„Immer wird ein konkretes Problem gelöst“

Sachsen-Anhalts Hochschulen forschen  für die regionale Wirtschaft.

In Sachsen-Anhalt haben regionale Unternehmen die wohl einzigartige Möglichkeit, auf das gesamte Wissenschaftssystem des Landes zuzugreifen: Über das KAT Kompetenznetzwerk für Angewandte und Transferorientierte Forschung. Darin arbeiten die Hochschulen und Universitäten des Landes zusammen, um Forschung und Entwicklung auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu intensivieren. Professor Dirk Sackmann, Prorektor für Forschung, Wissenstransfer und Existenzgründung an der Hochschule Merseburg, ist derzeit Sprecher des Hochschul-Netzwerkes.

Braucht Sachsen-Anhalt ein Hochschulen-Netzwerk für die Wirtschaft?

Dirk Sackmann: Wir haben es in Sachsen-Anhalt mit einer Unternehmerlandschaft zu tun, die eher klein und mittelständisch geprägt ist. Die Unternehmen verfügen im Bereich Forschung und Entwicklung nur zum Teil über die notwendigen Ressourcen, um Produkt- und Prozessinnovationen zu entwickeln, die ihnen einen Wettbewerbsvorteil auf dem Absatzmarkt sichern. Die Hochschulen Sachsen-Anhalts sind aber recht gut ausgestattet mit FuE-Ressourcen. Das heißt Personal, technische Anlagen, alles, was so dazugehört. Die Idee des 2006 mit Unterstützung des Landes gegründeten KAT ist jetzt: Wie kann das Potential der Hochschulen, in die das Land investiert, in die Wirtschaft transferiert werden? Das ist die Aufgabe des KAT. Damit beschäftigen wir uns. Und natürlich haben die Hochschulen die Hoffnung, durch gemeinsame Forschungsprojekte mit der Wirtschaft Drittmittel zu generieren.

Das klingt etwas theoretisch...

Dirk Sackmann: Es ist aber sehr konkret. Zusammen mit der regionalen Wirtschaft werden an den Hochschulen jährlich zehn Millionen Euro umgesetzt.

Um was für Forschungsprojekte handelt es sich da?

Dirk Sackmann: Es sind tausende Projekte. Die Palette ist natürlich sehr breit: Das reicht vom Strumpfladen, der durch Software-Projekte die Abläufe verbessern konnte, bis zur Entwicklung neuartiger Werkstoffe. An der Hochschule Anhalt wurden Kekse aus Algen mitentwickelt, die Hochschule Harz war unter anderem an einem kettenlosen Fahrrad beteiligt. Magdeburg-Stendal hat etwa mal für einen Brieföffner aus Biowerkstoff einen internationalen Industrie-Design-Preis bekommen. Die Partner im KAT lösen immer ein ganz konkretes Problem eines regionalen Unternehmens. Dabei können mehrere Potenziale der Hochschule genutzt werden.

Ein Beispiel?

Dirk Sackmann: Das regionale Unternehmen MOL Katalysatortechnik, das sich unter anderem mit chemiefreier Wassereinigung beschäftigt, hat in Zusammenarbeit mit der Hochschule Merseburg einen neuen Katalysator entwickelt. Das Unternehmen hat dafür eine halbe Mitarbeiterstelle mitfinanziert. An der Hochschule entsteht nun auch noch ein Werbefilm für die Firma. Aktuell gibt es in Merseburg beispielsweise auch eine Zusammenarbeit mit Kaufland. Es geht um die Höhe der gepackten Waren-Paletten. In der feinmechanischen Werkstatt der Hochschule wurde dafür ein optisches Lasermessgerät entwickelt und gebaut. Stundenten haben über 1000 Paletten in Märkten und dem Kaufland-Verteilzentrum vermessen. Die Daten werden von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin ausgewertet.

Was ist am KAT in Sachsen-Anhalt so einzigartig? Es gibt auch andernorts Netzwerke.

Dirk Sackmann: Das Ungewöhnliche am KAT ist, dass es ausdrücklich über die Hochschulen hinweg organisiert ist. Wenn wir merken, das können wir hier in Merseburg nicht, das können die Harzer viel besser, dann wird der Kontakt vermittelt. Dazu hat das Land an den Hochschulen eigens profilbildende Kompetenzzentren geschaffen: Merseburg beispielsweise traditionell für die Themen Chemie/Kunststoffe, Harz hat den Schwerpunkt IT- und Kommunikationstechnologie, unternehmensnahe Dienstleistungen, Magdeburg ist eher ingenieurwissenschaftlich geprägt für Maschinen- und Leichtbau. Life Sciences sind ein wichtiges Thema für die Hochschule Anhalt. (würde ich einfügen, weil nicht alle Hochschulen mit ihren Profilen genannt sind, z.B. Halle)

Wie funktioniert das Netzwerk?

Dirk Sackmann: Jede Hochschule hat einen vom Land finanzierten Transferbeauftragten, der als Bindeglied zwischen Unternehmen und Hochschule fungiert. Die Beauftragten gehen in die Unternehmen und fragen: Was ist euer Problem? Sie nehmen aber auch das Portfolio der Hochschule mit: Das können wir an Forschung, Expertise und Beratung für euch leisten. Das Land finanziert beispielsweise jährlich mehr als 600 so genannte Transfergutscheine für Studenten, die in den Unternehmen forschen. Im Rahmen einer Masterarbeit etwa. Die Unternehmen können auch Innovationslabore und technische Einrichtungen der Hochschule nutzen. Wichtig ist zudem, dass die Hochschulen auch beraten, welche Fördermittel es gibt und diese auch beantragen. Unser Anspruch ist auch, die gemeinsamen Projekte bis zur Marktreife zu begleiten.

Welche Vorteile hat ein Unternehmen von den Leistungen des Hochschulen-Netzwerkes?

Dirk Sackmann: Zunächst mal lösen wir ein fachliches Problem für die Unternehmen. Die Hochschulen sind dabei sehr flexibel, egal ob Industrie, Dienstleistung, kleine oder große Firma. Über das Netzwerk haben auch kleinere, regionale mittelständische Unternehmen Zugriff auf das gesamte Wissenschaftssystem Sachsen-Anhalts. Und die Hochschulen können den Unternehmen für Forschung und Entwicklung meist auch einen guten Preis anbieten. Ein Vorteil ist auch, dass die Netzwerk-Partner tatsächlich regionale Partner, also immer in der Nähe sind.

www.kat-kompetnznetzwerk.de

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