Digital Dienstag
Die Informations- und Kommunikationstechnologie in Sachsen-Anhalt ist eine dynamische und wachsende Industrie, die sich durch eine Kombination aus innovativen Unternehmen, starken Forschungsinstituten und einer unterstützenden Infrastruktur auszeichnet.
Die Kombination aus starken lokalen Unternehmen, exzellenter Forschung und einer unterstützenden Infrastruktur zieht immer mehr Investoren und Talente in die Region, was die Dynamik der Digital- und Techbranche weiter verstärkt.
DIGITAL DIENSTAG - Was ist das?
Der Digital Dienstag stellt ab sofort die starken Unternehmen der Tech- Informations- und Kommunikationstechnik made in Sachsen-Anhalt vor!
Wann? Jeden 3. Dienstag im Monat
Wie? Hier und über unsere Social Media Accounts!
Interview mit Martin Kirst - Geschäftsführer Polarith GmbH Magdeburg
Ihr bietet euren Kunden Dienstleistungen und mit Cranium und Polarith AI auch Produkte in den Bereichen Softwareentwicklung, Automation/Ingenieurwesen und künstlicher Intelligenz an? Was ist eure größte Stärke?
Das ist ganz klar unsere Flexibilität. Dadurch, dass wir so breit aufgestellt sind und unser Team zu gleichen Teilen aus Ingenieuren und Informatikern besteht, können wir Nischen erschließen, die man mit einem reinen Ingenieurs- bzw. Entwicklerfokus gar nicht erkennen würde. Da geht’s beispielsweise darum, wie man Sensoren benutzt, um Prozesse zu automatisieren. Dabei hat man immer ein komplexes Problem, das gelöst werden soll und es geht darum, zuerst einmal den Prozess als Solches zu verstehen – und eben nicht nur aus der Sicht eines IT-lers zu betrachten.
Erst im Anschluss kommen unsere Expertisen ins Spiel und wir schauen gemeinsam, mit welcher KI, oder welcher Soft- bzw. Hardware wir das Problem xy flexibel lösen können. Diese Flexibilität, zu unseren Kunden sagen zu können „Ich schaue mir Ihr Problem ganz individuell an und entwickle dann eine spezielle Lösung, die genau dazu passt“ – das ist unsere Stärke.
Gestartet seid ihr 2016 im Bereich Simulations- & Spieleentwicklung. Wie kam es zu der Neugestaltung eures Geschäftsmodells?
Da gibt es ein Sprichwort: „Leben ist das, was passiert, während man damit beschäftigt ist andere Pläne zu machen.“, und das trifft auch auf uns zu. Wir haben damals das erste Business Model entwickelt und schnell gemerkt, dass wir den Markt unterschätzt haben. Also haben wir uns zwangläufig nach anderen Optionen umgesehen und angefangen nicht mehr nur für Spiele, sondern auch für reale Anwendungen Simulationen zu schreiben. Das war der erste Schritt aus dem Gaming-Fokus raus in die reale Welt. Der Kern ist dabei also gleichgeblieben, aber wir haben unsere Anwendungsbereiche bei der Produktentwicklung viel weiter geöffnet.
Warum Informatik? Was begeistert dich an dem Bereich am meisten?
Ich muss sagen, ursprünglich wollte ich eigentlich Lehrer werden, weil ich gern Sachverhalte erkläre. :D Die zwei nächstliegenden Optionen für mich waren eine Karriere im Elektroingenieurwesen oder in der Informatik. Letztlich hat die Informatik für mich am meisten Sinn gemacht, einfach viel man von jetzt auf gleich Sachen programmieren kann, ohne beispielsweise von speziellem Equipment abhängig zu sein.
Franz und du wart bereits befreundet, bevor ihr gegründet habt, und ihr habt auch zum Team ein sehr enges Verhältnis. Ist das in herausfordernden Situationen eure geheime Superkraft oder macht es das manchmal auch besonders schwer?
Beides ja. :D Es ist natürlich in vielen Situationen super, wenn man sich persönlich gut versteht und Dinge auf dem einfachen Weg klären kann. Auf der anderen Seite kann es passieren, dass man aneinander vorbei arbeitet, wenn man bestimmte formale Prozesse nicht hat, die man im Normalfall als Unternehmen unbedingt besitzen sollte.
