Forschungen gegen Dermatitis und Tuberkulose gehen weiter

Das Institut für Pharmazie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) gehört bundesweit zu den größten pharmazeutischen Hochschuleinrichtungen. Die Wirkstoff-Forschung ist einer der gegenwärtigen Schwerpunkte dieser wissenschaftlichen Einrichtung. Gerade am Anfang der Forschung, wenn es um die Grundlagen der Wirkungsweise von Stoffen geht, ist das Institut der Hallenser Uni gefragt, bevor dann Partner aus der Industrie in die weitere Erforschung einsteigen – wie bei der Suche nach antientzündlichen Wirkstoffen, die in die tieferen Schichten der Haut eindringen können und so bei Neurodermitis helfen. Ein weiteres großes Gebiet ist die Erforschung von Tuberkulose-Therapeutika. Tuberkulose ist eine der weitest verbreiteten Infektionskrankheiten der Welt und kann durch unsere globalisierte Lebensweise rasant weitergetragen werden.

„Die Haut ist das Spiegelbild der Seele“ – die Wahrheit dieses Spruchs beweist die wachsende Zahl der Hauterkrankungen wie Schuppenflechte und Neurodermitis. Sie sind die am häufigsten vorkommenden Reaktionen auf unsere Umwelt, auf Ernährung, auf Stress – und haben in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen.
„So sensibel sie auch ist, mit Ausnahme der Blase ist die Haut unsere dichteste Membran“, sagt Prof. Dr. Reinhard Neubert und dass die Haut gerade deswegen auch eine „Barriere“ für pharmazeutische Wirkstoffe darstellt.

Der Wissenschaftler ist Vorsitzender des An-Instituts für angewandte Dermatopharmazie und stellvertretender Direktor des Instituts für Pharmazie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Eine gute Kombination, wenn es darum geht, Wirkstoffe für die Haut zu entwickeln, die von ihr aufgenommen und auch innerhalb der Hautschichten wirken sollen, ohne in die Blutbahn zu gelangen und im Körper Nebenwirkungen hervorzurufen.

Diplomanten und Doktoranten forschen unter der Leitung von Prof. Neubert an Wirkstoffen, denen es gelingt, durch die hauteigene Barriere hindurch in die tieferen Schichten der Membran einzudringen und dort ihre antientzündliche Wirkung zu entfalten. Solche Wirkstoffe sind Tacrolismus, das in das Öl einer Arzneimittelfähre eingearbeitet wird und entzündungshemmende Peptide, die in das Wasser einer solchen Fähre eingearbeitet werden.

„Zu 60 Prozent“, sagt Prof. Neubert, „führen wir hier am Institut für Pharmazie Grundlagenforschung durch. Wenn es um die 40 Prozent angewandte Forschung geht, sind große Pharmazieunternehmen die Auftraggeber, aber auch mittelständische Kosmetikhersteller sind uns wichtige Partner. Darunter Hersteller von Phytopharmaka.“ Vor allem hier hätten die forschenden Mitarbeiter Möglichkeiten, ihre eigenen Ideen bei der Entwicklung des Produktes mit einzubringen, meint Prof. Neubert. Etliche Diplomarbeiten und Promotionen begleiten diese Kooperationen.

Das Forschungsgebiet von Prof. Dr. Peter Imming ist die Synthese und Testung neuer Wirkstoffe gegen Tuberkulose. Tuberkulose-Keime können ihren Stoffwechsel auch schlafend stellen und so Jahre lang unentdeckt im Organismus von Mensch und Tier überleben. Zum Ausbruch der Krankheit komme es dann, wenn das Immunsystem geschwächt ist, erläutert Imming. Was erklärt, warum Tuberkulose vor allem in sozial schwachen und armen Milieus auftaucht und in von Kriegen geplagten Gegenden. Imming zeigt auf einer Weltkarte die besonders häufigen Vorkommen dieser Krankheit in den GUS-Staaten und in den afrikanischen Ländern südlich der Sahelzone. Doch durch unser globales Leben ist die ansteckende Krankheit weltweit im Vormarsch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt die Zahl der Infizierten auf zwei Milliarden, das entspräche einem Drittel der Weltbevölkerung. Die Zahl der Opfer wird auf zwei Millionen Tote im Jahr beziffert, was der Tuberkulose den Status der weltweit tödlichsten Infektionskrankheit verleiht.

Da multiresistente Stämme ein großes Problem darstellen, ist hier die Kompetenz des namhaften Instituts für Pharmazie an der MLU gefragt.
„Weil der Tuberkulose-Erreger eine sehr dicke und schwer durchlässige Zellwand hat, ist er sehr schwer zu therapieren“, sagt der Apotheker und Chemiker Imming, „die Behandlung dauert sechs Monate bis zwei Jahre und erfordert eine Kombination von drei bis vier verschiedenen Antibiotika. Was oft Unverträglichkeiten und Resistenzbildung zur Folge hat.“

Vor ein paar Monaten, im Juni 2012, konnten Peter Imming und seine Mitarbeiterin Ines Rudolph als Erfinder von „antimykobakteriell wirksamen Substanzen und Verfahren zu ihrer Herstellung und Verwendung“ über die MLU ein Patent einreichen.

 „Wir forschen an neuen Wirkstoffklassen mit neuen Angriffspunkten im Stoffwechsel der Erreger, damit mehr Auswahl an Arzneistoffen besteht. Somit können Resistenzen und Unverträglichkeiten besser überwunden werden“, erläutert der Wissenschaftler.

Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, dass diese Wirkstoffe nicht teuer sind. „Die Behandlungsprogramme müssen schließlich vor Ort in den armen Ländern finanziell auch durchführbar sein“, sagt der Professor.
Er hofft, neben einer bestehenden Kooperation mit einer ausländischen Pharmafirma auch im näheren Umfeld industrielle Interessenten für die Entwicklung der sehr wirksamen Stoffe zu finden.


Autorin/Foto: Kathrain Graubaum

Kontakt:Institut für Pharmazie
Wolfgang-Langenbeck-Straße 4
06120 Halle (Saale)
Naturwissenschaftliche Fakultät I

Prof. Dr. Dr. Reinhard Neubert
Tel.: +49 345 5525000
E-Mail:Reinhard.neubert.ignore@pharmazie.uni-halle.de

Prof. Dr. Peter Imming
Tel.: +49 345 5525175
E-Mail: peter.imming.ignore@pharmazie.uni-halle.de
Web: http://pc.pharmazie.uni-halle.de/pharmchem/2506350_2578541/2578541_2580203/

vorheriger Beitrag nächster Beitrag