SICH-Verlagsgruppe: Vom Zimmermann zum erfolgreichen Verleger

Auf dem Schreibtisch stapeln sich neben dem Computer hohe Bücherberge. Der alte Schrank quillt über vor Manuskripten, Erstausgaben, Andrucken und Titelumschlägen. Bücher, Bücher, nichts als Bücher und mittendrin Wolfgang Sich (50), gelernter Zimmermann und heute Chef der kleinen aber feinen Sich-Verlagsgruppe in Magdeburg.

Seit dem 23. April (dem Tag des Buches) 2004 ist Wolfgang Sich Verleger: „Eine Freundin von mir hatte, als sie in Nepal auf der Leprastation arbeitete, mich gebeten, Berichte an Zeitungen und Illustrierte zu verkaufen“, erinnert sich der gebürtige Magdeburger, „aber niemand hatte Interesse“. Wolfgang Sich aber war von dem Manuskript so begeistert, dass er beschloss, einen eigenen Verlag zu gründen – den Sich-Verlag: „Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wusste nichts über Rechte, Vertrieb, Druckkosten oder Lizenzen“, erinnert er sich.  

So war er zum Beispiel völlig überrascht, dass keine Buchhandlung den Erstling „Harte Bewährung“ von Jessy Mehlfeldt haben wollte. Wolfgang Sich musste erfahren, dass der Buchhandel über einige Grossisten abgewickelt wird. Erst wenn Titel in deren Veröffentlichungslisten auftauchen, greifen die Buchhandlungen zu. „Damals hatte ich keine Chance als völlig unbekannter Verlag gelistet zu werden“, erinnert sich der Verleger, „also wollte ich die Buchhändler persönlich überzeugen“. Es gab sogar einige Erfolgserlebnisse, aber die Enttäuschungen und Ablehnungen überwogen: „Als unbekannter Verleger wirst Du noch nicht einmal vorgelassen“, erinnert er sich lächelnd. Wolfgang Sich gab nicht auf: Internetwerbung, Mundpropaganda und Lesungen (Literaturtreffen, kleine Clubs, Lesezirkel) hieß die neue Verkaufsstrategie. Tatsächlich: „Harte Bewährung“ bewährte sich – mehrere tausend Exemplare wurden verkauft.

Noch erfolgreicher war das zweite Buch des Sich-Verlags: „Blauer Vogel wird fliegen“, die Geschichte zweier Leukämiemädchen von Olda Kückelhaus erregte auch die Neugier der Kritiker in den Zeitungsfeuilletons und beim Fernsehen: Das ZDF berichtete, zahlreiche Presseveröffentlichungen und Einladungen zu größeren Lesungen folgten und zeigten Wirkung: 8000 Exemplare sind weg, eine Neuauflage ist geplant.

„Trotz dieser ersten Erfolge und weiterer Buchveröffentlichungen wurden wir immer noch nicht gelistet“, erzählt Wolfgang Sich. „Ich dachte immer wieder daran, aufzugeben.“ Kein Wunder, steckte der Idealist Wolfgang Sich in den ersten Jahren doch alles Geld, das er als Bausachverständiger verdiente in den Verlag.  

2008 dann war für Wolfgang Sich klar: „Ich muss verkaufen, damit ich e wenigstens mit einem blauen Auge davonkomme.“ Aber damit hätten die Kollegen-Experten, die ihm keine lange Überlebensdauer eingeräumt hatten, recht behalten. „Das passte mir gar nicht…“

Und es geschah ein Wunder: „Ich lernte den Inhaber des Klotz Verlages Frankfurt am Main kennen, weil ich von ihm eine Lizenz erwerben wollte“. Dietmar Klotz und der mutige Verleger aus Magdeburg verstanden sich auf Anhieb. So gut, dass Dietmar Klotz ihm ein Angebot machte: „Kaufen Sie doch meinen Verlag, ich möchte in Rente gehen.“ „Nach Prüfung aller Unterlagen war ich überzeugt, nur fehlte mir das Geld, um mit den Mitbewerbern zu bieten.“

Da machte Dietmar Klotz dem Magdeburger einen Vorschlag, „den ich nicht ablehnen konnte“: Der Verleger psychologischer Fachliteratur bot an, den Kaufpreis in Jahresraten “abzustottern“.  Wolfgang Sich schlug ein und war damit Besitzer einer Verlagsgruppe. Damit hatte Wolfgang Sich nicht nur den Experten eine lange Nase gezeigt. Nein, ihm gehörte plötzlich einer der renommiertesten Fachverlage Deutschlands.

Auf die Frage: Ist es wahr, dass Sie der erste ostdeutsche Verleger sind der einen Verlag aus Westdeutschland gekauft hat?, antwortet Wolfgang Sich zurückhaltend: „Ja, aber das ist nur eine Randerscheinung. Viel wichtiger ist mir die Meinungsvielfalt und die Meinungsfreiheit zu erhalten, eine grundlegende Aufgabe der Verlegerzunft.“ Wolfgang Sich: „Das Wichtigste an dieser Übernahme aber ist, dass der Klotz-Verlag gelistet war und die Grossisten nun auch die Titel des Sich Verlags aufnahmen – schließlich sind über 400 Autoren im Portfolio.“
 
Seit drei Jahren geht es mit der Sich-Verlagsgruppe aufwärts: Eine fortwährende Umsatzsteigerung ist zu verzeichnen. Für 2013 peilt die Sich-Verlagsgruppe einen weiteren Ausbau der Gruppe an.

Um was es sich handelt? Darüber legt der Verleger noch den Mantel des Schweigens. Aber deshalb ist Wolfgang Sich auch in diesem Jahr wieder auf der Frankfurter Buchmesse anzutreffen. Zwar nicht mit einem eigenen Stand, wie sonst, sondern als Lizenzkäufer und -verkäufer: „Ich möchte neue interessante Bücher für meinen Verlag erwerben und gleichzeitig expandieren.“  „Und“, so Wolfgang Sich, „wer weiss, vielleicht finde ich auf der Messe DEN Bestseller. Davon träume ich seit Gründung meines Verlages…“


Autor: Thomas Pfundtner

Kontakt:
Wolfgang Sich
SichVerlagsgruppe und Klotz Verlag GmbH
Liebknechtstr. 51
39108 Magdeburg
Web: www.verlag-dietmar-klotz.de
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