Formale Prozesse sind also unabhängig davon, wie gut man sich versteht sehr wichtig – darauf legen wir viel wert. Wir haben uns jetzt auch ein ERP System zugelegt, worüber wir sämtliche Prozesse tracken und transparent einsehen können. Solche Prozesse sind einfach nötig, um langfristig erfolgreich zu sein und zu wachsen. Meiner Meinung nach bleibt das Wachstum auf der Strecke, wenn man im Beruflichen nur kameradschaftlich miteinander umgeht. Nichtsdestotrotz möchte ich beide Seiten – den freundschaftlichen Umgang und den unternehmerischen Aspekt dabei - auf keinen Fall vermissen.
Du kommst ursprünglich aus Magdeburg, hast hier studiert und auch gegründet. Was schätzt du an Sachsen-Anhalt am meisten?
Dass man hier alles machen kann, was man möchte, ohne dass es zu überfüllt ist. Das klingt jetzt salopp, aber hier findet man noch Nischen und Orte, die eben nicht so überlaufen sind wie in anderen Bundesländern. Das zählt auch für die Wirtschaft bzw. die Marktnachfrage. In Sachsen-Anhalt findet man noch leichter Zugänge zum Markt und damit auch zu langfristigen Partnerschaften.
Abgesehen davon, bin ich persönlich kein großer Fan von Großstädten. Magdeburg und Halle hingegen haben für mich die perfekte Größe – man kommt mit dem Fahrrad in wenigen Minuten überall hin und findet trotzdem alles, was man braucht. Das in Kombination mit einer guten Mischung aus Stadt, Grün und Menschen macht das Bundesland für mich einfach unschlagbar.
Interview mit Patrick Wolfram - Investment Associate bmp Ventures
bmp Ventures verwaltet bereits seit 2015 die Risikokapitalfonds der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt. Was genau bedeutet das? Was ist eure größte Stärke?
Wir als bmp Ventures haben die Möglichkeit, die Risikokapital Fonds Sachsen-Anhalts zu managen und damit Investments in die Startups des Landes zu tätigen und bei der Ansiedlung von spannenden Unternehmen zu helfen. Im Endeffekt zielt das Ganze darauf ab, dass wir mit den Mitteln des Landes die Verantwortung übernehmen dürfen, Startups und innovative Jungunternehmen bereits ab ihren frühesten Phasen nachhaltig zu unterstützen und ihnen bei der langfristigen Entwicklung und der Schaffung von Arbeitsplätzen zu helfen.
In Deutschland existieren in jedem Bundesland unterschiedliche Wirtschaftsförderungsprogramme und Maßnahmen - und ein Teil davon ist eben auch die Bereitstellung von Risikokapital für frühphasige Unternehmen, oder Unternehmen mit einem gewissen Grundrisiko oder Kapitalbedarf, die aus verschiedenen Gründen nicht zur Bank gehen können.
Interessanter Fact: In anderen Bundesländern verwalten in irgendeiner Form die unterschiedlichsten Tochtergesellschaften der Länder die Fonds selbst - in Sachsen-Anhalt ist es so, dass die Fonds aktiv von bmp gemanaged werden. Die IBG tätigt führt also das operative Geschäft nicht selbst durch, sondern hat dafür einen Partner gesucht. Und genau dieser Partner sind wir. Mit unserer Gründung im Jahr 1997 gehören wir zu den renommiertesten VC Investoren Deutschlands und bringen viel Erfahrung und Expertise in den Bereichen Venture Capital, Investment und Startup mit. In unserem großen Netzwerk, unserer Erfahrung, aber auch in unserem operativen Setup wo wir z.B. die Möglichkeit haben unterschiedliche Veranstaltungen wie etwa der bmp Unternehmer Lounge oder unserem Portfolio Day durchzuführen, liegt am Ende wahrscheinlich auch unsere größte Stärke. Zusätzlich beteiligen wir uns gerade in der frühen Phase auch oft als Lead Investor und unterstützen die Geschäftsführung stark in sämtlichen Prozessen.
Folgende Situation: In deinem Posteingang landet ein Pitch Deck, das du spannend findest. Wie geht es jetzt weiter? Wie sehen die Schritte vom ersten Kontakt bis zur Investition aus?
Das ist ein wahnsinnig spannender Prozess, der von Startups gern mal als „Black Box“ bezeichnet wird. Aber am Ende ist es bei uns ein relativ standardisiertes Vorgehen, dem wir versuchen während der Analyse zu folgen.
