Leinen los! Theater auf den Planken, die die Welt bedeuten

Sachsen-Anhalt gehört zu den Aufsteigern unter den Kreativstandorten in Deutschland und Europa. Die Design-, Kunst-, Medien- und Kommunikationswirtschaft spielt eine wichtige Rolle in der regionalen Wirtschaftsstruktur. Das Rollenspiel der drei „Nachtschwärmer“ auf dem einzigen Theaterschiff Europas, das während der Vorstellungen auch wirklich fährt – so exotisch das zunächst anmutet – gehört dazu. Kreativ, mit überbordender Spiellust, beweist das Trio seine Schauspiel- und Musikkunst auf der „MS Marco Polo“. Und zeigt damit: In unserer Region ist alles im Fluss. Spritzig und anspruchsvoll, witzig und charmant stellt man hier etwas auf die (Schiffs-)Bretter, die eine Welt bedeuten können.

Es ist etwa fünf Jahre her, dass sich drei „Nachtschwärmer“ in Magdeburg aufmachten, um die Elbe schwimmend zu kultivieren. Mit Liedern, Chansons und pointierten Texten. „Wir hatten damals eine spontane Idee umgesetzt und auf dem Schiff gespielt, das lief gut“, erinnert sich Oliver Vogt. Da das Trio „sowieso immer schon etwas Besonderes machen wollte“, war der nächste Schritt fast ein Muss. „Wir machen da etwas Festes daraus“, beschließen die Magdeburger Künstler. Durch die Hilfe der Reederei Süßenbach und deren Fahrgastschiff „Marco Polo“ werden Ulrike Nocker, Oliver Vogt und Matthias Krizek zur schwimmenden Theater-Crew.

Die spontane Idee wird damit zum Theater-Konzept, das aufgeht. Gleich bei der Premiere kommen zahlreiche neugierige Menschen auf das Schiff, das im Magdeburger Wissenschaftshafen ablegt. Zusatzveranstaltungen werden gebucht, das Sommertheater und die Weihnachtsfahrten gehören inzwischen zum festen Programm. „Wir sind gut ausgelastet“, sagt Oliver Vogt. Das zaubert auch Reeder Tobias Süßenbach ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht. Privat initiierte Kunst unterliegt schließlich auch ökonomischen Anforderungen. Was sich auf dem Theaterschiff abspielt, hat sich herumgesprochen. Künstler und Crew werden immer häufiger auch von Unternehmen für Betriebsausflüge gebucht. „Unsere Mischung kommt offensichtlich gut an“, sagt Matthias Krizek. Diese Mischung sieht so aus: Pünktlich um 19 Uhr legt die „Marco Polo“ ab. Während einer vierstündigen Fahrt auf der Elbe wird ein leckeres Drei-Gang-Menü mit einem Mix aus Theater, Kleinkunst und Musik serviert.

An Bord gibt es eine richtige Kombüse. Ein echter „Smutje“ hat angeheuert. Toralf C. Rosenthal, ein echter Meister seines Fachs, unter anderem der Gründer des beliebten Magdeburger Restaurants „Die Kirche“, beweist seine Kochkunst. Die kulinarischen Genüsse gehören zur Tour, wenn man auf dem Fahrgastschiff „eincheckt“, genau wie die die Blicke auf die schöne Landschaft, auf Magdeburg und Umgebung, die man durch die Panorama-Fenster genießen kann. „Die Skyline von Magdeburg und den Dom von der Elbe aus sieht man eben nicht jeden Tag“, sagt Oliver Vogt. Dazu brummt der Schiffsdiesel – ein Geräusch, das man im klassischen Theater nicht unbedingt hört. Hier jedoch, auf dem Schiff, gehört das Brummen dazu. Denn das Schiff ist die Bühne. Die „Nachtschwärmer“ spielen nicht nur auf den Planken, sie spielen, wenn sie die Gäste begrüßen, wenn sie die Klappen öffnen und plötzlich auftauchen. Sie spielen sogar, wenn sie dem Kapitän Raum lassen, den Passagieren seine Geschichten zu erzählen. „Wir zeigen hier keine schwere Kost“, sagt Oliver Vogt. „Wir wollen die Menschen in erster Linie unterhalten.“ Und das machen sie mit viel Witz, aber wenig Klamauk, mit viel Liebe zum Detail, aber ohne sich in schwierigen Geschichten zu verlieren. Und vor allem machen sie es mit viel Musik. Da erklingen Lieder von Rio Reiser und Veronika Fischer, Texte von Erich Kästner und Joachim Ringelnatz. Aber auch eigene Kompositionen bauen die Sängerin, der Sänger und der Pianist in ihre Programme ein. „Wir möchten das Publikum immer auf eine Reise mitnehmen“, erklärt Oliver Vogt. Darum holt die Theater-Crew auch Gedanken und Empfindungen an Bord. „Alles, was wir zeigen, hat auch immer mit uns zu tun“, so Vogt. Ab April laden die „Nachtschwärmer“ zum „Nebelhorn-Tango“ auf die „Marco Polo“. Es ist eines von drei Stücken, die auch in diesem Jahr auf dem Schiff gezeigt werden. Eine „Saison“ gibt es nicht. Wenn die Elbe nicht komplett vereist ist, kann das fahrende Theatervolk ablegen. Bis zu 70 Mal heißt es „Leinen los!“. Wird es nicht langweilig, immer nur die Elbe hoch zu fahren, vielleicht mal ein schönes Manöver auf dem Fluss hinzulegen und dann wieder zurück zu tuckern? „Nie“, sagt Oliver Vogt, „nie wird das langweilig.“ „Jede Fahrt ist anders“, erklärt er. Das Publikum verändert sich, die Atmosphäre sowieso. Nichts plätschert „einfach so nur dahin“, schon gar nicht die Elbe. Wenn es nach Oliver Vogt und seiner spielenden Mannschaft ginge, würde es bald noch weitere Ausflüge geben. Auf dem Strom immer weiter. Die Ideen sprudeln, aber auch ein funktionierendes Konzept muss am Leben erhalten werden. „Wer weiß, was wir uns noch ausdenken“, meint die Sängerin Ulrike Nocker. Kreativ genug sind die Drei und ihre „Marco-Polo-Mitstreiter“. So bleibt alles weiter im Fluss. 

(Autorin: Manuela Bock im Auftrag der IMG Sachsen-Anhalt)
Foto: „Die Nachtschwärmer“
BU: „Die Nachtschwärmer“, das sind Oliver Vogt, Ulrike Nocker und Matthias Krizek. Sie spielen auf dem Theaterschiff „Marco Polo“, das in Magdeburg ablegt und auf der Elbe fährt.

Kontakt:
Veranstalter Reederei Süßenbach
Baderstraße 42, 39218 Schönebeck (Elbe)
Telefon: 0 39 28 /46 92 71, kontakt@theaterschiff-magdeburg.com
theaterschiff-magdeburg@online.de
www.theaterschiff-magdeburg.de

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