Wirkstofflieferant gegen Krebszellen wird in Sachsen-Anhalt erforscht

Dennoch beschäftigt sich der Naturstoff-Chemiker des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie  zusammen mit Frau Prof.Dr.Griehl der Hochschule Anhalt in Köthen seit kurzem intensiv mit der Chemie dieser meist im Wasser lebenden Pflanzen. Denn die Algen, haben das Potenzial Wirkstoffe zu produzieren, die Krebszellen vernichten können.

Professor Wessjohann, der seit mehr als 20 Jahren in der Erforschung von Mitteln gegen Krebs tätig ist, will die chemische Struktur dieser Wirkstoffe entschlüsseln, um die Entwicklung von Krebsmedikamenten weiter voranzutreiben. Denn nach Schätzungen der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID) und des Robert-Koch-Instituts muss allein in diesem Jahr mit 450.000 neuen Krebserkrankungen gerechnet werden.

„Die Pflanze an sich hat kein Interesse, uns Menschen zu heilen, sondern will nur sich selbst  schützen. Deshalb produzieren Pflanzen beispielsweise zellabtötende, also zytotoxische Wirkstoffe, um zu überleben. Wenn es aber gelingt, diese Wirkstoffe nutzbar zu machen, können auch wir uns schützen“, erklärt Professor Wessjohann. Auf der Erde gibt es mehr als 280.000 Algenarten – 40.000 davon sind bereits erforscht. Das Ergebnis: in den Algen wurden 70 Wirkstoffe entdeckt, die Krebszellen abtöten können.

Gemeinsam mit den Kollegen der Hochschule Anhalt, im Besonderen im Team von Biowissenschaftlerin Professor Carola Griehl, wird unter anderem die Mikroalge Eustigmatos erforscht. Es ist eine robuste Algenart, die sich für die Anzucht im Labor ideal eignet. Um für die Forschungszwecke genügend Wirkstoffe zu gewinnen, werden in der Hochschule Anhalt in Köthen unter Laborbedingungen deshalb das ganze Jahr in einem Röhrenphotobioreaktor Algen gezüchtet.

Im Leibniz-Institut werden aus diesen Algen Eiweißmoleküle isoliert. „Bei diesen Eiweißen handelt es sich um Lipopeptide. Das sind kleine, fettlösliche und oft ringförmige Eiweißmoleküle, die wir entschlüsseln wollen“, so Professor Wessjohann.

Weil für die Krebsmedikamentenherstellung allerdings große Mengen gebraucht werden, will man diese Wirkstoffe synthetisch herstellen. „Wir hoffen, durch chemische Veränderungen den in der Natur vorkommenden Wirkstoff noch verbessern zu können.“

Doch im gleichen Atemzug warnt Wissenschaftler Wessjohann auch vor zu großer Euphorie.

„Wir stehen mit unserer Forschungskooperation ganz am Anfang. Bis ein Krebsmedikament beim Patienten angewendet werden kann, können bis zu 15 Jahre ins Land gehen. Ich muss auch deutlich sagen, ein Wundermittel wird es nicht geben, so wie es auch den 'Krebs' nicht gibt. Leider gibt es tausende Krebsarten an denen Patienten erkranken können. Wenn wir aber  nur eine geringe Zahl von Patienten mit einem neuen Krebsmedikament heilen können, ist schon ein großer Schritt zur Krebsbekämpfung getan. So wie es  mit dem Krebsmittel Taxolâ gelungen ist, das 1993 zugelassen wurde. Mit dem Einsatz sind die Heilungschancen einiger Krebsarten von zehn auf 30 Prozent gestiegen.“

 

Professor Dr. Dr. Ludger Wessjohann forscht seit zehn Jahren am Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle an der Saale. Der Chemiker studierte an der Universität Hamburg, in England und Norwegen. Nach seiner Promotion 1990 schlossen sich verschiedene

Forschungsaufenthalte in Brasilien und den USA an, wo er an der Stanford-Universität an der Synthese des Krebsheilmittels Taxol ® aus der Eibe beteiligt war. 1992 kehrte er nach Deutschland zurück, habilitierte an der Uni München und war zuletzt an der Vrijen Universiteit Amsterdam in den Niederlanden tätig. „Ich habe in vielen Ländern wissenschaftlich gearbeitet. Aber ich habe selten so gute Forschungsvoraussetzungen, wie am Leibniz-Institut in Halle gefunden“, schwärmt der Wissenschaftler. „Bestes Beispiel ist  Unterstützung dieses Projektes durch das Kultusministerium Sachsen-Anhalt.“

Autorin: Dagmar Perschke

Kontakt:

Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie
Weinberg 3
06120 Halle (Saale)

Professor Ludger Wessjohann
Abteilung Natur- und Wirkstoffchemie des IPB
Tel: 0345 5582 1301
wessjohann.ignore@ipb-halle.de

Professor Carola Griehl 
FB Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik der Hochschule Anhalt
Tel: 03496 67 2526
c.griehl.ignore@bwp.hs-anhalt.de

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