Inkubator für serienreife Ideen – Die Hochschule Magdeburg-Stendal unterstützt die direkte Zusammenarbeit von Unternehmen und Studenten

Was kommt dabei raus, wenn Designer und Ingenieure zusammen studieren und arbeiten? Praxisnahe und innovative Produkte, wie das Beispiel des Fachbereichs „Ingenieurwissenschaften und Industriedesign“ der Hochschule Magdeburg-Stendal zeigt. Dort entwickeln Studenten gemeinsam mit Partnerunternehmen neue Produkte, die inzwischen oft auf dem Markt erfolgreich sind.

„Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen spielen Innovationen eine große Rolle. Vor allem dann, wenn deren Produkte in hochpreisigen Marktsegmenten angesiedelt sind.“ Wolfgang Braun, der in der Entwicklungsabteilung der Fritz Stephan GmbH tätig ist, weiß wovon er redet. Das mittelständische Familienunternehmen aus Rheinland-Pfalz entwickelte und vertreibt seit 1978 richtungsweisende Medizintechnik für Früh- und Neugeborene und gilt u.a. in den Sektoren Beatmung sowie Anästhesie weltweit als einer der Technologieführer. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, fließen mehr als zwölf Prozent des Gesamtumsatzes in die Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Verfahren. Einen weiteren wichtigen Erfolgsfaktor für die Innovationsfähigkeit des Unternehmens stellt die Zusammenarbeit mit verschiedenen Hochschulen, darunter mit der Hochschule Magdeburg-Stendal, dar.

Dort erarbeiten angehende Ingenieurwissenschaftler und Industriedesigner anhand praktischer Aufgaben technisch orientierte Designstudien. Bereits 2005 wurden an der Hochschule die vormals eigenständigen Fächer Elektrotechnik, Maschinenbau und Design zum Fachbereich „Ingenieurwissenschaften und Industriedesign“ zusammengefasst. „Ingenieure und Designer sollen möglichst von der ersten Skizze an zusammenarbeiten. Durch das Arbeiten in interdisziplinären Teams fließen verschiedene Ansätze in den Prozess der Produktentwicklung ein. Im Ergebnis entstehen praxisnahe Produkte mit hohem Nutzwert“, erklärt Professor Hagen Kluge, Direktor des Instituts für Industrial Design an der Hochschule, die damit verbundenen Vorteile. So werden im Masterstudiengang "Engineering Design" Ingenieuren und Designern, die bereits über einen Bachelorabschluss verfügen, die Grundlagen des jeweils anderen Faches vermittelt und gleichzeitig der enge Kontakt zur Wirtschaft für anwendungsnahe Projekte gesucht.

Die Zusammenarbeit mit der Fritz Stephan GmbH kam 2007 durch Michael Curtius zustande, der damals in Magdeburg Industriedesign studierte. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit wirkte er bei der Entwicklung eines Beatmungsgerätes für Frühgeborene mit. Allein in Deutschland gibt es rund 50.000 Frühgeborene , die intensivmedizinisch betreut werden müssen. Vor allem bei der Atmung benötigen die Winzlinge sichere und vor allem behutsame Unterstützung mittels Atemmasken oder so genannten Prongs, kleinen Stutzen, die in den Nasenlöchern sitzen. „Die Haut von Frühgeborenen ist noch nicht vollständig ausgebildet und daher sehr empfindlich“, beschreibt Professor Hagen Kluge eine der größten Herausforderungen beim Entwurf einer Beatmungslösung. „Optimal wäre eine berührungslose Beatmungseinheit, was natürlich nicht umsetzbar ist. Aber unsere Lösung ist schon sehr dicht dran“, so der Projektleiter.

Dabei handelt es sich um den gemeinsamen Entwurf von Michael Curtius und seines Kommilitonen Sven Ullrich, der sich unter mehreren Konzeptstudien und Prototypen der Studenten des Masterstudiengangs "Engineering Design" durchsetzen konnte. Die kleinen Patienten tragen Mützen, an denen die Schläuche mit den Nasenaufsätzen befestigt sind. Dadurch wird eine Zugbelastung des kleinen Kopfes vermieden. Um die noch dünne, leicht verletzliche Haut zu schonen und nicht immer die gleichen Hautstellen zu beanspruchen, kommen Prong und Atemmaske abwechselnd zum Einsatz. Eine in die Atemmaske integrierte Membrane sorgt außerdem dafür, dass die Maske beim Einatmen abdichtet, sich beim Ausatmen aber wieder lockert und damit den Druck auf die Haut weiter verringert. „Weil jeder unnötige Handgriff die Frühgeborenen belastet, haben wir außerdem viel Wert auf eine leichte Handhabung des Systems aus Luftzuführung, Halterung und Nasenaufsatz gelegt“, so Michael Curtius. Die Lösung dafür: Mit Hilfe eines Magneten lässt sich der Beatmungsaufsatz mit nur wenigen Handgriffen an einer Führung, die auf dem Mützchen sitzt, befestigen und für die unterschiedlichen Kopfgrößen von Neugeborenen verstellen.

Das Ergebnis des Semesterprojektes überzeugte auch die Verantwortlichen bei der Fritz Stephan GmbH. Die beiden Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal erhielten von dem Unternehmen einen Werkvertrag, um den Prototypen bis zur Serienreife weiterzuentwickeln. Bei der Konstruktion des finalen Entwurfes für die klinischen Tests wurden sie dabei von Professor Hagen Kluge unterstützt. Mittlerweile befindet sich das neuartige Beatmungssystem auf dem Markt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und der Hochschule dauert bis heute an. Unter anderem entsteht derzeit ein Luftbefeuchter für das Beatmungssystem. Angesichts des Erfolgs der bisherigen Projekte ist sich Entwickler Wolfgang Braun sicher: „Auch in Zukunft werden wir mit der Hochschule Magdeburg-Stendal weiter eng kooperieren.“

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