Heimische Rohstoffe, Großvaters Ruhe und kreative Ideen sind „Typisch Harz“

Förderprogramm „Cross Innovation“ vernetzt Tourismusverband mit Produzenten und Kreativen

Mit „Typisch Harz“ ist seit Mitte der 1990er Jahre eine Marke entstanden, die über Landkreisgrenzen und Branchen hinweg besonderen Produkten ein Siegel aufdrückt, das für Qualität aus der Region steht. Der Harzer Tourismusverband e. V. vergibt die Auszeichnungen. Der Fokus liegt bei der Bewertung auf art- und umweltgerechter Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte, auf regionalen Rohstoffen und auf Verarbeitung und Veredlung in der Harzregion. Auch für regionale Gerichte in Restaurants und harztypische touristische Angebote wird das Label vergeben. Mehr als 350 Produkte von 55 Anbietern sind bereits „Typisch Harz“. Dank der Vernetzung des Harzer Tourismusverbandes mit Produzenten und Kreativen im deutschlandweit  einmaligen Förderprogramm „Cross Innovation“ wurde die Zusammenarbeit intensiviert. Die vielen positiven Nebenwirkungen haben das Interesse anderer Regionen geweckt.

Malzit-Erfinderin Steffi Tomljanovic war vom Projekt sofort begeistert. „Ich war eine der Ersten, die sich beworben haben“, erzählt sie. Hinter der Marke Malzit stehen Brotaufstriche auf der Basis von Gersten- oder Weizenmalz, das Steffi Tomljanovic von der Privatbrauerei E. A. Böhlke  bezieht. Die traditionell in Handarbeit hergestellte Bierwürze kombiniert sie mit Ingwer, Pfefferminze oder Chili, mit Kaffee und Vanille oder mit Holunderblüte.

Für ihre Fruchtaufstriche auf Malzgrundlage verwendet sie Obst überwiegend aus eigener Ernte: „Aprikosen hatte ich in diesem Jahr reichlich. Quitten und Hagebutten habe ich erstmals zugekauft. Den Betrieb in Zossen habe ich mir vorher angeschaut, ich möchte ein gutes Gefühl bei allem haben, was in meine Gläser kommt.“

Die „die initialzünder“ sorgen für Schwung und Austausch

Aus der Zusammenarbeit mit Antje Schmidt „die initialzünder“, Ulrike Wölke „DESIGNBÜRO media partis“ und Tessa Bösche „TS Communications“ entstand für Steffi Tomljanovic eine neue Pressemappe. Mindestens genauso wichtig ist für sie, „dass der Austausch und der Handel der Produkte untereinander Schwung bekamen“. Beispielsweise hat der Marketingchef der Glasmanufaktur Harzkristall GmbH,  Ferdinand Benesch,  den beteiligten Unternehmen angeboten, ihre „Typisch Harz“-Produkte bei ihm anzubieten. Bei Harzkristall gibt es nun ein Regal mit „Typisch Harz“-Produkten, Malzit ist dabei. „Ich beliefere jetzt auch die Touristinformation in Ballenstedt, das Luftfahrtmuseum Wernigerode, FRIWI in Stolberg, das Kloster Wöltingerode und bekomme Einladungen zu Märkten, von denen ich bisher nicht wusste, dass es sie gibt“, sagt Steffi Tomljanovic schmunzelnd.

Schon beim ersten Innovationsworkshop, den Antje Schmidt als Federführende des Projektes zum Start initiierte, wurde deutlich, dass noch viel kreatives Potenzial gehoben werden kann, wenn aus den unterschiedlichen Blickrichtungen von Kreativen und Produzenten und mit dem Blick hinter den Horizont neu gedacht wird.

Für das Stolberger FRIWI-Werk Witte OHG entstand aus dem Wunsch, ein Produkt für Kinder zu entwickeln, die Keks-Idee „Harzer Tierkinder“. Das Rezept für den Mürbteigkeks steht, es wurde mit Mitarbeitern verkostet und mit seinem runden Geschmack und milder Süße für exzellent befunden. Gemeinsam mit den Kreativen des Projektes wurde das Etikett entwickelt. „Wir lassen noch die Walze mit insgesamt 13 Tierkindermotiven fräsen, dann kommen die Harzer Tierkinder‘ vor Ostern 2020 auf den Markt“, erzählt Firmen-Inhaberin Nadja Witte.

Insgesamt werden in dem familiengeführten Traditionsunternehmen FRIWI 60 Sorten Kekse und Printen produziert, es gibt eine Pralinenwerkstatt und das FRIWI Café, das laut Magazin „Der Feinschmecker“ zu den besten in Deutschland gehört. Den Grundstein für die Firma hatte 1891 Friedrich Wilhelm Witte, Urgroßvater der heutigen Firmenchefin, mit Stolberger Dampfzwieback gelegt. Großvater Georg entwickelte neue Produkte. Auf seine Rezepte greift Nadja Witte heute noch zurück, dem zeitgemäßen Geschmack ein wenig angepasst.

Printen zum Beispiel werden immer noch mit derselben Ruhe hergestellt wie zu Großvaters Zeiten: „Im Januar bis März werden die Vorteige eingekocht, die Zucker-Honig-Masse braucht dafür eine bestimmte Temperatur. Dann lagern die Teige drei bis vier Monate. Weil sich dabei Milchsäuren bilden, die beim Backen als Triebmittel wirken, werden die Printen schön locker“, erklärt Nadja Witte.

Ingwer-Mandel-Printen, Vanillehörnchen, Butter-Rum-Gebäck, Butter-Mandel-Spekulatius, Sultanzwieback und viele andere Köstlichkeiten tragen das Label „Typisch Harz“. Das Mehl für all die Naschereien kommt von der Getreidemühle Schröder, einem kleinen Familienbetrieb im benachbarten Thale. Den Honig liefert ein regionaler Imker, heimische Früchte bestellt FRIWI beim Obsthof Aseleben.

Unterstützung der "Macher" aus der Region

„Wir begegnen in diesem Projekt Kleinstunternehmern und Mittelständlern, Existenzgründern und Traditionsunternehmen“, sagt Antje Schmidt. „Bei jedem finden wir interessante Geschichten. Jeder dieser Macher ist ein Unikat.“ Da ist der Gebirgsimker André Koppelin in Hüttenrode, er kann dank des Netzwerk-Projekts für Website und Produkte ein neues Logo nutzen, dass seine Einzigartigkeit bildlich auf den Punkt bringt. Da ist die Senfmüllerin Simone Seiboth, für deren Führungen durch die Quedlinburger Senfmanufaktur getextet wurde. Und da sind die Glasmacher der Glasmanufaktur Harzkristall GmbH in Derenburg, deren mundgeblasenes Glas der Marke „Harzkristall“ nun ebenfalls das Label „Typisch Harz“ trägt.

Innerhalb des  „Cross Innovation“ Projektes, das aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Land Sachsen-Anhalt finanziell gefördert wird, waren die Leistungen der Kreativen mit ihren Ideen, Texten, Grafik und Design für die beteiligten Unternehmen kostenlos. Nach Projektende können  die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse entgeltlich in Anspruch genommen werden. Und weil die positiven Effekte für die Regionalmarke und die beteiligten Unternehmen über den Harz hinaus ausstrahlen, wurde das Projekt inzwischen bis April 2020 verlängert. Das Know-how wird nun in die Weinregion Saale-Unstrut exportiert, um die neue Regionalmarke „Saale-Unstrut handgemacht“ mit Initialzündungen zu unterstützen. 

Autorin: Bettina Koch

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