werden. Bestehende und geplante Terminals könnten gemeinsam Hub-Funktionen erfüllen, sagt Andreas Fiedler, Projektkoordinator des  europäischen Projekts ChemLog, das nach dreijähriger Laufzeit jetzt die Ergebnisse seiner Arbeit vorlegt.

Wenn sich die bestehenden und geplanten Terminals für den kombinierten Verkehr von Straße und Schiene an den Chemiestandorten in Leuna und Schkopau und im Hafen Halle sowie gegebenenfalls auch bei der Deutschen Bahn in Leipzig-Wahren eng verzahnen und kooperieren, könnten sie die Funktion eines Hub in Richtung Osteuropa erfüllen, ist sich Fiedler sicher. Der 34-jährige Projektmanager von der halleschen Isw-GmbH koordiniert im Auftrag des  Wirtschaftsministeriums und der Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt die Arbeit des internationalen ChemLog-Projekts. Es wurde 2008 von der so genannten Hochrangigen Gruppe Chemie der EU auf Anregung des Europäischen Chemieregionen Netzwerkes (ECRN) ins Leben gerufen, um der äußerst schnell wachsenden Logistik für diese Branche gerecht zu werden. Präsident des ECRN war damals der heutige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts, Dr. Reiner Haseloff.

Im Jahr 2000 wurden rund zehn Millionen Tonnen chemischer Produkte in Sachsen-Anhalt umgeschlagen. In den kommenden Jahren wird ein Transportaufkommen von jährlich 50 bis 55 Millionen Tonnen angestrebt. Ein Großteil davon geht nach Osten. Dort sieht  die chemische Industrie wichtige Zielmärkte. Das offenbart aber auch eine  Reihe struktureller Nachteile. Die chemische Industrie in Westeuropa sei stark integriert und gut vernetzt, beschreibt Fiedler die Situation. Es gäbe viele Pipelines, der Rhein sei als wichtiger Verkehrsträger mit Zugang zu den Nordseehäfen ausgebaut.  In Osteuropa hingegen werden mehr als 90 Prozent der Transporte von chemischen Gütern und zunehmend auch Gefahrgut über die Straße befördert, Das ist nicht nur eine Belastung für die Umwelt, sondern lässt sich auch verkehrstechnisch nicht langfristig und nachhaltig realisieren. Es fehlten Pipelines, die Schienenkapazität sei unzureichend, vorhandene Terminals seien nicht ausreichend für die Bedürfnisse von Chemietransporten ausgerüstet. Ziel von ChemLog sei es deshalb gewesen, Wege aufzuzeigen, wie im Interesse der chemischen Industrie Schienenwege, Wasserstraßen und Pipelines ausgebaut werden sollen. Es sollen soviel Transporte wie möglich auf die Schiene verlagert werden. Um Weichen in diese Richtung zu stellen, hat sich vor drei Jahren ein Konsortium zusammengefunden, in dem Vertreter aus Industrieverbänden, Regionen, wissenschaftlichen Einrichtungen und öffentlichen Verwaltungen aus Deutschland, Italien,  Polen, Tschechien, Ungarn, Österreich und der Slowakei unter dem Dach von ChemLog zusammenarbeiten.

Fiedler sieht für einen Chemie-Hub in Mitteldeutschland realistische Chancen. Die Firmen Dow, BASF, Infra-Leuna, der Hafen Halle und der Logistik-Dienstleister Hoyer befinden sich dabei in intensiven Gesprächen. Der Verband der Chemischen Industrie e.V., Landesverband Nordost, unterstützt das Vorhaben. Ein solcher Hub würde auch den Ruf Sachsen-Anhalts als Logistik-Drehscheibe festigen, hebt Fiedler hervor.

Ein wichtiges Ergebnis für ChemLog ist auch, dass  die Eisenbahnstrecke Knappenrode – Horka (PL) trotz drohender Mittelkürzungen doch weiter ausgebaut werden soll. Sie ist Bestandteil des paneuropäischen Transportkorridors III, der von Deutschland über Polen und die Ukraine bis nach Moskau reicht.

Die italienischen ChemLog-Partner setzen sich für die Entwicklung von Tankreinigungsanlagen entlang der Strecke von Norditalien bis nach Moskau ein, die spezielle Dienstleistungen für die chemische Industrie erbringen können. In der Slowakei und Ungarn, wo es nur wenig kombinierte Terminals gibt, sollen in Zahony (H) und Dobra (SK) solche Anlagen entstehen.

ChemLog fordert die Harmonisierung von Standards, der Zollbestimmungen und der Abwicklung an den Grenzen. Fiedler bezeichnet es als Manko, dass sich die Europäische Kommission bisher nur um innereuropäische Verkehre gekümmert hat. Schienenverbindungen über EU-Außengrenzen hinaus, so nach China würden aber immer attraktiver. Das mit 1, 7 Millionen Euro von der EU geförderte und mit 500 000 Euro von den Partnern kofinanzierte Projekt läuft nun zwar aus, aber das Netzwerk aus Chemieverbänden, Logistik-Dienstleistern und öffentlichen Partnern, das es zuvor nicht gegeben hat, bleibe. Sie wollten weiter zusammenarbeiten, versichert Fiedler. Mit weiteren Partnern arbeiten sie an einem Folgeantrag für ein Projekt, das sich  mit der Verfolgung von Gefahrguttransporten im intermodalen Verkehr beschäftigen will.


Kontakt:
isw Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung mbH
Hoher Weg 3
06120 Halle (Saale)
Andreas Fiedler
Tel.: 0345 / 2998-2724
E-Mail: fiedler.ignore@isw-gmbh.de

Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Sachsen-Anhalt
Hasselbachstr. 4
39104 Magdeburg
Catrin Gutowsky
Tel.: 0391 / 567-4452
E-Mail: catrin.gutowsky.ignore@mw.sachsen-anhalt.de
Web: www.chemlog.info 

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