„Wir bieten IT-Gründern klare Perspektiven“

An der Magdeburger Universität startet zum Wintersemester ein deutschlandweit einzigartiger Informatik-Studiengang, der sich mit einem Web-Gründer-Profil an potenzielle Unternehmensgründer richtet. Wie gründet man eine erfolgreiche IT-Firma? Welche Unterstützung gibt es in Sachsen-Anhalt? Und wohin wird der IT-Weg künftig führen? Ein Gespräch mit Graham Horton, Dekan der Fakultät für Informatik.

Was ist das Studienprofil Web-Gründer?
Die Fakultät für Informatik ergänzt den Studiengang Informatik um spezielle Module. Studenten werden damit gezielt auf die Existenzgründung vorbereitet. Es gibt meiner Kenntnis nach nichts Vergleichbares in Deutschland. Wir sind die ersten, die Web-Gründungen  zum Gegenstand des Studiums machen und ins Curriculum integrieren. Dafür arbeiten wir eng mit den Förderorganisationen zusammen wie einer „Venture Capital Gesellschaft“ und dem „Business Angels Netzwerk“.

Warum wird das Studienprofil angeboten?
Es gibt hierzulande ein großes Potenzial für Neugründungen im Bereich der Informationstechnologie. Wir bieten diese Richtung an, weil es heutzutage mit sehr geringem Aufwand möglich ist, sich damit selbstständig zu machen. Durch das Internet kann man vieles machen, was früher nicht möglich war. Beispiele wie Twitter, Google oder Facebook beweisen, dass man sehr jung sehr erfolgreich sein kann. Und wir stehen noch ganz am Anfang der Entwicklung.

Wie läuft das Web-Gründer-Studium ab?
Es dauert sieben Semester. Die Spezialmodule beginnen im vierten. Dann lernen die Studenten etwas über Wirtschaftsinformatik, über E-Business, Innovation und die Entwicklung von Geschäftsideen. Das Highlight ist das siebte Semester, das nur den Gründungsvorbereitungen gewidmet ist. Die Studenten bilden Teams und arbeiten Geschäftsideen aus. Sie bauen einen Prototyp, programmieren also Software. Dafür stellen wir ein Speziallabor zu Verfügung. Am Ende des Projektes und des Studiums zeigen sie vor den Professoren, was sie akademisch draufhaben. Sie demonstrieren aber auch ihre Prototypen. Durch eine Kooperation mit dem Land sind die Studenten mit dem Web-Gründer-Profil automatisch am Businessplan-Wettbewerb beteiligt, so dass sie Kontakt zu interessierten Investoren bekommen. Damit können wir auch Studenten aus anderen Bundesländern anlocken.


Frisch von Studium und gleich Chef der eigenen Firma, funktioniert das?
Klar. Die Studenten können bereits während des Studiums eine Firma gründen. Wir möchten zeigen, dass das gar nicht so schlimm ist. Sie können aber auch direkt nach dem Studium eine Firma gründen, mit dem Vorteil, dass alle Vorbereitungen bereits getroffen werden. Der Businessplan ist fertig, sie haben Kontakte und ein Produkt. Wir unterstützen und fördern die Studenten auch nach ihrem Studium.  Das Gründerstipendium „EXIST“ von der Bundesregierung kann man als Student oder Uni-Mitarbeiter mit einer Geschäftsidee beantragen. Es gibt jedem ein Jahr Zeit, aus einer Idee ein marktfähiges Produkt zu entwickeln. Wir wollen Studenten unterstützen, dieses Stipendium zu beantragen und ihnen in unserem Innovations- und Gründerlabor Geschäftsräume anbieten, damit sie für den Start mietfrei ein Büro haben. Wir arbeiten Hand in Hand mit vielen Förderprogrammen und halten engen Kontakt mit der Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Der große Vorteil dieser Branche ist, dass man nicht viel investieren muss, man braucht einen Rechner und einen Internetanschluss, aber keine großen Hallen und Maschinen.

Welche Web-Dienstleistung wird künftig gefragt sein?
Es kristallisieren sich zwei Schwerpunkte heraus. Für die mobilen Geräte wie Smartphone oder iPad müssen künftig alle möglichen Apps geschrieben werden. Die mobilen Geräte, die so viel können, werden viele teure Zusatzgeräte ersetzen. Es gibt unwahrscheinlich viele Unternehmensanwendungen, die man sich für ein Smartphone überlegen kann. Lagerhaltung kann zum Beispiel locker mit einer App bewältigt werden. Und das sogenannte Cloud Computing wird extrem wichtig. Rechenleistungen werden im Internet zur Verfügung gestellt, die jeder nutzen kann.

Welche Firmen wären für IT-Unternehmensgründungen denkbar?
Es gibt viele Möglichkeiten. Es wird Unternehmen geben, die Anwendungen entdeckt haben und die Apps dazu herstellen. Da gibt es sofort einen Markt, weil die Unternehmen Geld sparen können, indem sie günstige Geräte mit einer App einsetzen und damit teure Geräte sparen. Andere Firmen können zielgerichtet für Auftraggeber eine spezielle Software herstellen. Das machen schon einige in Magdeburg, aber die Nachfrage ist derzeit so groß, dass es noch viel mehr geben könnte.

Warum sollten die jungen Unternehmen im Land bleiben, wo sie doch überall online sein können?
Wir arbeiten mit den Leuten der Existenzgründungsoffensive „ego“ des Landes und der Wirtschaft zusammen. Wir werden den Studenten vom ersten Tag an zeigen, dass es hier solche Angebote wie den Businessplan-Wettbewerb Sachsen-Anhalt gibt. Wir signalisieren: Hier gibt es von Anfang an eine konkrete Perspektive für die Zeit nach dem Studium. Es gibt ein gemachtes Nest, hier wirst Du in drei Jahren arbeiten. Die gesamte Energie kann für das Unternehmen aufgewendet werden.


Autorin: Manuela Bock

Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. habil. Graham Horton
Fakultät für Informatik
Universitätsplatz 2
39106 Magdeburg
E-Mail: graham.horton.ignore@ovgu.de
Web: www.cs.uni-magdeburg.de
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