Angenommen wir haben die Bewerbung eines Startups vorliegen, dass für die IBG und das Bundesland interessant sein könnte, dann kommt es im ersten Schritt zum sog. First Screening oder der Desktop Due Diligence.
First Screening:
Ich schaue mir das Pitch-Deck an und ziehe mir die Basisinfos heraus: Wer macht das? Wie wird es gemacht? Wie weit ist das Unternehmen in der Entwicklung? Wie hoch ist der Investitionsbedarf?
Das heißt an dieser Stelle schauen wir, ob ein erster Match mit bmp und den ibg Fonds stattfinden kann. Dabei orientieren wir uns auch an der RIS – also an der Regionalen Investitionsstrategie des Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Innerhalb dieses Rahmens bewerten wir, ob ein Unternehmen zu uns bzw. zu unseren Leistungen passt. Da wir als bmp Ventures vor allem als Frühphaseninvestoren tätig sind – uns also vor allem in den Phasen „Pre Seed“, „Seed“ und „Series A“ befinden – müssen wir natürlich schauen, ob die Unternehmen sich in diese Phasen einkategorisieren lassen.
Erstes Gespräch:
Wenn wir merken, dass es für uns grundsätzlich passt, führen wir mit den Unternehmen gern ein erstes Gespräch. In der Regel sind das mittlerweile alles Zoom Calls, die zwischen 30 und 60 Minuten dauern. Dabei geht es auch darum, die bmp vorzustellen und dem Unternehmen die Chance auf einen weiteren kleinen Pitch zu geben, bei dem wir als Investment Manager dann auch erste Fragen stellen. Anhand des Meetings bekommt man schnell ein Gefühl für das Unternehmen und die Protagonisten dahinter.
Internes Investment Meeting:
Im nächsten Schritt geht es dann für mich bzw. meine Kolleg:innen in unser internes Investment Meeting, das alle zwei Wochen stattfindet und bei dem alle potenziellen neuen Investments - je nach Phase - durchgesprochen werden. Am Anfang wird ein Unternehmen dann vom jeweiligen Manager vorgestellt und es werden erste Fragen geklärt. Wenn wir dann beschließen, dass ein Unternehmen wirklich interessant ist und entsprechende Kapazitäten dafür investiert werden sollen, dann kommt es zur „vertiefenden Analyse“-Phase.
Vertiefende Analyse:
In dieser Phase erhalten wir als Investmentmanager:innen, Associates und Analyst:innen die Möglichkeit, uns noch intensiver mit dem Case zu befassen. Dies bedeutet, dass wir vertiefende Fragen stellen, den Finanzplan und die Wettbewerbslandschaft prüfen sowie Referenzgespräche mit Kontakten aus unserem Netzwerk führen.
Erste Präsentation vor den Partnern:
Anschließend findet eine erste Präsentation des Cases vor unseren Partnern statt. Das machen wir normalerweise in Eigenregie und erstellen eine Kurzvorstellung des Unternehmens. Das dient als Voraussetzung und Vorbereitung für die Erstellung eines Term Sheet.
Term Sheet:
Ein Term Sheet ist eine Art Vorvertrag, in dem man sich mit dem Startup auf die groben Investment Terms wie z.B. die Höhe des Investments und die Investorenrechte einigt. Dabei unterstützten uns immer auch unsere zwei juristischen Kolleginnen hier bei bmp.
Due Diligence:
Nach einer hoffentlich erzielten Einigung über das Term Sheet kommt es zur Due Diligence Phase. Dabei handelt es sich dann um die tiefgehende Unternehmensprüfung in den verschiedensten Bereichen:
Legal DD (rechtliche Prüfung), Financial DD (Prüfung Finanzplanung und -unterlagen), Tech DD (Technik- und Produktprüfung), People DD (Team), Commercial DD (Wettbewerbsanalyse, Analyse Geschäftsmodell)
Dieser Prozess ist tatsächlich sehr intensiv, weil man sozusagen in jede Ecke des Unternehmens schaut, um zu prüfen, ob die Angaben und Annahmen aus dem vorherigen Analyseprozess auch korrekt sind und auch viel mit den Teams im Austausch ist.
Investment Committee und BTA:
Zum Abschluss finden bei uns, der bmp Ventures, zwei Gremiensitzungen statt. Zunächst tagt das interne Investment Committee (IC), an dem die drei Partner von bmp teilnehmen. In diesem Rahmen wird der vorgestellte Case ausführlich diskutiert und gemeinsam entschieden, ob dieser dem externen Gremium zur Präsentation vorgelegt werden darf.
