Vom Weinberg zum Hightech-Standort

Der Technologiepark Weinberg Campus in Halle steht auf historisch interessantem Grund: Früher wurde das Areal als Weinbaugebiet, Rennstrecke und Kaserne genutzt. Heute beherbergt es Ostdeutschlands zweitgrößten Technologiepark. Die Dichte an Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die sich hier seit 1993 angesiedelt haben, sucht ihresgleichen: Institute der Fraunhofer- sowie der Max-Planck-Gesellschaft sind darunter ebenso wie Einrichtungen von Helmholtz- und Leibnitzgemeinschaft. Ergänzt werden sie durch Uni-Institute und Gründerzentren. Report-invest Sachen-Anhalt sprach darüber mit dem Wegbereiter dieser Forschungslandschaft, Prof. Wolfgang Lukas.

Die Anfänge des Weinberg Campus gehen auf die 90er Jahre zurück. Haben Sie sich damals träumen lassen, dass hier einmal so viel entsteht?
Lukas:
Als man damals mit der Bitte auf mich zukam, die Koordination eines neuen Technologie- und Gründerzentrums in Angriff zu nehmen, wusste ich nicht einmal genau was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt. Aber wir wussten, dass es dafür Fördermittel gibt. Also haben wir einfach losgelegt. Innerhalb weniger Monate entstand so das erste Forschungsgebäude, das damals gerade mal 3500 Quadratmeter Fläche bot.

Das war der Beginn einer gewaltigen Aufbauleistung, wie man inzwischen weiß.
Lukas:
Ja. Inzwischen gibt es fünf Gebäude des Technologie- und Gründerzentren, in denen sich viele kleine und mittelständische Unternehmen angesiedelt haben. Einige sind junge Gründer, die zuvor schon an der Martin-Luther-Universität studiert haben. Andere sind aus anderen Bundesländern und sogar aus dem Ausland dazu gekommen. Ihnen stehen inzwischen 27.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Sie alle eint, dass sie innovative Ideen umsetzen wollen und hier auch beste Bedingungen dafür vorfinden. Das belegen auch unsere Zahlen: Seit dem Start haben wir immerhin schon 164 Firmen bei ihrer Gründung begleitet.

Wie wirkt sich die Nähe von Universität und außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus?
Lukas:
Das ist ein Segen. Viele Einrichtungen arbeiten an ähnlich gelagerten Projekten. Einer unserer erklärten Schwerpunkte ist die Proteinforschung. Da ergeben sich Möglichkeiten für Kooperationen. Insofern freut es mich natürlich auch, dass der Campus bald um ein weiteres Gebäude wachsen wird. Die Martin-Luther-Universität plant für die kommenden Jahre eine neue Großinvestition. Für 30 Millionen Euro soll auf dem Weinberg Campus der Neubau eines Proteinzentrums entstehen. Das wird sich hervorragend in die bereits bestehende Forschungslandschaft einfügen.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Lukas:
Unser Vorteil ist unsere Flexibilität. Außerdem zahlt sich die gut aufeinander abgestimmte Branchenstruktur aus. Da ergeben sich viele Synergieeffekte. Darüber hinaus sind wir der einzige Standort im Osten, der sich an Techniken heranwagt, vor denen andere zurückschrecken. Ein Beispiel dafür ist die so genannte Reinraum-Technik. Labors, die diesen Standard bieten, sind in Aufbau und Betrieb sehr anspruchsvoll, zugleich aber enorm wichtig für die Forschungsarbeit.

2004 haben sie den Weinberg Campus-Verein gegründet. Warum?
Lukas:
Das Ganze ist als eine Art Überbau gedacht. Eine gemeinsame Marke, unter der man auftritt und Ziele verfolgt. Mir schwebte eine Art Netzwerk vor, mit dessen Hilfe man sich eine stärkere Stimme verschaffen und gemeinsam Lobbyarbeit betreiben kann. Die Idee dazu kam mir übrigens während eines Urlaubs in Norwegen. In Trondheim konnte ich sehen, wie gut so etwas funktionieren kann.


Was haben Sie mit dem Verein bereits erreicht?
Lukas:
Wir haben 2004 mit nur acht Mitgliedern begonnen. Inzwischen sind es fast 100. Darunter sind nicht nur Wissenschaftler und Unternehmer sondern auch Landespolitiker, so dass wir jetzt eine stärkere Stimme in Magdeburg haben. Vieles ist schon erreicht worden. So ist es uns gelungen, den angrenzenden Stadtteil in den Campus einzubinden. Dort entstehen inzwischen Gästehäuser, die auswärtige Wissenschaftler und Besucher nutzen können. Vor allem die weitere Entwicklung der Infrastruktur liegt uns am Herzen. Wir setzen uns seit langem für den Ausbau der Zufahrtsstraße zum Campus, des Gimritzer Damms, ein.

Sind Sie für die Zukunft gerüstet?
Lukas:
Davon bin ich überzeugt. Trotzdem ist das kein Selbstläufer. Deshalb arbeiten wir derzeit an einem Konzeptpapier für die künftige Entwicklung des Technologieparks. Gedacht ist darin auch an den Aufbau neuer Standbeine. Mit konkreten Inhalten wollen wir im Frühjahr 2013 an die Öffentlichkeit gehen. Teil unseres Erfolgskonzepts ist es auch, sich nicht nur um die Wissenschaft zu kümmern. Das muss mit der stetigen Verbesserung von Infrastruktur, Familienfreundlichkeit und Lebensqualität einhergehen. In diesem Bereich wollen wir uns auch künftig weiter engagieren.

Sind Sie mit dem bisher Erreichten zufrieden?
Lukas:
Grundsätzlich ja. Aber auf diesem Gefühl darf man sich nicht ausruhen. Man ist nie gut genug aufgestellt. Insofern freue ich mich über jede neue Ansiedlung. Denn oft genug sind es die Firmen selbst, die mit ihrer Arbeit und ihren Forschungsergebnissen den Technologiepark überregional bekannt machen. Und das soll auch so bleiben.


Autorin/Foto: Ines Godazgar

Kontakt:
Technologie- und Gründerzentrum
Heinrich-Damerow-Str. 3
06120 Halle (Saale)
Geschäftsführer
Prof. Wolfgang Lukas
E-Mail: info.ignore@tgz-halle.de
Web: www.tgz-halle.de
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