Traumberufe in der Logistik-Branche

Logistikbeirat Sachsen-Anhalt sucht Nachwuchs auf neuen Wegen

Sachsen-Anhalt nutzt seinen Standortvorteil der Lage mitten in Europa für den Ausbau seiner Logistik-Branche. Die Erfahrungen der Dienstleister wie auch der Nutzer auf diesem Sektor zu bündeln und sie zu vernetzen, hat sich der Logistikbeirat Sachsen-Anhalt zur Aufgabe gemacht. Ein großes Thema für das Gremium ist die gemeinsame Suche nach  modernen Wegen bei der Gewinnung von Fachkräften.

„Lokführer – das will ich mal werden“, wusste Martin Berg schon im Alter von drei Jahren, denn beide Eltern arbeiten bei der Bahn. Realschulabschluss, Begeisterung für Technik und Zuverlässigkeit sind Voraussetzungen für die dreijährige Lehre bei der Mitteldeutschen Eisenbahn GmbH in Merseburg. Im zweiten Lehrjahr ist Martin Berg auf einer Rangierlok mitgefahren, im dritten bewegte er auf der E-Lok lange schwere Züge. Mit dem Eisenbahnführerschein in der Tasche lenkt er jetzt Rangier- und Elektro-Lokomotiven der MEG.

Deren Fahrwege regelt Ariane Strauß als verlässliche Fahrdienstleiterin, damit die Züge pünktlich starten und sicher ins Ziel einfahren. „Man muss kommunikativ sein und sich viel merken können – für mich genau die richtige Arbeit“, sagt die junge Frau mit strahlendem Gesicht. Die beiden jungen Fachkräfte freuen sich, in der Heimat bleiben zu können.

Doch wie finden junge Leute genau den Beruf, der zu ihnen passt? Und was können Unternehmen tun, damit junge Leute den Weg in ihr Unternehmen finden?

„Wir haben jüngst die Idee umgesetzt, mit Image-Videos für die Ausbildungsberufe bei der MEG zu werben“, sagt Michael Koch, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Eisenbahn GmbH. Lokführer Martin Berg und Fahrdienstleiterin Ariane Strauß stellen sich darin vor – neben dem Industriemechaniker und dem Mechatroniker. „Für viele Jungs ist es ein Traum, Lokomotiven zu fahren und sie auch reparieren zu können“, sagt der MEG-Geschäftsführer.

Sachsen-Anhalt mitten in Europa ist ein wichtiges Logistik-Drehkreuz. Die gute Anbindung an ein dichtes Netz aus Schienen-, Straßen- und Wasserwegen macht einen wirtschaftlichen Standortvorteil aus. Um dessen Ausbau beratend zu begleiten, hat sich 2008 der Logistikbeirat Sachsen-Anhalt gegründet. Er versteht sich als Netzwerkknüpfer zwischen den Logistik-Dienstleistern und den Nutzern, um die Rahmenbedingungen für eine effiziente Logistik und eine moderne Infrastruktur zu schaffen. „Wir müssen schnell auf Probleme reagieren, beraten und nach spezifischen Lösungen suchen“, sagt Michael Koch. Er ist der Vorsitzende des Logistikbeirates und kommt auf das Fachkräfteproblem zu sprechen. Die demografische Entwicklung erschwere die Nachwuchsfindung allgemein; in der Logistikbranche aber kämen noch erschwerende Aspekte hinzu. „Lkw-Fahrer oder Lok-Führer sind nicht gerade familienfreundliche Berufe“, sagt Koch.

„Wir sind da mitten im Denk- und Diskussionsprozess“, bestätigt Karl-Heinz Ehrhardt. Der Geschäftsführer der Magdeburger Hafen GmbH ist Gründungsmitglied des Logistikbeirates. „Transportwerk“ steht in großen Lettern über dem Logo des Magdeburger Hafens. Der hat ein eigenes Gleisnetz von über fünfzig Kilometern Länge und führt Rangierdienste mit eigenen funkferngesteuerten Triebfahrzeugen aus. Zudem deuten riesige Bagger, Radlager und Krane weithin sichtbar von einem großen Umschlagplatz für Container und Schüttgüter.

Im Hafen werden unter anderem Kaufleute für Speditions- und Lagerdienstleistungen ausgebildet. Christian Köhne, Marcus Reckler und Andreas Krzysko wussten vorher nicht, dass dies ihr Traumberuf sein wird.

„Sachen werden bewegt, das weiß jeder. Aber wer macht das? Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, dass eine Berufsgruppe, eine ganze Branche dahinter steckt“, wissen die drei jungen Männer  aus eigenem Erleben. Sie selber können sich mittlerweile keinen spannenderen Beruf vorstellen. Kein Arbeitstag verläuft wie der andere. Die Herausforderung liegt in der Optimierung sämtlicher logistischer Prozesse im Hafen – vom Einfahren und Entladen der Schiffe über den Umschlag bis zum Abtransport per Güterzug oder Lkw. Das Telefon steht nicht still. Zwischendurch greifen sie zu Schutzhelm und Leuchtweste, dann gibt es Klärungsbedarf an Ort und Stelle. Nicht immer gehe alles glatt, manchmal schlagen die Emotionen hoch, da müsse man als Spediteur auch ein gewisse kommunikative Begabung entwickeln und schlichtend einwirken, berichten die jungen Männer aus ihren ersten Jahren Berufserfahrung. Dass sie nach der Ausbildung im Hafen bleiben konnten, ist für sie „das Größte“. Dabei waren sie eher zufällig auf ihre Ausbildungsplätze gestoßen.

Ein Beruf bei der Bahn, im Hafen oder in einem anderen Bereich der Logistikbranche wäre für viele Jugendlichen eine Erfüllung, denken Karl-Heinz Ehrhardt und Michael Koch. Einig sind sie sich darüber, dass bei der Nachwuchsgewinnung neue Wege beschritten werden müssen. Im Logistikbeirat werden moderne Formen der Kommunikation und Werbung zu großen Thema gemacht. Ob Image-Filme zum Erfolg führen, werde die Zukunft zeigen, meint Michael Koch und dass gemeinsam mit den Marketingspezialisten von der Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes (IMG) auch über eine App nachgedacht wird. Mit deren Hilfe könnten Jugendliche spielerisch herausfinden, welcher Beruf in der Logistikbranche am besten zu ihnen passt.

„Wir müssen die gesamte Logistikbranche modern darstellen und dafür die Erfahrungen aller Unternehmen bündeln, um als große und einheitliche Marketingplattform sichtbar zu werden“, betont Hafen-Geschäftsführer Ehrhardt.

Die jungen Spediteure im Magdeburger Hafen setzen dabei auf das Erlebnis im Arbeitsalltag: Wer neben professioneller Routine auch wechselnde Herausforderungen liebt, sei hier genau richtig, meinen sie.

Bildunterschrift: Die jungen Spediteure im Magdeburger Hafen sehen ihren Job als großes Abenteuer: v.l. Christian Köhne, Hafen-Geschäftsführer Karl-Heinz Ehrhardt, Andreas Krzysko und Marcus Reckler.

Autorin: Kathrain Graubaum (Text / Foto)

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