Das externe Gremium besteht aus dem Beteiligungsausschuss des Bundeslandes Sachsen-Anhalts, bei dem dann seitens der IBG final entschieden wird, ob ein Investment stattfinden darf. Der BTA setzt sich aus mehreren Mitgliedern aus Landespolitik und -wirtschaft zusammen und prüft final das vorgeschlagene Investment.
Der letzte Step ist dann in der Regel der gemeinsame Gang zum Notar.
Warum Startups? Was begeistert dich an dem Bereich am meisten?
Meinen ersten Kontaktpunkt zu Startups hatte ich im Jahr 2016 als ich Praktikant bei Flixbus war. Davor war ich unter anderem für Siemens und DATEV tätig, die beide ja sehr „konzernlastige“ Strukturen haben. Ich hatte mich daher ganz bewusst dafür entschieden, nochmal etwas anderes auszuprobieren. Bei Flixbus habe ich genau diese anderen Erfahrungen gesammelt. Damals 2015 wurde der europäische Fernbusmarkt von Flixbus/Meinfernbus quasi „erobert“, was eine super spannende Zeit war. Ich hab damals auch mit den Gründern des Unternehmens zusammengearbeitet und die dortige dynamische Arbeitswelt mit all den jungen Kolleg:innen sehr genossen. Es war sehr spannend zu sehen, wie ein junges Unternehmen mit ganz neuer Technologie einen neuen Markt in so kurzer Zeit erschließt.
Auch meine anschließenden Stationen, bspw. bei Hello Fresh, haben diesen dynamischen, jungen Drive widergespiegelt, bei dem man aus einer Eigeninitiative heraus etwas Neues, Innovatives schafft. Die Lernkurve war zu der Zeit sehr steil für mich. Dieses unternehmerische Denken fand ich aber schon immer sehr spannend - meine große Inspiration war da schon mein Großvater, der auch Unternehmer war.
Bevor du zu bmp gekommen bist, hast du bereits in unterschiedlichen Startups gearbeitet und sogar selbst gegründet. Wie beeinflusst das deine tägliche Arbeit?
Ich hatte das große Glück, mit einigen wirklich tollen Startups zusammenzuarbeiten und auch eine eigene Gründung zu durchlaufen. Ich durfte dadurch wahnsinnig viel von meinen Kolleg:innen und anderen Gründer:innen lernen. Bspw. wie man hartnäckig bleibt trotz Herausforderungen und Fettnäpfchen in die ich selbst als Gründer getreten bin :D
Ich versuche mich in die Unternehmen und Startups, mit denen ich ins Gespräch komme, hineinzuversetzen und herauszufinden, mit welchen Chancen und Herausforderungen ein Unternehmen in bestimmten Phasen zu kämpfen hat. Durch ehrliches Feedback und persönliche Ratschläge, die ich damals vielleicht selbst gerne gehabt hätte, stehe ich den Startups dann immer zur Seite.
Du kommst ursprünglich nicht aus Sachsen-Anhalt und wohnst aktuell in Berlin. Was schätzt du an Sachsen-Anhalt am meisten?
Genau, ich wohne seit 8 Jahren in Berlin und bin seit etwas mehr als 1,5 Jahren jetzt hier bei bmp Ventures und muss ehrlich sagen ich hatte davor kein genaues Bild von Sachsen-Anhalt als Bundesland. Ich war zwar schon öfter hier, hatte aber keinen wirklichen Bezug zu den Sachsen-Anhalter:innen. In den knapp 1,5 Jahren hatte ich jetzt die Möglichkeit vermehrt im Bundesland unterwegs zu sein und habe unglaublich viele interessante Menschen getroffen, die alle auf ihre Art für das Bundesland stehen. Was mir dabei wirklich gefällt, ist die Tatsache, dass so viele Menschen versuchen, das große unternehmerische Potenzial des Landes auszuschöpfen und gemeinsam voranzugehen.
Außerdem ist Sachsen-Anhalt ein wirklich schönes Bundesland! Ich war vor Kurzem erst in Wittenberg und in der Weinregion Saale-Unstrut um Naumburg und bin von der Landschaft und dem Flair des Landes sehr angetan.
