Sachsen-Anhalt-Wiki wird zum Mitmachlexikon

Sachsen-Anhalt ist wieder einmal früher aufgestanden: Es besitzt das einzige Bundesland-Wiki. Studenten der Universität Halle haben sich Gedanken gemacht, wie man die Wiki-Gemeinschaft vergrößern kann. Daraus entstand „Gemeinsam Heimatforschen“, das Portal ist seit März online. Eine Idee zum Mit- und Nachmachen.

In welcher Altmarkgemeinde war das Adelsgeschlecht derer von… zu Hause? Was bedeutet eigentlich dieser verwitterte Gedenkstein an der Dorflinde? Schlag nach bei Wiki. Im Sachsen-Anhalt-Wiki findet sich Wissen selbst über das kleinste Dorf, über den örtlichen Mundartdichter und zu lokalen Ereignissen. Initiiert wurde das erste Bundesland-Wiki vor gut zwei Jahren von der „Mitteldeutschen Zeitung“ (MZ), die auch regelmäßig Beiträge in das Online-Nachschlagewerk einstellt.  Ein Archiv und Wissensspeicher, der wachsen kann mit jeder Schülerhausarbeit, mit jedem Eintrag eines Heimatvereins oder Ortschronisten.

Klingt einfach, funktioniert aber doch nicht im Alleingang. „Wir haben vor einem Jahr überlegt, was fehlt“, sagt Wiki-Koordinatorin Gitte Kießling und zählt die Defizite auf: „Aufmerksamkeit, Beachtung, Öffentlichkeit – und die dafür notwendige PR“.  Im Auftrag der MZ analysierten zwölf Studenten vom Masterstudiengang „MultiMedia und Autorenschaft“ an der Martin-Luther-Universität Halle das Sachsen-Anhalt-Wiki. „Uns wurde klar, dass es noch keine schreibende Gemeinschaft gibt“, erklärt Dozentin Maren Schuster. Ein Problem, das viele regionale und Städte-Wikis haben. „Aber ein Wiki braucht eine lebendige Gemeinschaft.“

So entstand die Idee für „Gemeinsam Heimatforschen“, ein begleitendes Online-Portal zum Sachsen-Anhalt-Wiki, das zu diesem informiert und auch andere Zielgruppen ansprechen soll. Auf der Startseite heißt es: „Schreiben Sie Geschichte“. Heimatforschen kann jeder, hatten sich die Studenten gesagt, und ein eigener Beitrag in dem weltweit zugänglichen Online-Landeslexikon könnte zum Mitmachen anspornen.

„Es ist ja nicht so, dass die Menschen nicht wollen“, betont Maren Schuster. Aber viele Dorfchroniken verstauben in Heimatarchiven und sind für niemanden außerhalb zugänglich, weil sie nicht digitalisiert sind. Denn die meisten fleißigen Ortschronisten sind noch ohne Internet aufgewachsen, die modernen Medien sind für sie nicht selbstverständlich. „Viele ältere Menschen wissen weder, dass es das Wiki gibt, noch dass sie da mitmachen können – und wie das funktioniert“, meint die Universitätsdozentin.

Also die Hemmschwelle senken, das war der Ansatz für die Studenten. Nach einem Semester konzeptioneller Arbeit gelang im Folgesemester die Umsetzung des Info- und PR-Portals „Gemeinsam Heimatforschen“. Gearbeitet wurde in Gruppen für Inhalt, Design, IT und begleitende PR. So wurden die Anleitungen zum Hochladen von Texten und Fotos im Netz verständlicher erklärt, Layout und Navigation sind übersichtlich gestaltet. "Das Portal wird die Arbeit mit dem Wiki erleichtern", versicherte Studentin und Projektmanagerin Sindy Peukert bei der Übergabe am 12. März, an der zahlreiche Multiplikatoren teilnahmen.

Auch MZ-Mitarbeiterin Gitte Kießling ist überzeugt, dass die Plattform „Gemeinsam Heimatforschen“, über die man direkt ins Sachsen-Anhalt-Wiki einsteigen kann, Interesse und Aufmerksamkeit erhöht. Gemeinnützige Vereine können in Zusammenarbeit mit dem Wiki Themenprojekte rund um Sachsen-Anhalt konzipieren und Fördergelder beantragen. Das Wiki unterstützt dann ihren Antrag zum Beispiel mit einer Medienpartnerschaft.

Künftige Nutzer werden auch über Bildungsangebote informiert. Mit denen will das Wiki-Team letzte Hürden niederreißen und ein Bewusstsein dafür schaffen, wie jeder die Netz-Enzyklopädie nutzen und mitmachen kann. Es gibt Wiki-Kurse, und an der Kreisvolkshochschule Mansfeld-Südharzer Land ist eine Dozentenschulung geplant. Was Kursleiter zum Beispiel von Schreibwerkstatt oder Fotografielehrgang dabei über Wiki lernen werden, können sie dann an ihre – erwachsenen – Schüler weitergeben.

Für Studenten der Erziehungswissenschaften an der Uni Halle wird in diesem Sommersemester erstmals ein Seminar angeboten, das ihnen vermittelt, wie sie Wiki fächerübergreifend für den Unterricht nutzen können. Es geht um Medienkompetenz für Lehrer und Schüler.

Die Zahl der Zugriffe auf die bisher rund 2.800 Seiten und 1.700 Bilder im Sachsen-Anhalt-Wiki ist deutlich gestiegen, seit „Gemeinsam Heimatforschen“ online ging.  Jeden Tag kommen im Durchschnitt zwei bis drei Artikel neu hinzu. „Die Strategie hinter dem Projekt heißt: Gut vernetzen und voneinander profitieren“, betont Gitte Kießling.  Dann entsteht ein wirkliches Mitmachlexikon. Und so kann auch eine neue Generation Heimatforscher heranwachsen, die ihr gemeinsames Wissen ständig erweitert.


Autorin: Ute Semkat
Fotos: Silvio Kison

Kontakt:
Gitte Kießling
Koordinatorin des Sachsen-Anhalt-Wiki
E-Mail: Gitte.kiessling.ignore@mz-web.de
Web: www.gemeinsam-heimatforschen.de
Web: www.sachsen-anhalt-wiki.de

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