Interview mit Nils Frers - Gründer & Geschäftsführer livil In-Car Messaging & Productivity
Eure Softwarelösung „livil“ ermöglicht Fahrern während der Fahrt produktiv und sicher zu arbeiten. Wie funktioniert das?
Unsere Software wird im Auto über Sprache genutzt und durch KI assistiert. Über die App erhält der Nutzer Zugang zu allen Kanälen des täglichen Lebens wie etwa zu Emailprogrammen, Instant Messaging, Dateien, Kalendern und Ähnlichem. All diese Tools und Applikationen werden miteinander gekoppelt und an unsere KI Module angeschlossen. Dem Fahrer oder der Fahrerin werden so auf Basis der künstlichen Intelligenz nur die relevanten Benachrichtigungen und Mitteilungen genannt, die wirklich Aufmerksamkeit benötigen.
Ein Beispielszenario wäre: Ein Fahrer hat in seinem Kalender um 14 Uhr einen Termin stehen und bekommt über einen Instant Messaging Service die Anfrage, ob er genau um diese Uhrzeit Zeit für einen anderen Termin hätte. Die KI erkennt nun, dass die Terminanfrage mit dem bereits bestehenden Termin kollidiert und schlägt dem Fahrer vor, die Anfrage abzulehnen und einen neuen Termin vorzuschlagen.
Das Ganze funktioniert für sämtliche Softwareanbieter - egal ob IOS oder Android - und in den Neufahrzeugen der letzten 8 Jahre. Darin ist die Vorbereitung für Android Auto oder Apple Car Play bereits installiert. Diese Software nutzen wir natürlich für die Implementierung von "livil". Darüber hinaus arbeiten wir auch mit Automobilherstellern zusammen, die "livil" direkt in ihre Wagen implementieren.
Im vergangenen Jahr konntet ihr bereits Nissan als Kunden gewinnen. Was sind eure nächsten Ziele?
Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, dass sich Leute während der Autofahrt nicht genötigt fühlen zum Handy greifen zu müssen. Gerade in Deutschland ist die Ablenkung bei der Fahrt ein großes Problem. Vor allem wenn man bedenkt, dass genau diese Ablenkungen häufiger zu tödlichen Unfällen führen, als bspw. Trunkenheit am Steuer. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, genau das zu vermeiden. Die Zusammenarbeit mit Automobilherstellern ist dabei genau der Weg, den wir gehen müssen. Künftig wird z.B. unsere Lösung auch über den CARIAD App Store in Fahrzeuge der VW Gruppe kommen.
Warum digitale Lösungen? Was begeistert dich an dem Bereich am meisten?
Ganz simpel: Die Möglichkeit viele Leute zu erreichen und einen nachhaltigen Mehrwert mit einem vergleichsweise kleinen Team zu generieren. Im Auto ist das ganze digitale Umfeld noch recht neu und man hat die Möglichkeit, Prozesse noch neu zu denken und bspw. ein neues User Interface zu schaffen.
Einer deiner größten Erfolge bisher war laut eigener Aussage, dass du vor livil mit deiner Arbeit in einem Startup Stipendien für unterprivilegierte Kinder in Kenia finanzieren konntest. Warum ist dir soziales Engagement so wichtig?
Was mich daran fasziniert hat, war die Tatsache, dass ich viele Leute dafür begeistern konnte, einer Idee zu folgen, die solch einen großen Einfluss auf das Leben der Studierenden hat. Die Menschen für eine Idee empfänglich zu machen und zusammenzubringen, hat mich wirklich begeistert. Was mich an Entrepreneurship grundsätzlich interessiert, ist eben genau dieses Zusammenbringen von Leuten und das gemeinsame Brennen für die wirklich relevanten Dinge. Das trifft auch auf "livil" zu - die Menschen dazu zu motivieren, gemeinsam für weniger Unfälle aufgrund von Ablenkungen beim Fahren zu sorgen und damit ggf. Leben zu retten, das ist für mich persönlich unglaublich wichtig.
Du kommst ursprünglich nicht aus Sachsen-Anhalt und hast einige Jahre zusammen mit deinen Kindern und deiner Frau in England gelebt. Warum Sachsen-Anhalt? Was schätzt du an Sachsen-Anhalt am meisten?
Tatsächlich hatten wir in jedem Fall vor, von England aus nach Deutschland zurückkommen - gerade wenn es um Gründungen innerhalb der Digitalbranche geht, ist Deutschland einer der attraktivsten Standorte weltweit. Die Wege haben uns dann zur bmp Ventures geführt. Schnell haben wir in der Zusammenarbeit festgestellt, was für ein großer Standortvorteil in Sachsen-Anhalt als Gründungsstandort liegt. Letztlich sind wir im Dreieck zwischen Wolfsburg, Leipzig und Berlin fündig geworden und haben uns für Halle als Unternehmensstandort entschieden.
Darüber hinaus haben wir feststellen dürfen, dass die Menschen in Sachsen-Anhalt wirklich etwas bewegen wollen. Sachsen-Anhalt hat oft noch mehr Biss und Lust etwas zu bewegen. Man hat noch mehr vor. Das finde ich an Sachsen-Anhalt sehr charmant. Was ich vorher nicht wusste, ist wie viel Familien geboten wird. Auch was die Möglichkeiten für Frauen in der Arbeitswelt angeht, ist Sachsen-Anhalt ein Vorreiter. Ich habe es selten erlebt, dass beide Partner:innen einer Familie so selbstverständlich arbeiten gehen, was nur durch die gute und umfangreiche Kinderbetreuung möglich ist. Der Balanceakt zwischen Job und Privatleben - vor allem im Alltag mit Kindern - ist selten so gleichberechtigt zwischen bspw. Mann und Frau wie hier.
Interview mit Nils Merkle - Geschäftsführer IBM Client Innovation Center Magdeburg
Ihr arbeitet im IBM Client Innovation Center Germany an ganz vielfältigen Softwareprojekten für unterschiedliche Branchen, u.a. in den Bereichen Softwareentwicklung, -beratung und -entwicklung. Was könnt ihr am besten? Was ist eure größte Stärke?
Unsere größte Stärke ist, dass wir Projekte in der Softwareentwicklung bei der IBM CIC ganzheitlich betreuen können: von den Anforderungen, bis hin zur Umsetzung und dem Betrieb. Wir haben ein vielfältiges Mitarbeitenden-Set an Businessanalyst: innen, Projektmanager:innen bis hin zu Developer:innen und Tester:innen. Als IBM Tochter sind wir außerdem nah am Zahn der Zeit - die "heißen" Trends und Technologien, die die Welt gerade begeistern, finden damit automatisch auch bei uns statt und werden umgesetzt. Aktuell bezieht sich das vor allem auf die Themen Hybrid Cloud, Quantum und natürlich KI.
Das IBM Client Innovation Center Germany ist eine 100% IBM-Tochtergesellschaft mit weiteren Standorten in Frankfurt, Köln und München. Wie fügt ihr euch das globale IBM-Netzwerk ein? Was ist eure Rolle?
IBM Global unterteilt sich in zwei große Bereiche: die IBM Technologie und die IBM Consulting. In der IBM Technologie werden die klassischen IBM Hardware- und Software Produkte entwickelt und vertrieben. Der Bereich IBM Consulting agiert Hersteller-agnostisch, das heißt wir unterstützen auch bei der Implementierung von SAP-, Microsoft- und anderen marktverfügbaren Softwarelösungen. Bei uns liegt der Fokus ganz klar auf der Begleitung unserer Kunden bei ihrer digitalen Transformation.
Wir als Client Innovation Center sind dabei die sogenannte "delivery force" von IBM. Wir haben zwar keinen eigenen Vertriebsapparat und arbeiten fast ausschließlich für die IBM DACH, aber bei uns sitzen die Expertinnen und Experten, die es braucht, um genau solche großen Transformationsprozesse umzusetzen und von Anfang bis Ende zu begleiten. Was uns im CIC ausmacht, ist, dass wir die technische Expertise mitbringen und zudem, wie der Großteil unserer Kunden, deutsch sprechen. Damit können wir auch stark regulierte Branchen, wie den öffentlichen Sektor Deutschlands, und den Banken- und Versicherungsmarkt, problemlos bedienen. Insgesamt haben wir knapp 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, davon grob die Hälfte in Magdeburg. Der übrige Anteil teilt sich auf unsere Standorte in Frankfurt, Köln und München auf.
Warum Informatik? Was begeistert dich an dem Bereich am meisten?
Zum Informatikstudium bin ich gekommen wie die sogenannte "Jungfrau zum Kinde". Ich selbst war im ersten Leben Soldat und als Offizier durfte ich im Assessment angeben, was ich gerne studieren möchte. Meine Top-3 Wünsche waren: Luft- und Raumfahrttechnik, Informatik und Elektrotechnik. Durch Zufall ist es dann die Informatik geworden und ich habe schnell meine Begeisterung für die 1en und 0en entdeckt. Schon in der Schulzeit war ich großer Mathematik-Fan und fand das logische Herleiten von Dingen schon immer spannend. Dass das Gebiet der Informatik sich jetzt als der wesentliche Treiber für die komplette Neugestaltung des Arbeitsmarktes herausstellt, das ist für mich persönlich eine wirklich tolle Sache. Was wir Menschen mit den richtigen Tools erreichen können, ist wirklich beeindruckend!
Du hast es eben selbst schon erwähnt, vor deiner Tätigkeit bei IBM warst du 14 Jahre lang bei der Bundeswehr. Von außen betrachtet sind das zwei sehr unterschiedliche Welten. Ist dem so und wie hat das deinen Führungsstil beeinflusst?
Bei der Bundeswehr ist Führung vermeintlich eine stark hierarchische Angelegenheit. Wenn ich es so machen würde, wie das oberflächliche Bild der Führungskultur der Bundeswehr in der Gesellschaft gezeichnet ist, hätten meine Kolleginnen und Kollegen mit Sicherheit ein anderes Bild von mir. :D
Dabei ist „Befehl und Gehorsam“ nur ein Teil der Führung in der Bundeswehr. Wenn man sich die Historie anschaut, stößt man schnell auf die Geschichte des Generals von Seydlitz. Er hatte den Auftrag, Zorndorf einzunehmen und dafür von seinen Vorgesetzten einen detaillierten Plan erhalten. Sie wollten, dass er seine Soldaten rechtsumfassend in die Stadt führt - tatsächlich hat General von Seydlitz vor Ort – in der Situation – gemerkt, dass er auf diese Art, viele Menschenleben riskieren würde und sich bewusst für einen späteren Angriff und den Weg über die linke Seite entschieden. Am Ende konnte er die Stadt dann zwar einnehmen, allerdings musste er sich vor einem Kriegsgericht verantworten, weil er sich aktiv gegen seine Anweisungen widersetzt hat.
Die Moral der Geschichte ist, dass er letztlich nicht belangt wurde, weil man realisiert hat, dass es wesentlich besser ist mit Auftrag zu führen, als stumpf allen Anweisungen zu folgen. Das heißt, man gibt demjenigen, der führen soll, die freie Wahl wie er das tut. Dieses Prinzip „Führen mit Auftrag“ nennt man in der Wirtschaft "management by objectives" und das funktioniert auch in der IT-Welt hervorragend.
Fun Fact: In der Geschichte von General von Seydlitz findet man 3 Kernwerte - Transparency, Inspection und Adoption. Das beschreibt so viel wie die Wahrnehmung von Dingen, adaptives Denken, und das Anpassen an verschiedene Gegebenheiten. Und genau diese drei Kernelemente bilden die Basis des heutigen, agilen Projektmanagement-Frameworks "SCRUM". Damit gilt General von Seydlitz für Viele noch heute als einer der Mitbegründer der Agilität.
Das IBM Client Innovation Center ist seit 10 Jahren in Magdeburg. Was schätzt du an Sachsen-Anhalt am meisten?
Ich glaube Sachsen-Anhalt ist ein Bundesland, das man stark unterschätzt. Ich selbst komme aus Bayern, wohne aktuell in NRW und als ich gefragt wurde, ob ich die Stelle bei der CIC in Magdeburg annehmen möchte, wusste ich ehrlich gesagt nicht, was mich erwartet. Ich selbst hatte kein sehr gutes Bild von Sachsen-Anhalt - aber das hat sich nach nicht einmal zwei Wochen grundlegend geändert. Wenn man sich anschaut, was das Land und die Stadt Magdeburg kulturell zu bieten hat, aber vor allem die tollen Menschen, die hier leben - dann merkt man schnell, dass Sachsen-Anhalt mehr ist als man denkt. Was ich hier am meisten schätze, ist die "Macher-Einstellung" der Leute. Auch hier im Büro haben wir die ersten, kurzen Berührungsängste schnell abgebaut und ich habe gemerkt wie herzlich und motiviert die Kolleginnen und Kollegen sind. Auf meinem LinkedIn Profil steht nicht umsonst "Our biggest Asset? - Our People! " und das zeigt sich jedes Mal, wenn ich hier in Magdeburg bin.